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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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sah ihn über den
Schreibtisch hinweg ruhig an. Forderte er ihn womöglich auf, seine eigenen
Schlußfolgerungen zu ziehen? dachte Mr. Pringle.
    «Während meiner Zeit als Finanzbeamter
hatte ich des öfteren Gelegenheit, Männer wie Gill und Harper kennenzulernen»,
sagte Mr. Pringle. «Manche hatten wie Gill Betrügereien begangen, zwei oder
drei habe ich deswegen vor Gericht gebracht.» Er wartete auf ein Wort der
Anerkennung, aber der Beamte schwieg. «Bei Männern wie Harper stellte es sich
meistens heraus, daß sie die Übersicht über ihre finanziellen Angelegenheiten verloren
hatten. In der Regel der Fälle waren es sehr ehrgeizige Leute, die sich
finanziell übernommen hatten. Einigen von ihnen hätte ich schon zugetraut, daß
sie im Notfall auch zu Gewalt greifen würden, aber ich habe zum Glück nie
erlebt, daß es so weit gekommen ist.»
    «Wir bei der Polizei», unterbrach ihn
der Beamte, «halten uns, wie Sie wissen, an die Fakten. Falls wir Mr. Harpers
habhaft werden sollten, wäre ich sehr überrascht, wenn sich herausstellen
sollte, daß er Miss Hurst derartig in Schrecken versetzt hat...»
    «So daß wir also wieder bei Gill
angelangt sind?»
    «Vorausgesetzt, daß Charlotte Fairchild
die Wahrheit gesagt hat. Und im übrigen, wie ich schon sagte, wir setzen unsere
Ermittlungen fort.»
    Der Beamte war aufgestanden, um Mr.
Pringle anzudeuten daß das Gespräch beendet sei, doch diesem ging der Satz des
Beamten nicht aus dem Kopf: «Vorausgesetzt, daß Charlotte Fairchild die
Wahrheit gesagt hat...» War Charlottes aufgelöster Zustand an dem Abend
wirklich darauf zurückzuführen, daß sie sich Gills hatte erwehren müssen? Durch
Elizabeths Tod war ein wesentliches Hindernis für ihre Verbindung mit Matthew
aus dem Weg geräumt worden, und Charlotte war nicht nur schön — sie war auch
durchtrainiert. Von Anfang an hatte ihm die Rolle, die Charlotte im Verhältnis
zwischen Matthew und Elizabeth gespielt hatte, Unbehagen eingeflößt; und auch
ihr Verhältnis zu ihrer Schwester Emma schien ihm merkwürdig. Auf der Heimfahrt
im Bus bezeichnete er sich jedoch als einen Trottel. Wie hätte Charlotte,
selbst wenn sie außer sich gewesen wäre, Elizabeth so erschrecken können, daß
diese sich in Panik über die Klippen gestürzt hätte? Daheim angekommen, blieb
ihm keine Zeit, über das Problem weiter nachzudenken; Mavis hatte während
seiner Abwesenheit Zugfahrkarten gekauft.
     
    Es wurde dann kein Wochenende—während
der Woche waren die Fahrkarten billiger doch ansonsten machten sie keinerlei
Abstriche. Mavis hatte sich von Mr. Pringles Begeisterung anstecken lassen und
war entzückt, daß er sie im Hotel als «Mr. und Mrs. Smith» angemeldet hatte.
«Aber vergiß es nicht, wenn du dich im Melderegister einträgst», schärfte er
ihr ein. Im entscheidenden Moment dachten sie jedoch beide nicht daran und
zeichneten zu Mr. Pringles Entsetzen als Pringle und Bignell, doch das war für
Mavis kein Grund, die Idee etwa fallenzulassen.
    «Ich werde ihnen erzählen, daß ich von
der Bühne abgetreten und Bignell mein Künstlername gewesen sei», erklärte sie
ihm, «und du bist ein exkommunizierter Priester, der lieber inkognito
auftritt.» Um den Reiz des Ganzen zu erhöhen, hatte sie sich ein schwarzes
Nachthemd gekauft. «Viel Spitze und sonst ganz durchsichtig», sagte sie und
zwinkerte ihm anzüglich zu.
    Es war kein richtiges Hotel, eher eine
Pension, aber das war ihnen egal. «Wir könnten vor dem Mittagessen noch einen
Spaziergang auf der Promenade machen, wenn du Lust hast», schlug sie vor. Ihre
Blicke kreuzten sich. Sie lächelte. Mr. Pringle wußte, daß es an ihm war, den
nächsten Schritt zu tun.
    «Wir könnten es aber auch wie die
Franzosen halten», sagte er, «und unser Mittagessen erst um eins einnehmen.»
    «Eigentlich bin ich auch ziemlich
müde...» sagte sie.
    Und so probierten sie das französische
Bett aus.
    Das Wetter blieb weiterhin sehr warm.
Er verbrachte viel Zeit am Strand, während Mavis teure Ausflüge in die
umliegenden Boutiquen unternahm. Zum Mittagessen gingen sie in verschiedene
Pubs und verglichen die angebotenen Menüs mit denen im Bricklayers. Sie
genossen den verrückten Unsinn in Prinny’s Brighton Pavilion. So richtig
lebendig wurden sie aber erst nachts.
    An ihrem letzten Morgen, glänzender
Stimmung, wenn auch mit etwas wackligen Knien, schlug Mr. Pringle vor, einen
Spaziergang zum Yachthafen hinaus zu machen. Oben an der Zufahrtsstraße blieben
sie stehen und

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