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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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gerichtet.
    »Ermordet?«, flüsterte Annie schließlich. »Aber das ist doch nicht möglich.«
    Noahs gebräuntes Gesicht wurde hart. »Es stimmt aber.«
    »Laura ist doch nicht tot!«
    »Doch, ist sie«, sagte Noah und sah ihr endlich in die Augen. Dann riss er Annie an sich. »Ich wusste nur nicht, wie ich es dir sagen sollte.«

8
Süßes oder Saures?
    Annie schwankte. Ich bugsierte sie auf einen Stuhl, während ein fluchender Noah Carmen zur Tür hinausschob. Dann kniete er neben Annie und tätschelte ihre schlaffe Hand.
    »Kommen Sie«, sagte ich. »Bringen wir Annie nach Hause.«
    Annies Hausärztin kam kurz danach, doch Annie starrte nur unentwegt auf den rosa Baldachin über ihrem Himmelbett. Ich hätte gar zu gern geholfen, doch solange Annie sich so zurückgezogen hatte, war ich machtlos. Dr. Cambal-Hayward, eine imposante Frau mit stahlgrauem Haar, einer römischen Nase und einem sehr bestimmten Auftreten, versicherte mir, dass Annie zäh sei. Ich merkte, dass Annie in guten Händen war, und führte einen seltsam passiven Noah nach unten.
    Wir setzten uns an den runden Tisch in Noahs gemütlicher Küche. Wieder und wieder fuhr er sich mit den zitternden Händen über seine silberne Mähne. »Ich hatte ja vor, es ihr zu sagen. Hatte mir schon alles zurechtgelegt.«
    Obwohl ich wütend auf ihn war, weil er es Annie verschwiegen hatte, konnte ich nicht anders, als Mitleid mit ihm zu empfinden. Ich konnte nachvollziehen, wie schwierig es war, so etwas zu »sagen«. »Vielleicht hat ein Teil von Ihnen geglaubt, dass Laura gar nicht tot ist.«
    Er kniff die Augen zusammen. »Oh, das hab ich durchaus geglaubt. Hab sie ja selbst bei Vandermere gesehen.«
    »Das muss schrecklich für Sie gewesen sein.«
    »Schrecklich?« Noah fing an zu lachen. »Schrecklich?«
    Dr. Cambal-Hayward kam in die Küche. »Ich habe Annie ein starkes Beruhigungsmittel gegeben. Du bist ein alter Dummkopf, Noah.«
    Noah nickte. »Das hör ich nicht zum ersten Mal, Cath.«
    Die Ärztin gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Sei nicht so verbittert über dich selbst. Und über Laura.« Sie warf ein paar Pillen auf den Tisch. »So, und jetzt nimmst du eine von denen. Die anderen zwei hebst du für Annie auf. Das mein ich ernst. Nimm sie, oder …«
    »Oder was, du alter Drachen?«
    »Oder ich erzähle allen, dass du beim Poker betrügst.«
    »Das machst du nicht!«
    »Wetten?«
    Sie verließ das Haus durch den Seiteneingang, und die Gummisohlen ihrer Bequemschuhe quietschten auf den Steinplatten.
    »Die beste Pokerspielerin der Stadt.«
    Ein Lächeln huschte über Noahs Gesicht, dann bedeckte er es mit den Händen. »In der Nacht, als Laura starb, waren Daniel und ich bis fünf Uhr früh auf und haben uns von dieser Frau beim Poker über den Tisch ziehen lassen. Und da war Laura schon tot, Himmel noch mal, und ich wusste es nicht mal.«
    »Wie denn auch, Noah?«
    »Wir brauchen diese blöden Pillen nicht.« Er wollte sie wegwerfen.
    Ich ergriff seine Hand. »Vielleicht. Aber behalten Sie sie. Nur für den Fall.«
    Er senkte den Arm und zog dann ein Taschentuch aus der Hose, mit dem er sich über die Augen wischte. »Das war doch dieser gottverdammte Pinkham. Wenn ich ihn in die Hölle begleiten könnte, ich würd’s tun.«
    »Warum sind Sie so sicher, dass es Gary Pinkham war?«
    »Verzeihen Sie meine Ausdrucksweise, aber der ist ein unbedeutender Hurensohn. Hat sie ausgenutzt. Und jetzt ist er untergetaucht. Was wollen Sie denn noch? Ich mach Ihnen einen Tee.«
    Ich ließ ihn gewähren. »Erzählen Sie mir von Laura. Erzählen Sie mir, was in Ihnen vorgeht.«
    »Dass ich diesen Pinkham gern umbringen würde.«
    »Ich wollte das Gleiche mit dem Mann machen, der meinen Vater ermordet hat.«
    Er nickte, doch einen Moment später schüttelte er den Kopf. »So ein hübsches Ding, meine Laura. Ihre Mutter hat sie verdorben.«
    Vom Seiteneingang kamen Geräusche, dann ging die Tür auf. Noah erstarrte. Ein blonder Mann stand mit verschränkten Armen in der Tür.
    »Verschwinde aus meinem Haus«, zischte Noah.
    »Ich bin wegen Annie hier.«
    »Ist mir doch egal, weshalb du hier bist. Verschwinde. Oder ich werf dir den da an die Birne.« Noah schüttelte den Wasserkocher und verspritzte dabei siedend heiße Wassertropfen auf dem Tisch.
    »Nicht, Noah«, sagte ich.
    »Und Sie auch, Lady. Ich brauch keine blasierte Psychotante. Und meine Tochter auch nicht.«
    »Scheiß auf dich.« Der Mann wollte das Zimmer durchqueren. Noahs Gesicht lief

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