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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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wollte. Wenn wir uns liebten, spürte ich, dass ich lebte und neues Leben in mir trug, und solange mein Körper im Mittelpunkt stand, konnte die Seele ausruhen. Antti meinte, den Mythos von der sexuellen Unlust schwangerer Frauen hätte ich gründlich widerlegt.
    Antti übernahm es auch, ans Telefon zu gehen, Interviews abzulehnen, Eltern und Freunde zu beschwichtigen. Es fiel mir nicht leicht, über meine Gefühle zu sprechen. Eines Nachts träumte ich, ich stünde vor meinem Fiat auf dem Parkplatz vor dem Kulturzentrum. Als ich die Tür aufmachte, fielen mir die blutigen Leichen von Palo und Halttunen entgegen.
    Taskinen war am nächsten Tag bereits wieder zur Arbeit erschienen. Pertsa dagegen hatte seine Depression so behandelt, wie es gestandene finnische Männer zu tun pflegen, mit einer mehrtägigen Sauftour. Bei der Therapiesitzung am Freitagnachmittag hätte ich nicht sagen können, ob sein Zittern vom Kater oder vom Schock herrührte. Wir erfuhren, dass Halttunen schneller geschossen hatte als erwartet. Er hatte das Tränengas gerochen und reflexartig abgedrückt. Die Ladung aus der abgesägten Schrotflinte hatte Palo in den Bauch getroffen, er war sofort tot gewesen. Wessen Kugel Halttunen getötet hatte, war dagegen schwer zu ermitteln. Schon als er Palo erschoss, hatte er sich mit der anderen Hand eine Pistole an den Kopf gehalten und offenbar gleich danach abgedrückt, andererseits war sein Unterleib durchsiebt von den Kugeln der Antiterrormänner. Die Ermittlungen würden viel Zeit in Anspruch nehmen, zudem bestand natürlich die Möglichkeit, dass Palos oder Halttunens Angehörige einen Prozess anstrengen würden.
    Die Medien traten die Geschichte tagelang breit, bis am Dreikö-
    nigstag ein bekannter Politiker betrunken am Steuer erwischt wurde und der Presse neues Futter lieferte.
    Am Abend des Dreikönigstags rief Eva Jensen an und erkundigte sich, wie es mir ging. Sie klagte, die letzten Tage der Schwangerschaft seien so langweilig, und so schlug ich ihr für den nächsten Tag, den Sonntag, einen gemeinsamen Spaziergang vor. Die Wettervorhersage versprach einen lauen, sonnigen Tag, und ich hatte das Gefühl, es wäre vielleicht gut, langsam wieder an die Arbeit zu denken. Auch einem Reiter, der vom Pferd fällt, rät man ja, möglichst bald wieder in den Sattel zu steigen. Nach Evas Anruf ließ ich mich in den Fernsehsessel fallen und sah mir den Eiskunstlauf der Herren an. Ein für seine Sportart auffallend massiger Kanadier sprang zu Filmmusik dreifache Axel und half mir, die Geister von Nuuksio für eine Weile zu vertreiben.
    Am Sonntagmorgen kam Eva zu uns. Sie behauptete, wenn wir nicht zu schnell gingen, könne sie kilometerweit marschieren. Wir spazierten über das gefrorene Feld auf die kleinen Wege zu, die in den Zentralpark führen. Die Sonne leuchtete wintergelb, die Federwolken versprachen schönes Wetter.
    Dompfaffen machten sich über die letzten Vogelbeeren her, ein Hase sprang aus dem Gebüsch. Evas Bauch passte kaum noch unter ihren Zeltmantel, ihre dünnen Arme und Beine wirkten im Verhältnis dazu fast grotesk. Sie behauptete, es mache ihr nichts aus, über das eisglatte Feld zu gehen, das sei immer noch besser als die Abgasschwaden an der Straße.
    »Und wie geht es dir?«, fragte sie, als wir bei den ersten Häusern jenseits des Ackers angekommen waren.
    »Ich frage mich ungefähr einmal stündlich, warum ich weiterleben darf, während Palo tot ist. Davon abgesehen geht’s mir einigermaßen.«
    »Fühlst du dich schuldig, weil du lebst?«
    »So ungefähr. Aber das ist angeblich ganz normal. Schon allein, weil ich aus reinem Zufall überlebt hab, Halttunen hatte es ja in erster Linie auf mich abgesehen. Und natürlich bedrückt mich, dass die ganze Sache total falsch angepackt worden ist.«
    In der Presse wurde das Vorgehen der Polizei heftig kritisiert.
    Das wusste ich, weshalb ich die Zeitungen nach Möglichkeit gar nicht mehr aufschlug. Irgendwann würde ich mich auch dieser Realität stellen müssen, deshalb hatte ich Antti gebeten, alle Presseberichte auszuschneiden und die Nachrichtensendungen auf Video aufzunehmen. »Kennst du übrigens Halttunens Therapeuten, Kari Hanninen? Ich habe kurz mit ihm gesprochen, bevor das Höllenspektakel anfing.«
    »Ja, ich bin ihm ein paar Mal begegnet. Falls du dich fragst, ob Elina Feinde hatte – Hanninen war einer. Elina hat seine Astrotherapie nicht akzeptiert, oder besser gesagt, es passte ihr nicht, dass er seine Therapie als

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