Leichenschrei
mit mir.«
Er lief die Treppe hinauf. »Niemals.«
Blind vor Wut sprang ich ins Auto und machte mich auf den Weg zu Drew Jones’ Camp. Zum Teufel mit alldem, dachte ich mir. Nichts lief, wie es sollte. Aber wenigstens konnte ich mich davon überzeugen, ob dieser geheimnisvolle Herr zu Hause war.
Die Nacht war pechschwarz und mondlos; die Straße nahezu unsichtbar. Ich hatte mich verfahren. Wie ich so den engen Serpentinen ins Nirgendwo folgte, wurde mein Frust noch von meiner Angst angestachelt. Was machte ich hier eigentlich, eine Frau aus der Großstadt, die hier auf unbekannten Landstraßen umherkurvte und dabei eine Mission verfolgte, die nur zu noch mehr Ärger führen würde? Im Rückspiegel nichts als Schwärze.
Penny, die mein Unbehagen spürte, stupste mir mit ihrer kalten Nase ins Gesicht.
Ich bog rechts ab, dann links, in der Erwartung, an einem bestimmten Punkt herauszukommen. Doch ich landete woanders. War ich überhaupt noch in Winsworth?
Abwechselnd blickte ich auf die Straße mit ihrer verblassten weißen Markierung und nach hinten, weil ich hoffte, dort etwas zu entdecken. Ein Auto. Scheinwerfer. Ein Geschäft. Was auch immer.
Mein Rückspiegel mit dem integrierten LED-Kompass zeigte mir, dass ich nach Norden fuhr, was ich gar nicht wollte. Ich wollte nach Osten, verdammt, nach Osten. Ich rieb mir die Augen, weil ich mich über meine eigene Unfähigkeit ärgerte.
In der Hoffnung, die Straße zurück in die Stadt zu finden, bog ich links ab. In dem Moment flammte hinter mir ein Licht auf.
Wieder starrte ich in den Spiegel. Immer noch war alles schwarz, aber da – war das nicht das Aufglimmen einer brennenden Zigarette? Hatte ich ein Feuerzeug oder ein Streichholz gesehen?
Verdammt. Jemand folgte mir – ohne Scheinwerfer – und war auch noch so dreist, sich eine Kippe anzuzünden. Die heiße Asche glühte in meinem Rückspiegel auf. Wie hypnotisiert sah ich zu.
Der Killer hatte geraucht, während er Lauras Todeskampf angesehen hatte, als sei es ein verdammter Film oder so etwas. Und der Fahrer hinter mir kannte diese Straßen bestimmt weit besser als ich, schließlich fuhr er ohne Licht. Er fuhr in der Tat sehr gut.
Da, eine Straßenlaterne. Ich war richtig abgebogen. Mein linker Fuß zuckte, ich wollte Gas geben. Aber ich wartete. Ich musste Geduld haben. Ganz ruhig, sagte ich mir. Ruhig. Penny jaulte. Ich hatte keine Angst. Schließlich hatte ich Penny bei mir, oder? Meine Hände auf dem Lenkrad waren schweißnass.
Oh ja. Der Kegel der Laterne kam näher. Ich fuhr schneller, aber nur ein bisschen. Jetzt. Und hinter mir … Nichts?
Ich ging vom Gas, bis ich fast kroch.
Kein Auto, nichts, gar nichts kam hinter mir.
Aber was hatte ich dann gesehen? Oder hatte ich mir alles nur eingebildet?
Doch in Gedanken sah ich immer noch das Pulsieren der Zigarette, sah sie aufglimmen und verlöschen, wie die Kohlen unter einem Blasebalg. Nein, er war da. Noch versteckte er sich. Aber er wartete auf mich. Ich spürte seine Geduld und bedauerte sie.
* * *
Ich kehrte in mein Cottage zurück. Meinem Ziel, Drew Jones zu finden, war ich kein bisschen näher gekommen.
Morgen ist Lauras Beerdigung, dachte ich, als ich gemütlich in meinem Bett lag. Keine schöne Aussicht, aber eine, die ich – leider – nur zu gut kannte.
Es ist keine schöne Vorstellung, mit dem Tod auf Du und Du zu stehen. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte ihn abschütteln. Aber das würde bedeuten, dass ich die Ermordung meines Vaters verdrängte. Unmöglich, den Schrecken dieses Todes zu vergessen.
Hatte Laura gewusst, dass sie schwanger war? Ich versuchte, mich in sie hineinzuversetzen, mit ihren Augen zu sehen und ihrem Herzen zu fühlen.
Sie hatte es gewusst. Und sie hatte es genossen.
Eine Brise wehte vom Meer durchs offene Fenster herein. Fischgeruch und die Vorfreude auf ein Vergnügen ließen mich an meinen Dad denken. Es hatte uns so viel Spaß gemacht, mit unserer Blue Jay in den großen und kleinen Buchten zu segeln. Immer hatte er Geschichten zu erzählen gehabt, die mich faszinierten. Winsworth war solch ein einladender Ort gewesen, als wir hier lebten. Dad hatte es so abwechslungsreich gemacht; jeder Tag war hell und klar.
Aber er hatte auch Dunkelheit und Chaos über mich gebracht, wie Glasscherben, die die Landschaft übersäten.
Dad war kein perfekter Mensch gewesen. Ich liebte ihn wie verrückt.
Mein gegenwärtiges Versteckspiel war mir zunehmend verhasst. Emma Blake war in alldem
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