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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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seiner
     Opfer gemacht, und dann auch noch in Schwarzweiß?»
    «Vielleicht ist er ein Fotografie-Fan», sagte ich.
    «Genau!» Jacobsen beugte sich vor. «Willis Dexters Fingerabdrücke auf dem Filmbehälter zu hinterlassen, hat er bestimmt für
     einen cleveren Schritt gehalten, aber damit hat er mehr von sich preisgegeben, als er wollte. Diese Fotos sind keine schnellen
     Schnappschüsse, die er nebenbei gemacht hat. Laut Labor wurden sie bei schwachem Licht ohne Blitz aufgenommen, mit einem hochempfindlichen
     Film. Um unter diesen Umständen einen Abzug von einer solchen Qualität zu erhalten, benötigt man große fotografische Kenntnisse
     und eine sehr gute Kamera.»
    Ich erinnerte mich an die Kiste mit der alten Fotoausrüstung. «In seinem Haus wurde doch eine Kleinbildkamera gefunden, oder?»,
     fragte ich.
    |307| «Damit wurden die Fotos nicht gemacht», sagte Gardner. «Die Geräte sind seit Jahren nicht mehr benutzt worden, sie gehörten
     wahrscheinlich seinem Vater. Den Bildern im Haus nach zu urteilen, war York senior auch ein Amateurfotograf.»
    Ich musste an die ausgeblichenen Fotos auf der Anrichte denken. Irgendetwas hatte mich an ihnen gestört, aber ich wusste nicht
     was.
    «Ich verstehe trotzdem nicht, warum das so wichtig sein soll», räumte ich ein.
    «Weil die Fotografien für York mehr als nur Andenken sind. Ich glaube, sie könnten für das, was er tut, von zentraler Bedeutung
     sein», sagte Jacobsen. «Alles, was wir über ihn wissen, lässt darauf schließen, dass er vom Tod besessen ist. Sein Hintergrund,
     die Art, wie er die Leichen seiner Opfer behandelt, seine Fixierung auf einen forensischen Anthropologen wie Dr.   Lieberman. Nimmt man diese Fotografien von seinen Opfern im Moment des Todes hinzu, deutet alles in eine Richtung: York ist
     nekrophil.»
    Diese Feststellung entsetzte mich. «Hatten Sie nicht gesagt, es würde keine sexuelle Motivation geben?»
    «Die gibt es auch nicht. Die meisten Nekrophilen sind Männer mit einem geringen Selbstwertgefühl. Sie wollen einen Partner,
     der sich nicht wehrt, weil sie Angst vor Ablehnung haben. Das trifft auf York nicht zu. Er hat eher das Gefühl, dass die Gesellschaft
     ihn nicht genügend schätzt. Und ich bezweifle sehr, dass er sich von seinen Opfern sexuell angezogen fühlt, egal ob sie tot
     oder lebendig sind. Nein, ich glaube, er trägt Züge von Thanatophilie. Einer krankhaften Faszination vom Tod.»
    Die Sache wurde immer unangenehmer. Ich spürte die ersten Anzeichen von Kopfschmerzen hinter meinen Schläfen.
    |308| «Wenn das der Fall ist, warum fotografiert er seine Opfer dann, während er sie tötet, und nicht, wenn sie tot sind?»
    «Weil das nicht genügen würde. Abgesehen von der Nekrophilie ist York krankhaft narzisstisch, vergessen Sie das nicht. Er
     ist von sich selbst besessen. Die meisten Menschen haben Angst vor dem Tod, für jemanden wie ihn aber muss allein der Gedanke
     an sein Ende unerträglich sein. Er ist sein gesamtes Leben vom Tod umgeben gewesen. Jetzt wird er angetrieben von dem Bedürfnis,
     ihn zu
verstehen

    Jacobsen lehnte sich mit ernster Miene zurück.
    «Meiner Meinung nach ist das der Grund dafür, dass er tötet und seine Opfer fotografiert. Sein Ego kann den Gedanken nicht
     ertragen, dass er eines Tag selbst sterben wird. Also sucht er nach Antworten. Er versucht, auf seine Weise das Geheimnis
     von Leben und Tod zu finden, wenn Sie so wollen. Und er ist davon überzeugt, dass ihm alles klar werden wird, wenn ihm das
     definitive Foto gelingt und er den exakten Todesmoment auf Film gebannt hat.»
    «Das ist Wahnsinn», entfuhr es mir.
    «Ich glaube, geistige Gesundheit ist bei einem Serienmörder selten anzutreffen», bemerkte Gardner.
    Er hatte natürlich recht, aber das hatte ich nicht gemeint. Noch heute kann niemand genau sagen, wann genau das Leben endet.
     Ein Herz kann nach einem Stillstand wiederbelebt werden, und selbst ein Hirntod ist nicht immer endgültig. Offensichtlich
     glaubte York, dass er den tatsächlichen Todesmoment seiner Opfer auf Film bannen und etwas daraus lernen könnte. Dieser Gedanke
     verstörte mich auf eine Weise, die ich nicht beschreiben konnte.
    «Selbst wenn es ihm gelingen würde, was glaubt er damit zu erreichen?», fragte ich. «Eine Fotografie wird ihm gar nichts erklären.»
    |309| Jacobsen zuckte mit den Achseln. «Das spielt keine Rolle. Solange York daran glaubt, wird er es weiter versuchen. In seinen
     Augen verfolgt er ein höheres

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