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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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puterrot an, und er hob erneut drohend den Wasserkocher.
    Ich hakte mich bei dem blonden Mann unter. »Nicht jetzt«, flüsterte ich und zog ihn aus der Küche.
    Dem Zufallen der Tür folgte ein lautes Krachen.
    »Wer sind Sie denn, dass Sie mich einfach mit rauszerren?«
    »Eine Freundin von Annie.«
    Der Mann atmete langsam und lange aus. »Und ich bin auch mit ihr befreundet.«
    »Das habe ich mir gedacht. Aber mit Noah offensichtlich nicht.«
    In seinen blauen Augen blitzte der Schalk. »Kann man so sagen, ja.«
    »Vielleicht hat er wegen Ihnen einen Anfall gekriegt.«
    Er grinste. »Keine schlechte Vorstellung.«
    »Annie ist ruhiggestellt, sie hätte also nicht mit Ihnen reden …«
    »Ich hätte bei ihr sitzen können.«
    »Sie möchte sicher nicht aufwachen und erfahren wollen, dass ihr Vater im Krankenhaus ist.«
    Er schob die Unterlippe vor. »Wir sind alle ganz schön durch den Wind wegen Laura. Verhalten uns nicht normal. Sind Sie mit ihr verwandt oder was?«
    Ich erklärte es ihm. »Und Sie sind …?«
    »Entschuldigung.« Er wischte sich die Hände an der Jeans ab und reichte mir die rechte. »Steve Sargent.«
    »Was Annie betrifft«, sagte ich. »Warum warten Sie nicht noch ein bisschen. Noah braucht Zeit.«
    »Und Annie braucht mich.«
    »Mag sein. Aber von ihrer Familie ist jetzt nur noch ihr Vater da. Und wie unfreundlich er auch sein mag, bezweifle ich doch, dass sie Ihnen dankbar sein wird, wenn Sie ihm etwas antun.«
    »Ihm etwas antun? Der alte Mistkerl hat gerade einen siedend heißen Wasserkocher nach uns geworfen!« Er vergrub die Hände in den Jeanstaschen. »Aber mit einem haben Sie recht. Annie will bestimmt nicht, dass er im Krankenhaus landet.«
    »Sobald man Pinkham gefunden hat, wissen wir mehr über Lauras Tod«, sagte ich.
    Sargent verdrehte die Augen. »Pinkham? Wir sehen uns.« Er ging über den Weg zu einem Pick-up, auf dem »Sargent Construction« stand – er hatte also eine Baufirma.
    »Warten Sie.« Ich folgte ihm eilig. »So, wie Sie gerade die Augen verdreht haben, können Sie nicht einfach weggehen.«
    Mit geschürzten Lippen nickte er. »Kann ich wohl.« Er legte die Hand auf den Türgriff.
    »Sie scheinen ja offensichtlich nicht zu glauben, dass Pinkham Laura getötet hat.«
    »Der ist ein Einfaltspinsel. Hat nicht alle Tassen im Schrank. Die haben sich den doch nur rausgepickt, weil niemand sich an den Typen rantraut, der Laura Beal wirklich hasste.«
    »Und das wäre …?«
    Er sprang in seinen Wagen. »Versuchen Sie es doch mal bei unserem geschätzten ehemaligen Kongressabgeordneten, Drew Jones.« Er zwinkerte mir zu und setzte dann zurück. Als er gerade davonfahren wollte, beugte er sich noch einmal aus dem Fenster.
    »Und nehmen Sie sich vor Noah in Acht. Sein Biss ist schlimmer als sein Gebell!«
    Drew Jones. Drew Jones. An drew Jones. Das war der Name, den Hank für den Mann benutzt hatte, den ich auf der Bangor Road aufgegabelt hatte, der mit dem Wolfshund, der das Messer in Laura Beals Bauch hatte stecken sehen. In einer so kleinen Stadt musste es sich um ein und denselben Mann handeln. Wenn dem so war, dann wettete ich, dass dieser Jones auch der Mädchenschwarm war, der Überflieger, der junge Mann auf dem Foto von Annies Schreibtisch. Und obendrein noch ein Kongressabgeordneter. Das hatte ich noch nicht gewusst. Aber da gab es noch eine andere Erinnerung, eine, die immer noch Katz und Maus mit mir spielte.
    Warum sollte Sargent Drew Jones beschuldigen, Laura Beal getötet zu haben?
    »Er hasste Laura.« Joy Sacco stand mit verschränkten Armen hinter dem Postschalter. Sie war nur zu bereit, mir Rede und Antwort zu stehen.
    »Ich kann’s ihm nicht verübeln«, sagte Joy. » Ich habe für Drew gestimmt.«
    »Aber …«
    Sie beugte sich über den Schalter. »Wissen Sie, vor zwei Jahren hat unsere linke Laura seine zweite Amtszeit im Kongress vereitelt.«
    »Wirklich.«
    »Wenn jemand Ihre Karrierepläne so durchkreuzen würde, wären Sie da nicht auch sauer? Ich dachte, sie hassen sich gegenseitig. Aber dann, das war komisch. Sie waren hier, vor einem Monat ungefähr. Es kam mir vor, als wären sie dicke Freunde. Stellen Sie sich das mal vor.«
    Anschließend wollte ich Hank vom Handy aus anrufen, musste mir aber sagen lassen, dass er »irgendwo draußen in Hancock« war.
    Noch mal von Anfang an. Ich hatte versucht, mehr über diesen Drew Jones herauszufinden. Hank hatte mich abblitzen lassen, doch Steve Sargent hatte ihn mir auf einem Silbertablett serviert.

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