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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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Sterns klein beigeben müssen, und sie hatte ihn zwei Monate später wieder verbannt. Die Ironie war, dass die Einschaltquoten des Senders in dieser Zeit nach oben geschnellt waren.
    Drew Jones tauchte in zahlreichen Artikeln über das Auto-haus und seine letzte Kandidatur für den Kongress auf.
    Penny stupste mich an, und ich warf ihr Spielzeug. Voller Freude sah ich zu, wie sie auf drei Beinen über den Strand fegte. Sie liebte das Landleben. Vielleicht fing auch ich an, es zu lieben.
    Da schau her. Drews Kampagne war gut gelaufen, bis Laura ihm wegen seiner, wie sie es nannte, »menschenverachtenden« Politik Knüppel zwischen die Beine geworfen hatte. Was auch immer sie damit meinte. Ihre Anschuldigungen waren stets vage und giftig. Die Überraschung kam dann in einem Artikel von letztem Oktober. Ich hatte angenommen, Drew habe das Rennen aufgrund von Lauras Einmischung verloren. Hatte er nicht. Tatsache war, dass er in den Umfragen weit vorn lag.
    Als ihre Anti-Jones-Rufe immer lauter wurden, war Drew aus dem Rennen ausgestiegen. In den folgenden Artikeln wurde Laura die Schuld gegeben, und in einem vernichtenden Leitartikel des Journal wurde sie förmlich auseinandergenommen. Doch in der einzigen echten Erklärung für seinen Rückzieher wurde Drew mit den Worten zitiert: »Ich habe erkannt, dass ich mich anderweitig orientieren muss.«
    Hallo? Vielleicht war mir etwas entgangen, aber nichts im Journal ließ darauf schließen, dass Drew etwas anderes als eine leidenschaftliche und engagierte Kampagne geführt hatte. Warum also hatte er aufgehört?
    Vielleicht lag es an der Trennung von seiner Frau. Ich legte einen Artikel beiseite und holte einen anderen über seine Heirat hervor. Er war mit einer gewissen Leticia Lee verheiratet. Ihr gehörte ein Geschäft in der Stadt, das Perceptions hieß. Der Name klang vertraut. Ah ja. Patsy Lee. Sie war in der Schule einen Jahrgang über mir gewesen.
    Komisch, aber das konnte ich nicht nachvollziehen. Ich kannte sie aus der Twirling-Mannschaft der siebten Klasse. Sie war unauffällig gewesen, farblos. Was hatte der lebhafte Drew in ihr gesehen, was er nicht in Annie gesehen hatte?
    Wenn man dem Foto auf Annies Schreibtisch glauben durfte, lag ihr immer noch viel an ihm.
    Wenn ich Patsy aufsuchte, konnte sie mir vielleicht einen Hinweis auf Drews Verbleib geben, da sich sonst niemand anzubieten schien.
    Das Telefon klingelte, und ich flitzte hinein, um dranzugehen.
    »Ach, Liebchen, wie geht’s dir denn?«
    »Veda! Mir geht’s großartig. Du fehlst mir.«
    »Du mir auch. Sehr sogar. Und bei dir ist …?«
    Ich zögerte eine Sekunde. »Alles in Ordnung. Alles bestens. Wo bist du?«
    »Auf dem Weg zu einer Konferenz in Albuquerque. Hast du von Maine genug?«
    »Nein. Ich erfahre so einiges.«
    »Nicht zu viel, hm? Wir brauchen dich hier zu Hause. Ah, mein Flug. Alles Gute.«
    »Dir auch.«
    Ich lächelte, als ich auflegte. Ja, auch ich brauchte mein Zuhause, wie Veda es nannte.
    Zu Hause. Boston. Allerdings fing ich an, mich auch in Winsworth fast zu Hause zu fühlen, und das irritierte mich.
    Ich raffte die Blätter zusammen, die ich mir ausgedruckt hatte. Eines glitt zu Boden, und ich beugte mich hinunter, um es aufzuheben. Huch. Die Gesellschaftsseite des Winsworth Journal. Hank und Laura waren über ein Jahr zusammen gewesen. Hier war ein kurzer Bericht darüber, wie sie auf einer großen Party erschienen, bei der Noel Paul Stookey Gitarre gespielt hatte.
    Hank hatte auf mich gewirkt, als sei er Laura zugetan, aber die Intimität ihrer Beziehung war mir nicht bewusst gewesen. Für mich klang das ganz nach einer echten Romanze. Das gefiel mir nicht besonders. Überhaupt nicht. Genauso wenig wie die Tatsache, dass er es mir nicht gesagt hatte.
    Ich wollte verdammt sein, wenn ich auf ihn wartete.
    Der Tag blieb kühl. Ich packte den Finger in der Tupperdose in einen Styroporbehälter, den ich mit Eis füllte. Dann stellte ich ihn in meinen Truck. Nicht gerade toll, mit dem amputierten Finger eines Kindes durch die Gegend zu fahren. Also versuchte ich, nicht daran zu denken.
    »Wo zum Teufel steckst du, Penny?!«
    Sie sprang aus dem Wasser, ihr Spielzeug zwischen den Zähnen. Natürlich grinste sie. Ich lud meinen tropfnassen Hund ins Auto, und los ging es.
    Mit offenen Fenstern fuhr ich in Rekordgeschwindigkeit in die Stadt. Pennys Fell wurde vom Fahrtwind zerzaust. Himmel, vielleicht würde jetzt mein vernebeltes Hirn einmal durchgepustet. Warum konnte ich Drew Jones

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