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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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konnte ich mir vorstellen.
    Was übersah ich dann?
    »Tally?«, sagte Hank.
    »War da noch etwas anderes?«, fragte ich.
    Er führte mich ein Dutzend Schritte von dem schwarzen Stein weg und deutete auf einen kleinen Felsbrocken. Dahinter lag Garys Asthmaspray.
    »Gary muss sich auf den Stein gelegt haben«, sagte Hank. »Dann hat er das Spray weggeworfen und den Anfall herbeigeführt.«
    »Ist das nicht etwas weit hergeholt, Hank?«
    »Das dachten wir alle zuerst auch, bis die Wanderer zugegeben haben, dass Gary noch lebte, als sie ihn fanden.«
    »Er lebte noch?«
    »Er lag auf dem Stein und war am Ersticken, als sie ihn entdeckten«, sagte Hank. »Sie haben es mit Mund-zu-Mund-Beatmung versucht, haben ihm sogar auf die Brust gehauen, wie man das in Emergency Room sieht. Sie wussten nichts von dem Asthmaspray, und zu diesem Zeitpunkt konnte Gary nicht mehr reden. Ich vermute, sie hatten keinen blassen Schimmer, was sie taten.«
    »Hat er nicht darauf gezeigt?«, sagte ich. »Oder versucht aufzustehen? Etwas zu tun? «
    »Er hat fast sofort, als sie eingetroffen waren, das Bewusstsein verloren. So stellen sie es zumindest dar. Die ganze Sache hat ihnen ziemlich zugesetzt. Niemand war in der Nähe. Und dann so zwei Naturverbundene ohne Handy. Wir haben sie überprüft. Es handelt sich um ein junges, verheiratetes Paar aus Vermont. Haben gerade ein Camp ein Stück weiter unten am See gekauft. Echte Wanderfreaks und so.«
    »Seine Kleidung ist aber sehr ordentlich für jemanden, der erstickt ist.«
    Hank schüttelte den Kopf. »Die Frau hat ihn zurechtgemacht. Dachte wohl, er braucht das.«
    So viel zum Tod ohne Zeugen. Ich holte meine Digitalkamera aus der Tasche und fing an, Fotos zu machen.
    Ich nahm die Umgebung ein paarmal im Weitwinkel auf, machte dann einige Nahaufnahmen von Garys Leiche und zoomte schließlich ganz nah an sein Gesicht. Während der Auslöser klickte, wurde Garys Gesicht zu dem eines alten Freundes, einem, der ermordet worden war. Ich senkte den Apparat.
    »Fertig?«, fragte Chip.
    »Ich … Ja, ich hab alles.«
    Chip und sein Assistent begannen, den Leichnam einzupacken. Als sie den Reißverschluss zuzogen, war auch dieses Geräusch für mich ein Déjà-vu.
    Hank und ich lehnten uns an einen großen Felsen und sahen zu, wie Chip und Mo Testa Gary Pinkhams verpackte sterbliche Reste den Pfad hinaufschleppten, der für eine Trage zu steil und zu steinig gewesen wäre. Chips Assistent erledigte den Großteil der Plackerei.
    »Gary hat uns eine Mitteilung hinterlassen.« Hank reichte mir ein Blatt Papier. Sein Blick folgte Garys Überresten, die über den Bergkamm gehievt wurden. »Das ist eine Abschrift, die ich gemacht habe.«
    Vor einer Woche habe ich Laura umgebracht. Ich gehe zum Teufel, weil er mir befohlen hat, sie und unser Kind zu töten, und das habe ich auch getan. Jetzt bringe ich mich um. Ich habe es sehr schmerzhaft für mich gemacht, genau wie für sie. Gott, bitte vergib mir, ja?
    »Gary hat unterschrieben«, sagte Hank. »Einige Papiere aus seinem Auto waren identisch. Genau wie sein Führerschein.«
    »Der Teufel, so, so.« Ich konnte den Spott in meiner Stimme nicht unterdrücken. »Das erklärt ja alles. Wie nett.«
    Hank kratzte sich mit der verletzten Hand am Schnurrbart. »Dottie war anfangs skeptisch. Genau wie ich. Insbesondere, weil der Teufel ihm befohlen haben soll, Laura zu töten. Aber wir haben die jungen Leutchen als Zeugen seines Todes, die identische Unterschrift und die Sache mit Tish.«
    »Garys verstorbene Frau. Will Saccos Tochter, stimmt’s?«
    »Genau. Tish war ein Schatz. Jeder mochte sie. Hat im Krankenhaus gearbeitet, und, na ja, es heißt, sie hätte nicht genug aufgepasst. Hat sich mit Aids infiziert. ’ne große Sache hier in der Stadt, das können Sie sich vorstellen. ’ne Menge Leute hat sich aufgeregt und es mit der Angst bekommen.«
    »Wissen Sie, wie selten es vorkommt, dass man sich auf diesem Weg infiziert?«, sagte ich.
    »Oh ja. Aber so haben es Will und Gary beide dargestellt. Unmöglich, die Wahrheit zu erfahren. Jetzt nicht mehr. Aber Gary hatte das Virus nicht. Hat sich testen lassen und großen Wert darauf gelegt, es so ziemlich jedem unter die Nase zu reiben. Will hat Tishs Tod sehr getroffen. Gary noch mehr. Sie waren seit der Kindheit ein Paar. Was der Kummer so aus den Menschen macht.«
    Als ob ich das nicht wüsste. Ich stellte mir vor, wie Gary gewürgt und nach Luft gerungen hatte, wie er seine Meinung geändert hatte, es ihm

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