Lehtolainen, Leena
nicht mehr gehorchen, ich hätte auch gar nicht gewusst, was ich Halttunen sagen sollte. Das ganze Gespräch war ein Vabanquespiel, ich war irrsinnig wütend auf Hanninen. Dass Halttunen von meiner Anwesenheit wusste, machte die Dinge nur noch komplizierter.
»Was würdest du sagen, wenn ich Palo freilasse, unter der Bedingung, dass du seinen Platz einnimmst? Ich hab nun mal für Frauen mehr übrig als für Männer. Wir zwei beiden könnten es uns doch richtig schön gemütlich machen. Was meinst du, Maria? Machen wir eine kleine Spritztour?«
Zehn
Koskivuori ließ mich nicht antworten. Er übernahm das Gespräch, während Hanninen von Jäämaa in eine Ecke gezogen und darüber aufgeklärt wurde, was man in einer Verhandlungs-situation sagen durfte und was man besser verschwieg.
Halttunen weigerte sich, mit Koskivuori zu sprechen, und legte auf, nachdem er noch einmal erklärt hatte, es bliebe uns genau eine Stunde, das Auto zu beschaffen. Taskinen suchte meinen Blick, ich zwang mich, zu lächeln und mit den Achseln zu zucken.
»Wir würden dich nicht zu ihm lassen, selbst wenn du es wolltest«, sagte er.
»Ich will gar nicht«, antwortete ich und dachte an das Kind, das in mir wohnte und schon wieder etwas zu essen verlangte.
»Mich würde er noch eher umbringen als Palo.«
»Du solltest nach Hause fahren.«
»Denk ich auch. Hoffentlich springt mein Fiat bei der Kälte an. Aber vorher möchte ich noch kurz mit Hanninen sprechen.
Wegen des Falls Rosberg.« Jäämaa und Hanninen schienen sich zu streiten, ich schnappte jedoch nur einzelne Worte auf.
Koskivuori beriet sich wieder mit dem Gasexperten. An sich war es keine große Sache, eine Ladung Tränengas durch den Schornstein zu jagen, die Sache mit den Mikrophonen hatte ja auch geklappt. Es bestand jedoch die Gefahr, dass Halttunen Palo sofort erschießen würde.
Ich trat aus dem Zelt. Irgendetwas war jedenfalls im Gange.
Das Rattern der Hubschrauber wurde lauter, einer versuchte von hinten an das Haus heranzufliegen, musste aber abdrehen, da aus dem Fenster plötzlich eine Garbe abgefeuert wurde und Schrot-kugeln gegen seine Flanke prasselten.
»Jetzt hat er eine abgesägte Schrotflinte!«, ächzte jemand.
Die Zeltöffnung flog auf und Kari Hanninen stand neben mir, bot mir eine Zigarette an, die ich ablehnte, und steckte sich dann selbst eine an.
»Es tut mir Leid wegen eben. Ich weiß, dass weibliche Polizeikräfte bei Markku heftige Gefühlsregungen auslösen, und genau das wollte ich erreichen. Ich bin sicher, es wäre mir gelungen, wenn Ihr Kollege sich nicht eingemischt hätte.«
»Würden Sie es für klug halten, mich gegen Palo auszutau-schen?«
»Natürlich nicht! Wie gut kennen Sie Markku Halttunen eigentlich? Er kommt mit Frauen nicht zurecht.« Als ich nickte und sagte, das hätte ich gemerkt, fuhr er fort:
»Wissen Sie, worauf das zurückgeht? Auf seine Mutter. Sie hat jahrelang zugeschaut, wie sein Vater ihn sexuell missbraucht hat, und sogar mitgemacht. Ein regelrechtes Monster war diese Frau. Markku hat nie normale sexuelle Beziehungen zu Frauen gehabt, er ist dazu nicht fähig.«
»Die böse Mutter hat ihn also zum Räuber und Mörder gemacht?« Ich konnte mir die ironische Frage nicht verkneifen, obwohl ich nun besser verstand, weshalb Halttunen seinem Vater auch den Penis abgesägt hatte.
»Es geht hier um komplizierte Prozesse. Markku gehört zu den Menschen, in deren Leben alles systematisch schief läuft.
Trotzdem kann man ihn nicht einfach aufgeben. Er hat das Recht, am Leben zu bleiben, wie seine Geisel natürlich auch.«
»Da stimme ich Ihnen zu, nur würde ich zuerst an die Geisel denken. Wenn das hier glücklich überstanden ist, möchte ich gern mit Ihnen über einen anderen Fall sprechen. Oder vielmehr über eine Ihrer Patientinnen, die in diesen Fall verwickelt ist.«
»Patientendaten sind vertraulich.«
»Das weiß ich. Aber es geht um einen Mord. Und meines Wissens haben Sie auch das Opfer gekannt, Ihre Kollegin Elina Rosberg.«
»Dann wollen Sie mit mir also über Niina sprechen. Hat sie sich etwas zuschulden kommen lassen?« Hanninens Stimme wurde um einige Grade wärmer, seine dunkelbraunen Augen blickten besorgt. Es fiel nicht schwer zu glauben, dass er an seinen Patienten Anteil nahm, dass er sie mit seinen manipulati-ven Mantras wirklich glücklich machen wollte. Und dennoch …
»Sie ist eine der Verdächtigen, das ist vorläufig alles. Finde ich Sie im Telefonbuch?«
»Moment, ich gebe Ihnen
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