Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
Vom Netzwerk:
Unterschied zwischen Toleranz und Akzeptanz. Ich will die beiden Begriffe kurz erläutern: Das Wort »Toleranz« leitet sich vom lateinischen tolerare ab, das man mit »ertragen«, »durchstehen«, »aushalten« oder »erdulden« übersetzen kann. Toleranz meint also die Fähigkeit, störende bzw. verstörende Formen des Andersseins oder Andershandelns ertragen zu können. Akzeptanz meint etwas völlig anderes: Das Verb »accipere« bedeutet »annehmen«, »übernehmen«, »gutheißen«. Wenn du etwas akzeptierst , dann duldest oder tolerierst du es nicht bloß, du bist mit ihm einverstanden – auch wenn du das, was du bei anderen akzeptierst, in deinem eigenen Leben vielleicht gar nicht anwenden möchtest.
    Kannst du dafür ein Beispiel geben?
    Klar! Als Vanillepudding liebender und Lakritzstangen hassender Heterosexueller würde ich es selbstverständlich nicht nur tolerieren , sondern bedenkenlos akzeptieren , wenn dir oder irgendjemandem anderen Lakritzstangen besser schmecken sollten als Vanillepudding oder wenn ihr die gleichgeschlechtliche Liebe der Heterosexualität vorziehen würdet. Hier wäre Toleranz , das heißt: die Erduldung einer vermeintlichen Last , fehl am Platze. Homosexuelle Menschen bloß zu tolerieren , sie aber nicht zu akzeptieren , ist Ausdruck einer reichlich unaufgeklärten Denkweise! Denn warum, um alles in der Welt, sollte es für mich eine Last sein, wenn sich andere Menschen auf andere Weise sexuell vergnügen als ich?
    Einverstanden. Aber es gibt doch bestimmt Dinge, die du persönlich auch als Last empfindest, die du nur tolerieren, aber nicht akzeptieren kannst, oder?
    Natürlich. Es gibt ja mitunter auch gute Gründe dafür, dass wir mit bestimmten Formen des Andersdenkens und Andershandelns gar nicht einverstanden sind, dass wie sie eben nicht akzeptieren , sondern nur ertragen können. So kann ich es als humanistisch-aufklärerisch denkender Mensch zwar tolerieren , dass manche Gläubige meinen, die Erde sei zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem die Babylonier bereits das erste Bier brauten, doch akzeptieren , d. h. gutheißen , kann ich solche Wahnideen nicht.
    Logisch. Aber heißt das nicht, dass du die Gläubigen beleidigst, indem du ihre Ansichten bloß tolerierst?
    Selbstverständlich. Doch was soll man dagegen tun? Wahrscheinlich werden einige Gläubige unsere Gespräche in diesem Buch als eine einzigartige, große Beleidigung empfinden. Heißt das, dass wir deshalb besser schweigen sollten, dass wir religiöse Fragen nicht mehr erörtern dürften? Sicherlich nicht! Beleidigtsein ist schließlich kein Argument! Das Problem ist doch: Wenn man in einer aufklärerischen, d. h. in einer möglichst klaren, nicht vernebelnden Weise über religiöse Sachverhalte spricht, sind viele Menschen automatisch beleidigt, da sie es einfach nicht ertragen können, dass man das »Heilige«, das »Unantastbare«, antastet, indem man es kritisch infrage stellt.
    Wie gehst du denn damit um, wenn man dir vorwirft, keinen Respekt vor den religiösen Gefühlen anderer zu haben?
    Wie du weißt, ist das in der Vergangenheit häufiger geschehen. Man hat mich als »militanten Atheisten«, als »Religionshasser«, mitunter sogar als »Judensau« bezeichnet. Interessanterweise haben sich diejenigen, die diese (und manchmal noch weit unflätigere) Worte benutzten, bitterlich über meinen »fehlenden Respekt« gegenüber den Gläubigen beschwert. Wahrscheinlich haben sich diese Leute noch nie Gedanken darüber gemacht, was das Wort »Respekt« eigentlich bedeutet.
    Was bedeutet es denn?
    Respekt, aus dem lateinischen »respectus«, was Zurückschauen, Rücksicht bedeutet, meint eine Form der Achtung und Ehrerbietung gegenüber einer anderen Person, ihren Handlungen oder Überzeugungen . Als Humanist habe ich natürlich gar keine Schwierigkeiten, auch sehr religiöse Menschen als Menschen zu respektieren. Meiner Meinung nach haben aber viele menschliche Handlungen und Überzeugungen keinen Respekt verdient! Dies gilt insbesondere für Überzeugungen, die sich per Gewalt (etwa durch Verhaftung oder Hinrichtung von Abtrünnigen und Andersdenkenden) einer kritischen Überprüfung entziehen. Auch meine ich, dass es falsch wäre, absurden Glaubensvorstellungen (wie der Idee, dass die Evolution von einem allmächtigen, allgütigen, allwissenden Schöpfer gesteuert wird) mit Achtung oder gar Ehrerbietung zu begegnen. Das verlangt nicht zuletzt der Respekt vor den Menschen, die in solchen Wahnideen gefangen

Weitere Kostenlose Bücher