Leichenschrei
dafür geschaffen, Einbrecher zu spielen, wirklich nicht.
Als ich mit dem Schreibtisch fertig war, ging ich zum Aktenschrank über. Ich ließ den Lichtkegel über die beschrifteten Aktendeckel gleiten. Noch mehr Rechnungen, Howard Stern Show, Bewertungen, Mitarbeiter. Alles schien mit dem Sender zu tun zu haben, und mir blieb nicht die Zeit, alles zu fotografieren.
Ich machte den Wandschrank auf. Er war bis oben hin vollgestopft mit Kleidung. Ich vermutete, dass sie sich oft im Sender umgezogen hatte. Ich versuchte, mich in Laura hineinzuversetzen. Wenn ich an ihrer Stelle etwas zu verbergen gehabt hätte, wo hätte ich es hingetan? Ich fuhr mit den Händen zwischen die Pullover, die sich in einem Fach stapelten. Nichts.
Ich schloss den Schrank und untersuchte dann das Bad. Ich ging die Zeitschriften auf dem Boden durch, machte ihr Schminktäschchen auf, sah in Medizinfläschchen und entdeckte die Schachtel mit ihrem Diaphragma im Medizinschrank. Es sah denkbar unbenutzt aus, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es Lauras Wahl in Sachen Verhütung war. Hm. Ein Mann würde das Ding natürlich nicht in die Hand nehmen. Ich machte den Deckel auf und zog das Diaphragma heraus.
Treffer! Sie hatte ein Paar Ohrringe mit Mondsteinen darunter versteckt. Ziemlich clever. Hatten die Ohrringe eine besondere Bedeutung, oder hatte sie den Schmuck nur diebstahlsicher aufbewahren wollen?
Ich lehnte mich gegen das Waschbecken und sah mich im ganzen Bad um. Parfum, ein Gesteck aus Trockenblumen, ein Korb mit Deckel. Ich durchsuchte alles, fand aber nichts. In dem kleinen Wäscheschrank befanden sich Handtücher, noch mehr Wässerchen und Cremes und eine Schachtel Tampons. Die Schachtel sah alt und abgenutzt aus, als hätte Laura sie häufig auf- und zugemacht. Das war sonderbar. Wir Mädels brauchen doch jeden Monat eine neue.
Ich zog den Deckel hoch. Bingo.
Ich kippte den Inhalt der Schachtel auf die Schreibunterlage und verteilte alles. Eine getrocknete Rose. Eine Kette aus Mondsteinen, die zu den Ohrringen passte. Zwei Drohbriefe wegen der Howard Stern Show. Huh. Einen davon hatte Will Sacco geschrieben. Unterlagen über Emerald Shores. Und einen Trennungsbrief, unterschrieben von … Ich hatte Schwierigkeiten, den Namen zu entziffern.
Schritte auf der Treppe.
Mist! Ich stopfte alles bis auf die Immobilienpapiere zurück in die Tamponschachtel. Die Papiere schob ich in meinen Bauchgurt.
Ein Schlüssel in der Tür. Ich schnappte die Schachtel und duckte mich unter den Schreibtisch.
Endlich wusste ich, was damit gemeint war, wenn einem der kalte Schweiß ausbrach. Mit dem Unterschied, dass mir schrecklich heiß war.
Die Tür sprang auf. Die Lichter gingen an.
Ich biss mir so fest auf die Lippe, dass es schmerzte.
»He, Mann, ich hab dir doch gesagt, hier ist niemand.«
Ich kannte die Stimme nicht. Dann Schritte, eine Tür im Büro wurde geöffnet, dann noch eine. Der Wandschrank und das Bad.
»Was, hat mich der alte Beal etwa aus dem warmen Bett gescheucht, nur weil er meinte, er hätte im Vorbeifahren hier drin Licht gesehen?«
Foster.
»Du bist so ein Schleimscheißer«, sagte der andere. »Vielleicht ist das Lauras Geist.«
»Das ist nicht lustig, Mann.« Das Geräusch von reißendem Papier. »Hier ist das Schloss, das ich gekauft habe. Mach’s jetzt.«
»Verpiss dich, Mann. Du hast wohl vergessen, dass ich Winsworth’ bester DJ bin, was? Nur, weil dir dieser Haufen Müll bald gehören wird, heißt das noch lange nicht …«
»Das heißt, dass du bald deinen Job los bist, wenn du nicht den Handwerker spielst. Ich schaue so lange im Studio nach dem Rechten. Und pass bloß auf, dass du die Kombination nicht verlierst.«
Die Tür fiel ins Schloss. Dann heulte eine Bohrmaschine auf.
Ein Kombinationsschloss an der Tür. Außen an der Tür.
Na toll.
Ich saß zusammengekauert unter dem Schreibtisch und lauschte, wie der DJ das Türschloss auswechselte. Also Foster würde den Sender kaufen. Er hatte mich angelogen. Er konnte auch in Bezug auf Ethel gelogen und sie einfach gefeuert haben. Welchen Unsinn hatte er mir wohl noch aufgetischt?
Das Bohren hörte auf, dann Fußtritte, schwere Schritte, die nach unten gingen. Ich blieb noch endlose zehn Minuten sitzen.
Ich war schweißgebadet, als ich wieder herauskrabbelte. Meine Beine fühlten sich auch nicht gerade glücklich an, und etwas in meinem linken Knie knackste – eine alte Skiverletzung.
Ich hielt die Taschenlampe auf meine Uhr. Halb elf. Die Zeit
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