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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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die Philosophie haben wir ja bislang fast ausschließlich Fragen der Erkenntnis und des individuellen guten Lebens behandelt, zur Philosophie gehört aber natürlich auch die Frage des guten Zusammenlebens: Wie sollen wir miteinander umgehen? Welche Regeln sollten die Gesellschaft bestimmen? Wie können wir diese fürchterlichen Konflikte vermeiden, die die Geschichte der Menschheit über weite Strecken zu einer Geschichte der Unmenschlichkeit machten? Solche ethischen und politischen Fragestellungen gehören zu den spannendsten Themengebieten der Philosophie. Wir sollten zumindest einen kurzen Blick auf sie werfen …

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Der Traum von einer besseren Welt
    »Der Mensch is guad, de Leit’ san schlecht!«

    KARL VALENTIN (1882–1948)
    Bayerischer Komiker, Volkssänger und Autor
    »Liebe Nachwelt!
    Wenn Ihr nicht gerechter, friedlicher und überhaupt vernünftiger sein werdet, als wir sind bzw. gewesen sind, so soll Euch der Teufel holen!«

    ALBERT EINSTEIN (1879–1955)
    Deutsch-schweizerisch-amerikanischer Physiker, Autor und Pazifist

Dürfen wir töten?
    Nachdem wir festgestellt haben, dass das Individuum das Recht zur Selbsttötung hat, sollten wir, finde ich, auch über das Töten allgemein sprechen: Dürfen wir töten? Für gläubige Christen ist die Sache klar, denn »Gott« hat ihnen das Töten in den Zehn Geboten untersagt. Als Ungläubige können wir uns auf solche »göttlichen Gebote« aber nicht berufen. Wir müssen auf andere Weise begründen, warum es nicht erlaubt sein sollte, jemanden gegen seinen Willen zu töten, oder?
    Richtig. Allerdings möchte ich hier gleich anmerken, dass das Töten in der Bibel keineswegs prinzipiell untersagt ist. So heißt es im zweiten Buch Mose nur wenige Verse nach »Du sollst nicht töten!«: »Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen. Jeder, der mit einem Tier verkehrt, soll mit dem Tod bestraft werden. Wer einer Gottheit außer Jahwe Schlachtopfer darbringt, an dem soll die Vernichtungsweihe vollstreckt werden.« Es wird dich vielleicht wundern, aber insgesamt findet man in der Bibel weit mehr Tötungs ge bote als - ver bote: »Ausgerottet« werden sollen nicht nur Mörder und Räuber, sondern auch diejenigen, die homosexuellen Verkehr haben, die Ehebruch begehen oder Sex mit einer Frau während ihrer Periode haben. Todgeweiht sind auch diejenigen, die Gott lästern, ihre Eltern verfluchen, Arbeiten am Sabbat verrichten, als Männer nicht beschnitten sind, falsche Nahrung zu sich nehmen oder die falsche (nur für Priester bestimmte) Salbe gebrauchen. Was die Anwendung der Todesstrafe betrifft, ist der biblische Gott nicht gerade zimperlich …
    Okay, okay, ich hab’s ja begriffen! Aber wenn man die Zehn Gebote für sich alleine nimmt, dann sind sie doch ganz in Ordnung, oder?
    Auch das ist leider falsch! Denn schon das erste der Zehn Gebote enthält höchst unethische, ja sogar verfassungswidrige Normen: »Gott« befiehlt seinem Volk nämlich nicht nur, dass es keine Götter neben ihm haben darf (was dem Verfassungsprinzip der Religions- und Weltanschauungsfreiheit widerspricht), er outet sich sogar als Verfechter der Sippenhaft: »Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation.« Nimmt man »Gott beim Wort«, so heißt das auf uns bezogen, dass nicht nur ich vom »Allmächtigen« für meine Religionskritik verfolgt werde, sondern auch Julian [Leas 9-jähriger Bruder] sowie dessen ungeborene »Söhne, Sohnessöhne und Sohnessohnessöhne«! Das ist nicht gerade ein besonders modernes Rechtsverständnis, oder?
    Nein, ganz bestimmt nicht! Aber warum geht es da eigentlich nur um die Söhne? Was ist denn mit mir als deiner Tochter und meinen ungeborenen Kindern, Enkeln und Urenkeln?
    Töchter werden im ersten Gebot nicht erwähnt, was kein Zufall ist: Denn der »Gott« der Bibel ordnet die Frauen den Männern unter, weshalb sie in den Zehn Geboten nicht als gleichberechtigte Subjekte angesprochen werden, sondern vielmehr als Objekte männlicher Interessen. So heißt es im letzten der Zehn Gebote: »Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.«
    Was?! Die Frauen sind nur Besitztümer der Männer wie Esel oder Rinder? Und die Sklaverei wird in den Zehn Geboten auch noch erlaubt?
    Ja, das

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