Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Erzählung mit der Reise nach Montpellier, wo sie mit Michel de Notre-Dame zusammengetroffen war. Sie hatte ihn auf Rat des Freiherrn von Steinborn aufgesucht, denn der Gelehrte und Prophet kannte sich in den Mysterien aus und sollte ihr helfen, einen Ausweg aus der Misere zu finden, in der sie sich befand, zwischen Vampirdasein und Drachen. Nostradamus wusste um das Buch des Drachenordens, aber er kannte nicht dessen Inhalt. Das Buch war verschollen, seit Vlad der Erste, Woiwode der Walachei, es versteckt hatte. So waren sie aufgebrochen, dessen Nachfahren Vlad den Dritten aufzusuchen.
Vlad saß noch lange nachdem Rebekka geendet hatte schweigend da. Rascott, der sich der Gruppe angeschlossen hatte, weil er sich für Nostradamus‘ Person interessierte, stellte ihr die eine oder andere Frage, aber es schien, als würde ihn die doch wunderliche Geschichte nicht beunruhigen. Rascott hatte seine Familie durch die Pest verloren, als diese über England hinweggefegt war und er hatte von Nostradamus‘ Erfolgen bei der Bekämpfung der Krankheit erfahren und war aus diesem Grund nach Frankreich gereist.
Michel de Notre-Dame war auch ein berühmter Pestarzt und Rascott erhoffte sich Erkenntnisse, die ihn befähigen würden, selbst gegen diese heimtückische Krankheit angehen zu können. Nichts anderes schien für ihn von Interesse zu sein. Endlich erhob sich Vlad und richtete sich an Rebekka. „Meine Dame, Ihr seid also, was mein Großvater bekämpft hat, ein Drache. Ihr seid ein Vampir und Ihr seid unsterblich. Ich würde es nicht glauben, wenn ich es nicht mit meinen eigenen Augen gesehen hätte. Und ...“ Er fügte eine Pause ein, bevor er fortfuhr, „... Ihr habt mich belogen, was ...“
„Halt!“ Rebekkas Stimme klang hart. „Belogen habe ich Euch nicht! Das verbitte ich mir! Mag sein, dass ich Euch nicht die vollen Zusammenhänge geschildert habe, aber fragt Euch selbst: Hättet Ihr mir geglaubt?“ Vlad funkelte sie aus seinen dunklen Augen an und sein Schnurrbart zitterte. Sie hatte recht. Er hätte ihr kein Wort dieser fantastischen Geschichte abgenommen. Wahrscheinlich hätte er sie höflich aus seinem Domizil hinauskomplementiert, doch nur, weil sie vom Freiherrn von Steinborn begleitet wurde. Aber erfühlte sich betrogen, belogen und hinters Licht geführt. „Und bedenkt bitte auch“, fuhr Rebekka fort, „Bedenkt, dass ich Euer Leben gerettet habe. Meine Ohren sind schärfer als die jedes lebenden Menschen und ich hörte, wie die Türken, die uns angriffen, davon sprachen, dass sie es auf den Pfähler abgesehen hatten. Auf Euch, Vlad Tepes!“
„Ist das so? Dann schulde ich Euch Dank, das ist wahr ...“ Vlad ließ sich wieder am Feuer nieder. „Doch trotzdem ...“ „Nein, kein Trotzdem!“, mischte sich Freiherr von Steinborn ein. „Euer Großvater hat gewusst, was Georgios, Georg, Saint George oder wie Ihr ihn nennen wollt, gewesen ist und er hat erkannt, dass es nur einen Weg gab! Der Drache muss im Zaume gehalten werden, um welchen Preis auch immer, sonst ist es vorbei mit der ganzen Herrlichkeit. Vorbei mit der Walachei, mit Frankreich, England und der ganzen Alten Welt! Der Drache verbrennt alle und alles ohne Ansehen von Herkunft und Stand!
Er kennt nur den Tod und das wisst auch Ihr, Vlad, oder irre ich mich?“ Langsam nickte der Woiwode. Er wusste, dass von Steinborn recht hatte. Und doch war da dieses Gefühl in ihm … Widerwillig nur stimmte er dem Freiherrn zu. „Entschuldigt mein Aufbrausen, schreibt es meinem Temperament zu.“ Rebekka fühlte, dass dies nur ein Lippenbekenntnis war. Irgendetwas Dunkles lauerte in dem hochgewachsenen Mann. Etwas, das sie nicht ergründen konnte. Sie würde ihn im Auge behalten und vorsichtig sein. Im Osten schob sich ein silbriges Schimmern am Horizont hoch und der Morgen begann zu dämmern. So entschlossen sich die Reisenden, ihren Ritt fortzusetzen.
Die Pferde waren zum Glück ein Stück entfernt angebunden gewesen, sodass der Angriff sie nicht in die Flucht getrieben hatte. Sie brachen die Zelte ab und beluden die Tiere, schwangen sich in die Sättel und machten sich schweigend auf den Weg. Gegen Mittag würden sie auf Vlads Festung ankommen. Dort mochte man sich überlegen, wie das weitere Vorgehen aussehen sollte. Besonders Rebekka grübelte während des gesamten Weges darüber nach. Sie hatte das erste Blut getrunken und spürte, dass ihre Verwandlung abgeschlossen war. Vorerst hatte sie den Blutdurst gestillt, aber für wie lange, denn
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