Lehtolainen, Leena
Bild von meinem Talent gegeben.
»Über Salamasota also«, lachte er, als ich ihm vom Thema meiner Magisterarbeit berichtete. »Karri hat im letzten Sommer eine Platte von denen gekauft, weil ihre Musik ihn an dich erinnert. Ich habe ihm schon damals gesagt, er müsse dich anrufen.«
»Du hast Kode kennengelernt?«, unterbrach ihn Karri. »Ist er noch immer ein Rockidol?«
»Er ist richtig nett.«
Mein Handy klingelte, Viivi meldete sich. Ich ging ins Wohnzimmer, um ungestört reden zu können.
»Ich bin jetzt endlich in der Stadt. Dauert es bei dir lange?«
»Mindestens bis vier.« Ich wollte einen Moment allein sein, bevor ich mich mit ihr traf.
»Wollen wir uns um vier bei NK in der Kosmetikabteilung treffen? Dann können wir zusammen mit dem Bus zurückfahren.
Ich hatte einen derartigen Kater, dass ich erst mal ein Bier trinken musste. Der Typ von gestern Abend war ziemlich mittelmäßig … Für heute Nacht such ich mir was Besseres.«
»Come on«, stöhnte ich. Im Moment gingen mir Viivis Männergeschichten auf die Nerven.
»Na, was ist los?«, fragte Karri neugierig. Offenbar kannte er mein Gesicht gut genug, um zu erkennen, dass mir das Telefonat keine Freude gemacht hatte.
»Meine Reisegefährtin will heute Abend einen Mann aufrei-
ßen«, seufzte ich und setzte mich wieder an den Tisch. Die Lasagne schmeckte hervorragend. Samuli war zu allem anderen auch noch ein guter Koch.
»Das solltest du auch tun«, meinte Karri. »Man kann nie wissen, wo man den Mann seines Lebens entdeckt.«
»Wo habt ihr euch eigentlich kennengelernt?« Ich bemühte mich um einen gleichgültigen Tonfall. Karri und Samuli prusteten los.
»In einer Schwulenbar, auf dem Fleischmarkt.«
»Ich hab Karri sofort gesehen, und danach hab ich keinen anderen mehr angeguckt.«
»Die Wirkung hat er«, nickte ich. Karri sah mich lange an, dann schenkte er uns Wein nach. Ich fühlte mich angenehm beschwipst, nicht zu sehr, gerade genug, um die Situation zu ertragen.
Samuli brachte das Gespräch wieder auf die Musik, ein unverfängliches Thema, bei dem Karri allerdings ein wenig an den Rand gedrängt wurde. Es war unmöglich, Samuli nicht zu mögen, obwohl ich mich darüber ärgerte, dass es für ihn viel leichter war, nett zu mir zu sein, weil er keinen Grund zur Eifersucht hatte. Nach dem Kaffee sagte er, er brauche vor der Aufführung einen Schönheitsschlaf.
»Am besten verabschieden wir uns jetzt gleich, falls ich noch schlafe, wenn du gehen musst. Komm uns mal wieder besuchen und bleib über Nacht, dann führe ich dich durch die Oper.« Er umarmte mich und küsste mich leicht auf beide Wangen. Diese mitteleuropäischen Sitten waren mir fremd.
Karri und ich blieben in der Küche sitzen. Es hatte angefangen zu schneien, die Welt hüllte sich in grauweißes Zwielicht. Karri zeigte mir auf dem Stadtplan, wie ich zum Kaufhaus NK kam, denn ich hatte ihm gesagt, er brauche mich nicht zu begleiten.
Wenn ich mit ihm reden wollte, musste es jetzt geschehen. Doch eigentlich wollte ich ihm gar nichts sagen, lieber hörte ich mir seine Ansichten über Literatur an. Er behauptete, die Ironie in Veikkos Büchern gefalle ihm.
»Dein Onkel hat den gleichen schrägen Humor wie du. Weißt du noch, wie oft wir miteinander gelacht haben?«
»Ja. Obwohl ich mich eine Zeitlang bemüht habe, es zu vergessen.«
»Aber inzwischen geht es dir doch wieder besser, oder?«
»Ja«, antwortete ich, und das war eigentlich nicht gelogen. Ich hatte seit Jahren nur noch gelegentlich Fressanfälle gehabt, ich trank nicht mehr jeden Abend und landete nur selten in fremden Betten.
»Kannst du mir verzeihen?«
»Es gibt nichts zu verzeihen.«
Ich wagte ihn nicht anzusehen. Stattdessen starrte ich in die leere hellblaue Kaffeetasse, die innen mit zwei goldenen Streifen verziert war. Mir selbst zu vergeben, das war das Schwierige. Wie hatte ich mich so täuschen können?
»Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich in acht Jahren zu dir komme und unser Foto auf deinem Schreibtisch sehe …« Die Tränen begannen wieder zu fließen, doch ich bemühte mich, weiterzureden. »Ich dachte die ganze Zeit, ich hätte dir nichts bedeutet. Du hättest mich vergessen.«
»Ich werde dich nie vergessen.«
Als ich ging, war ich völlig durcheinander. Wir hatten ausge-macht, per E-Mail in Kontakt zu bleiben, und ich zweifelte nicht, dass wir uns daran halten würden. Allerdings war ich nicht sicher, ob ich bereit war, das, was ich jahrelang gedacht hatte,
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