Lehtolainen, Leena
klangen nach Flöten und Gold, die unteren hatten fast die Tiefe einer Bassgeige. Ich spielte und spielte, zwischendurch sang ich halblaut und lauschte, wie die Gitarre auf meine Stimme antwortete. Sie antwortete, sie sei meine Gitarre, die ich immer gesucht habe.
»Ist achtzehnhundert Euro der endgültige Preis? Immerhin ist ja schon darauf gespielt worden«, fragte ich schüchtern. Feil-schen hatte ich immer als demütigend empfunden.
»Sagen wir sechzehnhundert, ein paar Saiten und einen Satz Plektren lege ich noch dazu«, erwiderte der Verkäufer bereitwillig.
Ich wollte die Gitarre gleich mitnehmen, hatte aber meinen Gitarrenkasten nicht dabei, und in einer Plastiktüte konnte man ein solches Prachtstück nicht durch die Stadt tragen. Ich zögerte nur kurz, bevor ich Kaitsu anrief. Zum Glück war er gerade in der Nähe und hatte Zeit, mich nach Hause zu fahren.
Ich hatte ihn seit Weihnachten nicht mehr gesehen. An dem Wochenende, als ich mit Viivi in Stockholm war, war er nach Ruoholahti gezogen. Er sah abgemagert und müde aus und hatte mehr Ähnlichkeit mit Ranes Bild als je zuvor.
»Hab ein paar Nächte durchgearbeitet«, sagte er wegwerfend, als ich ihn auf die dunklen Augenringe ansprach.
Die Beziehung zu Mister Black, wie ich die Gitarre nannte, entwickelte sich rasch. Die Barrégriffe fielen mir leichter als auf meiner alten Gitarre, als wären meine Finger geschmeidiger geworden. Nun konnte ich ein paar meiner alten Songs bassarti-ger unterlegen, denn Mister Black klang beinahe wie eine Kombination von Gitarre und Bass. Ich überlegte, welche Lieder ich auf meinem Demoband singen sollte.
Mein Professor teilte mir mit, an meiner Magisterarbeit seien nur ein paar Kleinigkeiten zu überarbeiten, und erinnerte mich daran, dass die Promotionsstipendien der Emil-Aaltonen-Stiftung bis Ende Januar beantragt werden konnten. Er schreibe mir gern eine Empfehlung. An eine Dissertation wagte ich allerdings noch nicht zu denken, vorläufig genügte mir der Magistertitel.
»Und eines Tages traf ich dich, ich sah niemanden mehr, nur noch dich«, sang Salamasota auf meinem CD-Player. Da klingelte das Telefon. Ich war gerade vom Begleiterunterricht an der Musikschule zurückgekommen, den ich bis zur Prüfung jede Woche besuchen wollte, denn nun hatte ich Zeit. Die Prüfung sollte am dreiundzwanzigsten April stattfinden. Eine Woche vorher musste ich beim Studentenkonzert eine meiner beiden Prüfungsarien und ein Lied singen. Zum ersten Mal seit langem hatte ich Lust, die fröhlichsten Songs von Salamasota zu hören.
Vielleicht lag es daran, dass ich seit der Reise nach Stockholm kein einziges Mal betrunken gewesen war.
Ich tastete nach meinem Handy und vergaß in der Eile nachzu-sehen, wer der Anrufer war.
»Pekka Kalmanlehto hier, hallo. Ein gutes neues Jahr!«
»Danke gleichfalls. Wie geht’s?«
»Gut, ich mach gerade Feierabend. Kode und ich wollten dich fragen, ob du ins ›Pik fünf‹ mitkommst, zum Billard.«
»Mit Kode und dir?«
»Ja. Ungefähr in einer Stunde.«
»Ich hab erst ein paarmal gespielt.«
»Kode auch, aber ich bring es euch bei.«
»Na gut.«
»Ich hör doch, welche Platte bei dir läuft …«
Ich wurde rot, dann lachte ich vor mich hin und drehte die Musik lauter: »Mitten im Frost sahst du mich lächelnd an. Ich bin nicht mehr allein, nein. Du bist mein Surfgirl«, sang ich mit und drehte Ranes aufgebrachtes Gesicht zur Wand. Der Kirsch-holzrahmen stieß gegen die Kommode. Im zweiten Rahmen lachte Karri mit mir. Ich warf einen Blick in den Spiegel. Meine Haare waren frisch gewaschen, umzuziehen brauchte ich mich auch nicht. Jeans und Pullover waren gut genug, es sollte nicht so aussehen, als ob ich mich wegen Kode Salama aufdonnerte.
Ich tuschte mir leicht die Wimpern, zog die Lippen nach und versuchte, an nichts zu denken.
Kode und Pekka standen bereits am Billardtisch und winkten mir fröhlich zu. Ich holte mir einen Cider und ging zu ihnen.
Kode erkundigte sich nach meiner Magisterarbeit. Als er vom Kommentar meines Professors hörte, gratulierte er mir.
»Wann ist die Abschlussfeier? Dir zu Ehren könnten wir die Band zusammentrommeln.«
»Zu viel der Ehre«, lachte ich geschmeichelt.
Kode war ein lausiger Billardspieler, ich lernte schneller.
Pekka erwies sich als geduldiger Lehrmeister, und wir hatten alle drei wahnsinnigen Spaß. Ich vergaß zu trinken oder nervös zu werden, denn auch Kode war plötzlich wie ein alter Bekannter für mich. Im Lauf des Abends
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