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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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Religionskritiker Franz Buggle (*1933) in seinem Buch »Denn sie wissen nicht, was sie glauben« zur Ethik des Christentums feststellte, lässt sich mühelos auf alle anderen Religionen ausdehnen: Man muss die jeweiligen »heiligen Schriften« schon höchst selektiv lesen, um in ihnen ausgerechnet das »Humanum« erkennen zu können. Zwar enthalten sämtliche Religionen kluge und menschenfreundliche Elemente, auf die sich liberale Gläubige stützen können, aber sie sind leider unheilbar verwoben mit tiefster Menschenverachtung sowie absurdesten Irrtümern. Die Religionen müssten also erst einmal grundlegend »entrümpelt« werden, um sich für ein humanes »Projekt Weltethos« qualifizieren zu können.
    Auch das humanistische Menschenbild müsste in den letzten Jahrzehnten einer Generalüberholung unterzogen werden: Traditionellerweise ging der Humanismus nämlich von einem strikten Gegensatz von Mensch und Tier, Kultur und Natur, Geist und Körper aus. Durch die Erkenntnisse der Evolutionsbiologie wurde diese klassische Unterscheidung jedoch zunehmend problematischer. Humanistische Vorstellungen und naturwissenschaftliche Erkenntnisse schienen immer weiter voneinander abzuweichen. Es war dem großen Evolutionsbiologen und Humanisten Julian Huxley (1887–1975) vorbehalten, beide Sichtweisen wieder miteinander zu versöhnen. 1961 stellte er seinen Ansatz des »evolutionären Humanismus« vor, der den emanzipatorischen Ansatz des Humanismus in genialer Weise mit dem empirischen Menschenbild der Evolutionsbiologie verband.
    Obwohl Julian Huxley nicht nur als Mitbegründer der modernen (»synthetischen«) Evolutionstheorie, sondern auch als erster Generaldirektor der UNESCO weltweites Ansehen genoss, wurde sein Konzept des »evolutionären Humanismus« zunächst kaum aufgegriffen. Dies hing damit zusammen, dass sich Geistes- und Sozialwissenschaftler (die traditionellen Verwalter des Humanismus) lange Zeit scheuten, mit Naturwissenschaftlern zusammenzuarbeiten – und umgekehrt. Das hat sich erst in den letzten Jahren geändert. Heute gibt es mehr und mehr Philosophen, die sich mit Evolutionsbiologie und Hirnforschung beschäftigen, wie es auch zunehmend Naturwissenschaftler gibt, die sich zu philosophischen Fragestellungen äußern.
    Dadurch ist Huxleys evolutionärer Humanismus für viele attraktiv geworden. Denn er bietet ein geeignetes Rahmenkonzept für die Überwindung der Gräben zwischen den Natur- und den Kulturwissenschaften. Zudem ist er mit ethischen Forderungen verbunden, die über die Forderungen vorheriger Humanismus-Varianten weit hinausgehen. So stellt er sich nicht nur gegen den »sozialdarwinistischen« Missbrauch der Evolutionstheorie (»Recht des Stärkeren«), nicht nur gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, Nationalität, Bildung, sozialer Herkunft, sexueller Präferenz oder Religionszugehörigkeit, sondern auch gegen eine prinzipielle (klassisch-humanistische) Abwertung nicht menschlicher Lebewesen (»Speziesismus«).
    Zwar wird die humanistische »Kritik der Religion« auch weiterhin mit der Lehre enden, »dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei«. Doch der »kategorische Imperativ« kann heute nicht mehr allein darin bestehen, »alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist …« Die von Menschen geschaffenen Verhältnisse müssen auch dann verändert werden, wenn nicht menschliche Lebewesen unter ihnen zu leiden haben! Wer als »nackter Affe« glaubt, etwas Besseres zu sein, nur weil er die Körperbehaarung abgeworfen und die Digitalarmbanduhr angezogen hat, der hat die grundlegende Lektion des evolutionären Humanismus noch nicht begriffen.
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Sollten wir toleranter sein?
    Ich habe den Eindruck, dass deine Abneigung gegen »moralische Tugendwächter«, wie du sie nennst, vor allem dadurch begründet ist, dass sich diese Leute oft sehr intolerant gegenüber all jenen Menschen verhalten, die andere Vorstellungen vom Leben haben.
    Ja, das ist richtig.
    Heißt das, wir sollten üben, toleranter zu sein?
    Ja und nein! Natürlich ist Toleranz ein großartiger Wert der Aufklärung. Vielleicht kennst du ja das berühmte Zitat, das dem französischen Aufklärungsphilosophen Voltaire zugeschrieben wird: »Ich missbillige, was du sagst, aber ich würde bis auf den Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen.«
    Ja, das habe ich schon mal

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