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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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wenigstens Mitleid mit ihm haben angesichts des ihm drohenden Schicksals.
Die Reaktion, die dann kam, hatte er nicht erwartet: Mavis tobte vor Wut. Einen
Karton mit Haferflocken in der Hand schwenkend, schrie sie: «Du verdammter
Idiot... Glaub nicht, daß ich dir das einfach durchgehen lasse! Dich in ein
lebensgefährliches Abenteuer stürzen wie ein Schuljunge — wie konntest du nur
so leichtsinnig sein!» Er wich vorsichtshalber ein paar Schritte zurück.
    «Was soll ich denn deiner Meinung nach
jetzt tun?» fragte er geknickt.
    «Da fragst du noch! Die ganze
Geschichte aufklären, bevor es zu spät ist. Du sagst doch, du wüßtest, wie es
geschehen ist...»
    «Ich denke, daß ich es weiß...»
    «Du denkst?»
    «Ich brauche Beweise...»
    «Dann geh und such sie! Und zwar jetzt
gleich!»
    «Aber ich bin doch noch nicht einmal
angezogen!» Er war tatsächlich noch im Pyjama, hatte sich auch noch nicht
rasiert, und sein Schnurrbart sah aus wie eine abgenutzte Nagelbürste. «Und
außerdem — solche Dinge brauchen Zeit...»
    «Die hast du aber nicht! Oder? Ich war
eine Närrin, daß ich dir so schnell nachgegeben habe und wieder hierhergekommen
bin. Aber du hast mir leid getan, verstehst du? Und dann gehst du hin und
machst so was! Was hat es für einen Sinn, daß ich einen Brief von dir
weiterbefördere, wenn du tot bist? Und jetzt geh und zieh dich an und hör
endlich auf, von Beweisen zu faseln — finde sie! Möchtest du übrigens zum
Frühstück lieber Hafer-Crunchies oder Weizenflocken?»
     
     
     

Kapitel 28
     
    Nach seiner Rückkehr aus Ulster suchte
Dr. Morgan noch spätabends das gerichtsmedizinische Institut auf. Die
Angestellten waren zu dieser Zeit natürlich alle weg, aber das war ihm gerade
recht, er hatte guten Grund, eine Begegnung mit ihnen zu meiden, genauso wie er
guten Grund hatte, seine Rückkehr nach Hause möglichst lange hinauszuschieben.
Seine Sekretärin hatte ihm mittels eines Amputiermessers einen Zettel auf den
Schreibtisch geheftet, dem Zustand des Holzes nach zu urteilen, hatte sie dies
seit seiner Abreise jeden Abend getan.
     
    Charles,
     
    PRINGLE
    bevor
Du Dich den dringenden Briefen etc. in Deinem Posteingangskorb zuwendest — einschließlich
des Briefes vom Innenministerium mit dem Vermerk ‹Persönlich›, der wohl Deine
Kündigung enthalten dürfte (dritter Brief von oben) —, kümmere Dich bitte um
die alte Nervensäge. Er hat JEDEN TAG FÜNFMAL angerufen. Es handelt sich um den
Tod von Elizabeth Hurst (der Toten aus Griechenland — nähere Unterlagen im
Aktenschrank rechts). Er hat behauptet, Dich bei ihm zu melden sei dringender
als Dein Gespräch mit der Staatsanwaltschaft.
    Deine Frau hat ebenfalls angerufen. Sie
wollte wissen, ob Du noch bei mir lebst — ODER OB DU INZWISCHEN ZU SAMANTHA
GEZOGEN SEIST?
    WER ZUM TEUFEL IST SAMANTHA, CHARLES?
Ich habe mir ein neues Türschloß einbauen lassen. Falls Du also planst, bei mir
vorbeizukommen, ruf bitte vorher an. Außerdem habe ich um Versetzung in die
Hämatologie gebeten, und wehe, Du schreibst mir keine glänzende Empfehlung!
    Trish
     
    P.
S. Die Telefonnummer von Pringle findest Du in der Hurst-Akte.
     
    Es dürfte kaum überraschen, daß Dr.
Morgan es angesichts dieser Nachricht vorzog zu bleiben, wo er war, und seine
Post aufzuarbeiten, statt sich, an welchen Busen auch immer, zu flüchten. Früh
am nächsten Morgen rief er Mr. Pringle an, sie verabredeten ein Treffen.
     
    «Sie haben also neue Informationen, was
den Tod von Elizabeth Hurst angeht?» erkundigte er sich, nachdem Mr. Pringle
Platz genommen hatte. Das Telefon klingelte. «Entschuldigen Sie bitte einen
Moment. Ja...» Mr. Pringle versuchte höflich wegzuhören. Der Pathologe begann
auf einem Formular des Innenministeriums Fratzen zu zeichnen — eine
scheußlicher als die andere. «Zum letztenmal, ich war bei keiner von beiden!
Ich war in Belfast!» Er knallte den Hörer auf die Gabel, holte tief Luft und
fragte dann: «Wo waren wir doch gleich stehengeblieben?»
    Mr. Pringle legte dar, was er glaubte
herausgefunden zu haben. Die Akte mit Elizabeths Namen lag auf dem Tisch, doch
der Pathologe schlug sie nicht auf. Nachdenklich hörte er zu, nur ab und zu
einige der Fratzen mit ein paar Strichen ergänzend. «Das klingt alles ein
bißchen weit hergeholt, finde ich. Was wäre denn Ihrer Meinung nach das Motiv
gewesen?» Mr. Pringle hob zu neuen Erklärungen an. «Hm. Aber sehen Sie, das zu
beurteilen gehört nicht zu meinen Aufgaben. Damit

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