Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
Vom Netzwerk:
Adresse haben, das zweite Mal riefen sie an, um zu fragen, ob
er auch noch unter einer anderen Adresse zu erreichen sei.» Matthew hielt inne
und zog ein durchweichtes Stück Papier aus seiner Jackentasche. «Hier ist
übrigens die Adressenliste. Tut mir leid, aber ich bin in den Regen gekommen.»
    «Warte, ich hole dir schnell ein
Handtuch», sagte Mr. Pringle. Als er zurückkam, hatte sich Matthew seiner
nassen Kleidung entledigt und sie zum Trocknen vor die Heizung gehängt.
    «Verstehst du, was das bedeutet; ich
meine diese Frage, ob Gill noch eine andere Anschrift hinterlassen hätte?»
    «Gar nichts, unter Umständen»,
erwiderte Mr. Pringle vorsichtig. «Daß sie nicht zu Hause waren, muß doch
nichts bedeuten. Vielleicht besuchen sie Verwandte oder Bekannte.» Doch Matthew
schüttelte nur den Kopf.
    «Nein, so einfach wird es wohl nicht
sein, glaube ich. Während ich dort im Büro saß, habe ich nämlich noch etwas
erfahren. Heute vormittag sind zweimal Beamte dagewesen, um sich nach Gill zu
erkundigen, aber — und jetzt halt dich fest — völlig unabhängig voneinander.
Die beiden ersten waren mit den Ermittlungen im Zusammenhang mit Liz’ Tod
befaßt, aber die danach kamen aus einem ganz anderen Grund.»
    «Und aus welchem?» wollte Mr. Pringle
wissen. Matthew zuckte bedauernd mit den Achseln.
    «Tut mir leid, das weiß ich nicht. Die
Sekretärin machte zwar einen sehr pfiffigen Eindruck, aber sie konnte sich
nicht mehr erinnern. Trotzdem hat es sich alles in allem doch gelohnt, daß ich
selbst vorbeigegangen bin, auch wenn du die Teilnehmerliste jetzt wahrscheinlich
gar nicht mehr brauchen wirst.»
    «Laß uns keine voreiligen
Schlußfolgerungen ziehen», sagte Mr. Pringle. «Warten wir erst einmal ab, was
die Obduktion hier ergibt.»
    «Oh, gut, daß du davon sprichst; sie
ist für nächsten Montag angesetzt. Du bekommst wahrscheinlich noch eine
schriftliche Vorladung... Liebe Güte, bin ich hungrig. Was hat Charlotte
übrigens bei dir gewollt?» Mr. Pringle beschloß, sein Lammkotelett fürs erste
abzuschreiben und sich seinem Neffen zu widmen. Ob nun Gills Verschwinden der
Grund war oder die bevorstehende Obduktion — Matthew hatte offenbar das
dringende Bedürfnis zu reden. Es war, als sei ein Damm gebrochen. Zunächst
erzählte er von Charlotte. Er habe sie immer sehr anziehend gefunden, aber sei
ihrer nie sicher gewesen. «Sie ist eine so unglaubliche Schönheit, daß ich wie
geblendet war, aber später habe ich dann doch gemerkt, daß bei ihr alles nur
Oberfläche ist. Sie besitzt keine Tiefe, man kann sich nicht auf sie verlassen.
Liz war da ganz anders.»
    «Aber meinst du nicht, daß Charlotte
sich vielleicht geändert hat?»
    «Schon möglich. Es ist mir fast
peinlich, wie oft sie mich jetzt anruft. Wenn wir früher miteinander ausgingen,
dann mußte ich immer aufpassen, daß sich nicht irgendein anderer an sie
heranmachte. Jetzt sieht es fast so aus, als sei ich der einzige...» Er
schüttelte ungeduldig den Kopf.
    «Ich glaube, sie hat dich wirklich sehr
gern, Matthew», sagte Mr. Pringle.
    «Aber dann müßte sie doch begreifen,
daß ich innerlich immer noch wie... wie taub bin», rief Matthew. «Ich kann über
das, was geschehen ist, doch nicht so einfach hinweggehen... Ich brauche Zeit.
Liz war eine so großartige Person, weißt du. Sie ist für mich noch immer
gegenwärtig.» Mr. Pringle nickte und ließ ihn weitererzählen: wie er Liz bei
einem Segelwochenende kennengelernt und sich zu Anfang gar nicht an sie
herangetraut hätte. «Ich konnte mir gut vorstellen, daß bei einem Mädchen, das
so reich war wie Liz, jeder Mann, der sich ihr näherte, gleich schief angesehen
würde, ob er es nicht doch nur auf ihr Geld abgesehen hätte — das ist mir dann
ja auch passiert. Deswegen fand ich es so toll, als Liz sagte, daß sie ihr Geld
weggeben wolle. Wir hatten vor, es bis zu unserer Heirat geheimzuhalten, und am
Hochzeitstag wollten wir damit herausrücken und all den Miesmachern mit ihren
bösen Vermutungen den Wind aus den Segeln nehmen. Wir haben uns oft die
Gesichter der Leute ausgemalt, wenn sie kapierten, daß sie sich geirrt hatten.»
Mr. Pringle schämte sich. Wenn er ehrlich war, so mußte er zugeben, daß auch
ihm Matthews Motive in bezug auf Liz nicht so ganz geheuer gewesen waren. Nun
zeigte sich, daß er ihn offenbar falsch eingeschätzt hatte. Wie schön!
    «Ihr Tod kam so schnell und so
unerwartet», murmelte Matthew, «so ganz aus heiterem Himmel, das war das
Schlimmste

Weitere Kostenlose Bücher