Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
immer fest in seiner Fassung. „Ihr habt gute Arbeit geleistet, wahrhaftig!“
Der Hammer hatte den Test bestanden. Nun waren wir gewappnet … waren wir das? Ich vertraute Rebekka mehr als jedem anderen, aber ich hatte meine Zweifel. Vlad war ebenso ein Drachenträger, ein Vampir, wie Rebekka, aber er war ein erfahrener Krieger. Vlad hatte zahllose Gefechte und Zweikämpfe ohne einen Kratzer überstanden. Er hatte so viel mehr Erfahrung als meine geliebte Rebekka. Und Vlad war von Natur aus hart, unbarmherzig, vielleicht grausam. Rebekka war zwar ein Vampir, aber sie hatte ein gutes Herz. Konnte sie wirklich gegen Vlad Draculea bestehen? Ihn sogar bezwingen? Es war ja nicht damit getan, ihn zu besiegen, sie würde ihn töten müssen. Und es musste sie selbst sein, die ihn umbrachte. Der Drache in ihr würde nicht zulassen, dass derjenige in Vlad ihren Körper besetzte. Jeder andere würde das neue Gefäß für den Drachen werden, unweigerlich.
Was mich aber am meisten ängstigte, war der Umstand, dass ich nichts tun konnte. Ich war nur ein normaler Mensch und absolut unterlegen. Schon als Mensch war mir Vlad ebenbürtig gewesen, zu der Zeit, als wir Seite an Seite gekämpft hatten. Seit mir die Franzosenkugel mein Knie zerschmettert hatte, war ich gehandicapt. Ich will nicht sagen, ich fühlte mich als Krüppel, doch war mir die Einschränkung durchaus bewusst. Der Schmerz im Bein erinnerte mich von Zeit zu Zeit daran. Ich verbarg meine Bedenken aber vor Rebekka. Sie trug die Last und es war nicht an mir, sie zu beschützen oder von ihrer Verantwortung abzuhalten.
Rebekka wickelte den Kriegshammer nicht wieder ein, sondern hängte ihn an ihren Sattel. Wir ritten bis zum Abend weiter. Noch drei oder vier Tagesritte, dann hätten wir unser Ziel erreicht. Burg Poenari. Je näher wir Vlads Festung kamen, desto unbehaglicher wurde mir. Rebekka zeigte keine Regung, die hätte erkennen lassen, dass sie zweifelte.
Im Gegenteil. Rebekka war fröhlich und ihre Augen funkelten, als freue sie sich auf die Konfrontation mit dem Gegner. Sie ritt neben mir, den Bogen und einen griffbereiten Pfeil vor sich auf dem Sattel, und erzählte von ihrer Jugend im Norden und ihrer Schwester, die ein Opfer von Georgios geworden war. Die Schatten waren schon lang und wir schauten uns nach einem Platz für ein Nachtlager um, als wir auf die Ruine eines Turmes trafen. Buschwerk stand auf einer Lichtung, mitten darin ein mehrere Stockwerke hoher Turm. Der obere Teil wirkte wie abgefressen, doch die unteren Mauern machten einen stabilen Eindruck. Wir stiegen ab und führten die Pferde an den Turm heran.
„Warte t!“ rief ich Rebekka zu. Auf dem Boden vor uns, im hohen Gras, lagen Steinplatten, die mit seltsamen Zeichen bedeckt waren. Sie wirkten arabisch und so, als hätte sie jemand wie ein Mosaik auf dem Platz vor dem Turm aus gelegt. Ich nahm meine Pistole zur Hand, denn unter den Steinplatten ragten Pflanzen hervor. Das bedeutete, dass die Platten erst vor Kurzem dort ausgelegt worden waren und ich befürchtete, dass wir hier nicht allein waren. Rebekka legte einen Pfeil auf die Sehne ihres Bogens und sah sich ebenfalls um. Vorsichtig erkundeten wir die Umgebung und das Innere des Turms. Drinnen fanden wir die Reste eines Lager und Brandspuren eines Lagerfeuers, aber keine Menschen. Der Fußboden im Turm zeigte uns, woher die Steinplatten stammten.
Sie hatten vorher offensichtlich als Bodenbelag gedient und irgendjemand hatte sie entfernt, ins Freie getragen und dort ausgelegt. Ich betrachtete mir die Platten erneut und dann die Abdrücke auf dem Sand im Inneren des Turms, auf dem die Platten einst gelegen hatten. Es sah so aus, als habe man die Platten zweitverwertet, wie es in ärmeren Gegenden allerorten üblich war. Auf meinem Gut hatten wir den Boden der Waschküche im Wirtschaftshaus mit den Platten einer alten Kapelle ausgelegt, die schon zu Zeiten meines Großvaters nach einem Blitzschlag abgebrannt war. Das hatten die Erbauer diese Turms anscheinend auch getan.
Nachdem wir alles gründlich durchsucht hatten und es sichtbar keine Gefahr durch Fremde gab, sattelten wir unsere Pferde ab und trugen unsere Sachen ins Innere des Turms. Das Gemäuer war wohl einmal ein Wachturm gewesen, der seine Bestimmung eingebüßt hatte und aufgegeben worden war. Wir schlugen unser Nachtlager im Untergeschoss zu ebener Erde auf. Zwar waren die oberen zwei Stockwerke noch in gutem Zustand, aber sollte doch eine Gefahr drohen, wäre es hier
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