Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
Vom Netzwerk:
antiken Völker spielte diese Vorstellung eine große Rolle. So glaubten die Ägypter vor 4500 Jahren, dass der Totengott Osiris über die Unterwelt herrsche und von den Verstorbenen Rechenschaft für ihre irdischen Taten verlange. In der griechischen Mythologie galt der Gott Hades als Herrscher über die Unterwelt. Auch hier nahm man an, dass über die Verstorbenen im Jenseits gerichtet werde. Besonders übel sollte es dabei denjenigen ergehen, die Verfehlungen gegen die Götter begangen hatten. Es hieß, sie würden in die unterste Region der Unterwelt gestoßen werden, wo sie ewige Qualen erleiden müssten.
    Derartige Vorstellungen machten vielen Menschen Angst. Der griechische Philosoph Epikur (341–271), vielleicht der größte Menschenfreund unter den bedeutenden Philosophen, versuchte diese Angst zu lindern. In seinem berühmten »Lehr-Brief an Menoikeus« schrieb Epikur: »Gewöhne dich daran zu glauben, dass der Tod keine Bedeutung für uns hat. Denn alles, was gut, und alles, was schlecht ist, ist Sache der Wahrnehmung. Der Verlust der Wahrnehmung aber ist der Tod … Das schauerlichste aller Übel, der Tod, hat also keine Bedeutung für uns; denn solange wir da sind, ist der Tod nicht da, wenn aber der Tod da ist, dann sind wir nicht da.«
    Präziser kann man es auch heute kaum ausdrücken! Ohnehin erscheint uns vieles von dem, was der freundliche Philosoph des »kleinen, irdischen Glücks« vor 2300 Jahren schrieb, als erstaunlich aktuell. Dennoch wurde die epikureische Philosophie über viele Jahrhunderte hinweg abgrundtief verachtet. In gebildeten christlichen Kreisen avancierte der Begriff »Epikureer« sogar zu einem beliebten Schimpfwort, mit dem Menschen geschmäht wurden, die angeblich vor lauter Sinnesfreude ihr »ewiges Leben« aufs Spiel setzten. Letztlich aber war der Siegeszug Epikurs nicht aufzuhalten – auch wenn die meisten »praktizierenden Epikureer« der Gegenwart mit dem Namen des griechischen Philosophen wohl wenig anfangen können.
    Epikureisches Denken prägt nicht zuletzt auch unseren Umgang mit dem Tod. Und so erntet der Kölner Kabarettist Jürgen Becker (*1959) heute eher zustimmendes Gelächter als eifrige Empörung, wenn er einen seiner tiefgründigsten Scherze zum Besten gibt: »Humor ist, wenn man trotzdem lacht . Philosophie ist, wenn man trotzdem denkt . Religion ist, wenn man trotzdem stirbt .« Dieses Bonmot hätte zweifellos schon im »Garten des Epikur« für Erheiterung gesorgt.
    • • • •

Ist alles vergänglich?
    Ich habe noch einmal über unser gestriges Gespräch nachgedacht – und auch über das, was du mir beim Abendessen über Epikur erzählt hast. Das alles klingt auf den ersten Blick ganz wunderbar: Wenn wir akzeptieren, dass es kein Leben nach dem Tod gibt, dann werden wir das Leben vor dem Tod besonders wertschätzen. Zudem brauchen wir den Tod nicht zu fürchten, weil wir davon ausgehen können, dass wir nicht mehr da sind, wenn der Tod da ist. Dennoch habe ich das Gefühl, dass diese Haltung den Tod sehr verniedlicht. In Wirklichkeit ist es doch sehr dramatisch, wenn man erfährt, dass man selbst oder jemand, den man liebt, in absehbarer Zeit sterben muss! Findest du nicht?
    Natürlich. Alle epikureische Weisheit kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass am Ende eines jeden Lebens eine Tragödie steht, ein Kampf, den wir nicht gewinnen können. Dieses Schicksal wird mich treffen und es wird leider auch dich treffen. Es wird alle treffen, die diese Zeilen lesen, und auch jene, die es nicht tun. Wir alle werden alles verlieren, was uns lieb und teuer ist. Der Tod ist ein Abschied von allem für immer – und es ist vor allem dieser Trennungsschmerz, der uns so quält.
    Ja. Und das betrifft nicht nur den Sterbenden, sondern natürlich auch diejenigen, die ohne ihn weiterleben müssen. Ein Mensch, den man geliebt hat, dem man vieles zu verdanken hat, ist plötzlich für immer verschwunden. Da ist auf einmal nur noch eine Lücke, wo vorher ein Mensch war …
    Man wird niemals wieder sein Lächeln sehen, seine Stimme hören, seine Wärme spüren … Das ist wirklich erschreckend und grausam, vor allem, wenn die verstorbene Person noch sehr jung war und eigentlich noch ein langes Leben vor sich gehabt hätte. Leider hat es die Natur nicht so eingerichtet, dass wir alle nach einem langen, erfüllten Leben friedlich im Schlaf den Tod finden. Viele werden gewissermaßen aus der »Mitte des Lebens« in den Tod gerissen. Manchmal verlieren Kinder ihre Eltern

Weitere Kostenlose Bücher