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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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– gerade heute, im Zeitalter der Gerätemedizin: Oftmals dienen unsere technischen Möglichkeiten nur noch dazu, das Leiden künstlich zu verlängern. Wie viel Elend dadurch produziert wird, ist kaum abzuschätzen.
    Aber woran erkennt man, dass es die »rechte Zeit« zum Sterben ist?
    Das ist natürlich das große Problem! Dies zeigt auch das Beispiel Nietzsches, dem es ja selbst absolut nicht gelang, den rechten Zeitpunkt abzupassen. Nach einem psychischen Zusammenbruch im Januar 1889 verbrachte er die letzten elf Jahre seines Lebens im Zustand geistiger Umnachtung. Mehrere Schlaganfälle sorgten dafür, dass er weder stehen noch sprechen konnte. Er siechte langsam vor sich hin. Der Tod ereilte ihn also auf genau jene Weise, die er am meisten verabscheute, als »grinsender Tod, der heranschleicht wie ein Dieb«. Der »freie Tod, der mir kommt, weil ich will«, war ihm nicht vergönnt.
    Das geht wohl vielen so …
    Ja, leider! Man kann zwar mit einer »Patientenverfügung« eine gewisse Vorsorge treffen und regeln, welche lebensrettenden Maßnahmen im Notfall eingesetzt werden dürfen, besser ist es jedoch, wenn man im Fall der Fälle selbst noch entscheiden kann. Glücklicherweise gibt es Menschen, denen das gelingt. So war es zum Beispiel bei einem guten Freund von mir, der unheilbar an Krebs erkrankt war. Zunächst schöpfte er alle medizinischen Möglichkeiten aus und kämpfte um sein Leben. Doch als sich zeigte, dass dieser Kampf aussichtslos war, nutzte er die ihm verbleibende Zeit, um seine Dinge zu regeln. Er verabschiedete sich von allen, die er liebte, und setzte seinem Leben durch eine Überdosis Morphin ein Ende, da er wusste, dass die nächsten Tage oder Wochen nur qualvolles Siechtum bedeutet hätten. Er starb zur rechten Zeit, weder zu früh noch zu spät. Aber das konnte er nur, weil er selbst Arzt war. Den meisten Menschen wird ein solch würdevoller Abschied verweigert – nicht zuletzt aufgrund abergläubischer Spekulationen über die angebliche »Heiligkeit« des von »Gott verliehenen Lebens«! Dass die Religionen den Menschen noch immer das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende verweigern, ist, wie ich finde, ein Verbrechen an der Menschheit, das in der Summe vielleicht sogar größeres Elend verursacht hat als alle blutigen Glaubenskriege zusammengenommen!
    Das klingt, als wärst du ein sehr entschiedener Befürworter der Sterbehilfe.
    Das bin ich in der Tat! Wie du vielleicht weißt, gibt es verschiedene Formen von Sterbehilfe: »Direkte aktive Sterbehilfe« meint die gezielte Herbeiführung des Todes aufgrund des Wunsches dieser Person. Unter »passiver Sterbehilfe« versteht man den Verzicht auf eine lebensverlängernde Behandlung. »Indirekte aktive Sterbehilfe« bedeutet, dass man die Beschleunigung des Todeseintritts als Nebenwirkung beispielsweise einer gezielten Schmerzbekämpfung in Kauf nimmt. Daneben gibt es noch die »Beihilfe zur Selbsttötung«, auch bekannt als »assistierter Suizid«. Ein »assistierter Suizid« liegt vor, wenn man einem Menschen, der nicht mehr weiterleben möchte, ein geeignetes Mittel (etwa ein Barbiturat) zur Verfügung stellt, das er selbst einsetzen kann, um selbstbestimmt, schmerzfrei und friedlich aus dem Leben zu scheiden.
    Sind all diese Formen von Sterbehilfe verboten?
    Nein. Die passive und indirekte aktive Sterbehilfe sind unter bestimmten Auflagen erlaubt. Die direkte, aktive Sterbehilfe ist jedoch weltweit – außer in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg – verboten. Die Gründe, die für dieses Verbot angegeben werden, halte ich nicht für überzeugend. Denn warum, frage ich dich, sollte es humaner sein, einen Menschen ohne lebensverlängernde Maßnahmen langsam dahinvegetieren zu lassen, als ihm seinen Wunsch nach einem schnellen, schmerzfreien Tod zu erfüllen? Einen Hund, für den das Leben nur noch eine Qual bedeutet, lassen wir einschläfern, aber einem Menschen, der seinen Wunsch, zu sterben, klar artikuliert hat, verweigern wir diese »letzte Hilfe«? Das ist doch absurd!
    Dass man in Deutschland besondere Probleme mit der aktiven Sterbehilfe hat, kann man doch angesichts der Nazi-Verbrechen verstehen, oder?
    Tatsächlich verweisen manche Gegner der Sterbehilfe auf die nationalsozialistischen »Euthanasieprogramme«. Doch den Nazis ging es ja keineswegs um »Euthanasie«, also um den »guten, schönen, leichten Tod«, sondern um systematischen Massenmord an behinderten und psychisch kranken Menschen! Wer den vernebelnden

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