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Leichenroulette - Roman

Leichenroulette - Roman

Titel: Leichenroulette - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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»Volksverblödung«, und meine Bildung lasse sowieso zu wünschen übrig. »Weißt du endlich, wann Cäsar ermordet worden ist? Und die Reihe der Herrscher aus dem Hause Habsburg? Kannst du sie aufsagen?«, stellte er mir seine Fangfragen, die ich hasste. Bald gingen wir beide zu Bett, wo sich mein Mann, wie immer, als Versager der Sonderklasse entpuppte. Meist schlief er, begleitet von starkem Schnarchen, sofort ein. Manchmal jedoch, so ein- bis zweimal im Monat, griff er nach mir. Öfter sei es ihm, wie er glaubte, mir umständlich erklären zu müssen, physisch leider nicht möglich. Er als Historiker wisse natürlich, dass Martin Luther zweimal Geschlechtsverkehr pro Woche empfohlen habe. Aber leider, leider!
    Auch diesmal küsste er mich, wobei seine schlechten Zähne einen üblen Atem verbreiteten, murmelte »Engelchen« und warf sich mit seinem beträchtlichen Übergewicht auf mich. Die mühsamen Turnübungen des »Ungustel« waren mehr als unangenehm. Auf jeden Fall ließ mich das alles kalt. Interessiert betrachtete ich seine blaßrosa Schultern, die, übersät von braunen Flecken und von Warzen, aus denen lange Haare wuchsen, ganz zu seinem übrigen Erscheinungsbild passten. »Hoppla«, dachte ich mir. »Könnten diese dunklen, verdächtigen Stellen nicht Muttermale sein? Solche, aus denen gefährliche Melanome entstehen?« Ich beschloss, mich zu informieren.
    Während Poldi bald der Schweiß von der Stirn tropfte, dachte ich daran, was am nächsten Tag alles zu erledigen und zu bezahlen sein würde. Da fiel es mir nicht schwer, ein paar Mal zu stöhnen, wie es die Höflichkeit erforderte, und dann war alles auch schon vorbei. Leopold zog sich auf die Toilette zurück, wo es dann laut plätscherte. Eine ähnliche Fülle kenne ich nur von Kühen, schoss es mir durch den Kopf. Wenn sie sich im Sommer auf der Weide erleichtern.
    Dann sinnierte ich weiter: Vielleicht sollte ich dem sexuellen Unfug ein für alle Mal ein Ende bereiten, ganz in der Art, wie es schon einst meine Großmutter tat? Diese hatte sich nach der Geburt ihres dritten Kindes energisch und für alle Zukunft die Avancen ihres Mannes verbeten. »Meine Pflicht habe ich getan. Für deine typisch männlichen, auf jeden Fall perversen Gelüste stehe ich nicht länger zur Verfügung«, teilte sie ihm, wie sie mir in einem vertraulichen Moment enthüllt hatte, dezidiert mit. Großzügig, wie sie war, zweigte sie dann, seufzend ob der unnützen Ausgabe, einmal im Monat einen Betrag von ihrem Haushaltsgeld ab, mit dem der Großvater eine Prostituierte aufsuchen durfte. Ob in unserer sexbesessenen Zeit derartige Maßnahmen überhaupt noch möglich sind?, überlegte ich verunsichert. So können viele Frauen an die fünfzig – die Jungen denken ja ganz anders – auch heutzutage nur schweigen und leiden. – »Und er gibt noch immer ka Ruh!«, hatten mir nicht nur meine Vertraute Mizzi, sondern auch einige andere weibliche Bekannte meines Alters zu wiederholten Malen verstohlen gebeichtet.
    Der Sache mit Poldis dunklen Hautflecken ging ich mithilfe eines medizinischen Lexikons, das wir in un serer Wohnzimmerwand aufbewahrten, auf den Grund. Dort las ich: »Der Schwarze Hautkrebs oder malignes Melanom ist der bösartigste Hauttumor und eines der gefährlichsten Karzinome überhaupt. Sechzig Prozent aller Melanome entwickeln sich aus einem bestehenden Muttermal, die Zahl der Erkrankungen hat in den letzten zwanzig Jahren um fünfzig Prozent zugenommen. Männer erkranken durchschnittlich im Alter von dreiundsechzig Jahren – Tendenz sinkend, das heißt, immer jüngere werden davon befallen.« Das klang gar nicht so schlecht, sehr vielversprechend sogar, fand ich, nachdem ich auch die Risikofaktoren – erhöhte UV -Belastung, hohe Anzahl von Sonnenbränden – in Betracht gezogen und folgerichtig überlegt hatte, ob wir vielleicht öfter in den Süden fahren sollten. Ein Urlaub in Australien mit seiner extrem hohen UV -Bestrahlung wäre natürlich toll gewesen, sprengte aber leider bei Weitem den Rahmen unseres Budgets.
    Doch wo ein Wille ist, ist oft auch ein Weg. Ich würde dem zur Blässe neigenden Poldi einfach zum Besuch eines Bräunungsstudios raten. Oder noch besser – er würde von mir ein Abo mit zehn Behandlungen als Weihnachtsgeschenk bekommen! Das war die ideale Lösung. Mit Verlängerungsmöglichkeit! Einen Versuch war es wert.
    Eines Tages, ich weiß nicht mehr aus welchem Anlass, gestand mir Mizzi, dass sie, um den Frust des

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