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Leichenblässe

Titel: Leichenblässe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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seinen Augen, sah die Einsicht, die er verzweifelt zu verleugnen
     versuchte. Aber das konnten wir uns beide nicht mehr leisten.
    Ich war nicht Yorks Ziel. Ich war es nie gewesen.
    Ich war nur der Köder.

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    |323| KAPITEL 20
    Die folgende Nacht war eine der längsten meines Lebens. Während ich Gardner anrief, erkundigte sich Paul bei den restlichen
     Krankenhäusern der Gegend. Er muss gewusst haben, dass Sam in keinem von ihnen sein würde, aber die Alternative war zu schrecklich,
     um sich damit abzufinden. Solange es noch eine Möglichkeit gab, egal wie schwach, konnte er sich an die Hoffnung klammern,
     dass alles nur ein Irrtum war und seine Welt wieder zur Normalität zurückkehren würde.
    Aber das sollte nicht geschehen.
    Gardner traf in weniger als fünfundvierzig Minuten ein. Bis dahin waren bereits zwei TB I-Agenten da. Sie waren innerhalb von Minuten beim Haus erschienen, beide in schmuddliger Arbeiterkluft, als wären sie direkt von einer
     Baustelle gekommen. Da sie so schnell vor Ort waren, mussten sie sehr nahe gewesen sein, bestimmt als Mitglieder der verdeckten
     Überwachung, die mir versprochen worden war. Leider hatte sie wenig gebracht.
    Gardner und Jacobsen kamen ohne anzuklopfen ins Haus. Ihre Miene war mühsam beherrscht, seine angespannt und mürrisch. Er
     sprach kurz abseits und leise mit einem der Agenten und wandte sich dann an Paul.
    «Erzählen Sie mir, was geschehen ist.»
    Pauls Stimme bebte, als er es noch einmal berichtete.
    |324| «Gibt es Hinweise darauf, dass sich jemand gewaltsam Zutritt verschafft hat? Oder Spuren eines Kampfes?», fragte Gardner.
    Paul schüttelte nur den Kopf.
    Gardner schaute zu den Kaffeetassen auf dem Tisch. «Hat einer von Ihnen etwas angefasst?»
    «Ich habe Kaffee gemacht», sagte ich.
    Ich sah den Tadel in seinem Blick, dass ich nichts hätte anfassen dürfen, aber er bekam nicht die Gelegenheit, ihn auszusprechen.
    «Zur Hölle mit dem verfluchten Kaffee!», platzte es aus Paul hervor. «Was werden Sie jetzt tun? Dieser Scheißkerl hat meine
     Frau, und wir sitzen hier nur rum und reden.»
    «Wir werden alles tun, was wir können», sagte Gardner mit überraschender Geduld. «Wir haben jedes Polizeirevier und Sheriffbüro
     in East Tennessee beauftragt, nach dem Krankenwagen Ausschau zu halten.»
    «
Ausschau
halten? Was ist mit Straßensperren, um Himmels willen?»
    «Wir können nicht auf gut Glück jeden Krankenwagen anhalten. Und da er mehrere Stunden Vorsprung hat, ergeben Straßensperren
     keinen Sinn mehr. Er könnte mittlerweile schon über die Staatsgrenze nach North Carolina gelangt sein.»
    Pauls Wut versiegte. Er ließ sich mit aschfahlem Gesicht auf seinem Stuhl zurückfallen.
    «Vielleicht ist es unwichtig, aber der Krankenwagen hat mich auf einen Gedanken gebracht», sagte ich und wählte meine Worte
     vorsichtig. «Konnte man nicht auch auf dem Material von der Überwachungskamera einen sehen? Neben dem Münztelefon, von dem
     York Tom angerufen hat?»
    Er war nur als weißer Umriss im Vordergrund zu sehen |325| gewesen. Normalerweise hätte ich mir nicht viel dabei gedacht, und ich war mir selbst jetzt nicht sicher, ob es eine Bedeutung
     hatte. Aber ich wollte lieber eine unpassende Bemerkung machen, als den Mund zu halten und es später zu bereuen.
    Gardner schien meine Beobachtung nicht weiter zu interessieren. «Es ist ein Krankenhaus, da gibt es eben Krankenwagen.»
    «Vor der Notaufnahme vielleicht, aber nicht vor der Leichenhalle. Erst recht nicht vor dem Haupteingang. Leichen werden nicht
     mit einem Krankenwagen transportiert.»
    Er schwieg einen Augenblick, dann wandte er sich an Jacobsen. «Sagen Sie Megson, er soll sich darum kümmern. Und lassen Sie
     die Standfotos herschicken.» Als sie hinauseilte, wandte er sich wieder an Paul. «Okay, ich muss mit der Nachbarin sprechen.»
    «Ich komme mit.» Paul richtete sich auf.
    «Das ist nicht nötig.»
    «Ich will aber.»
    Ich konnte sehen, dass es Gardner nicht gefiel, aber er nickte. Dafür stieg er in meiner Wertschätzung.
    Ich blieb allein im Haus zurück. Die Erkenntnis, wie sehr wir an der Nase herumgeführt worden waren, lag mir wie Asche im
     Mund. Die noble Zustimmung, die ich Gardner gegeben hatte, mich als Lockvogel anzubieten, erschien mir jetzt nur noch wie
     Selbstüberschätzung.
Mein Gott, hältst
du dich für so wichtig?
Mir hätte klar sein müssen, dass York sich nicht mit mir abgeben würde, wenn es wesentlich verlockendere Ziele gab.
    Wie

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