Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Käuzchen schreien hören, irgendwo zu ihrer Linken scharrte ein Eichhörnchen Nüsse aus dem Boden. Und zu ihrer Rechten … was war das für ein Geräusch? Rebekka richtete sich auf. Da war etwas, das da nicht hingehörte. Ein Scharren von Füßen …
Sie streckte die Hand aus und rüttelte von Steinborn an der Schulter aus dem Schlaf. „Da kommt jemand … mehrere Männer mit Waffen!“ flüsterte sie. Sie hatte das Geräusch von Klingen vernommen, die aus ihren ledernen Scheiden gezogen worden waren. Noch waren die Männer, die da heranschlichen, nicht in Bogenreichweite. Rebekka fehlte die Übung, die Entfernung genauer einschätzen zu können, aber sie wusste, dass ihnen noch ein paar Minuten blieben. Von Steinborn griff sofort nach seinem Schwert und den Pistolen. Der geübte Soldat hatte nichts verlernt. Wie üblich hatten sie sich in ihrer Reitkleidung zur Ruhe gelegt und das war nun von Vorteil, brauchten sie sich doch nicht anzukleiden.
Rebekka schlug den Zelteingang auf und huschte hinaus, von Steinborn dicht hinter ihr. Hastig weckten sie die anderen. Rascott und Heinrich rappelten sich noch zusammen, Vlad Draculea und Michel de Notre-Dame waren fast sofort auf den Füßen. „Von wo?“, flüsterte Vlad von Steinborn zu. An seiner statt deutete Rebekka in die Richtung, aus der die Geräusche gekommen waren. „Dort. Noch zwei, vielleicht drei Minuten, bis sie hier sind.“
Der Woiwode spannte die Armbrust, die er mit sich führte und legte einen Bolzen auf die Sehne. Von Steinborn spannte seine Pistolen. Rebekka hielt ihre Dolche in den Fäusten. Gebückt erwartete sie den Angriff. „Vorsicht!“ Sie sprang an Vlads Seite und stieß den großen Mann so leicht beiseite, als wöge er nur ein paar Pfund. Sie hatte das Sirren des Pfeils gehört, kaum, dass er die Sehne des türkischen Bogens verlassen hatte. Der Pfeil verfehlte den Woiwoden und fand ein anderes Ziel. Heinrich, der eben aus dem Zelt stürzte, röchelte und fiel vornüber. Der Pfeil steckte in seiner Kehle. Von Steinborn stieß einen Fluch aus und sprang nach vorn.
Die Horde der Angreifer stürmte aus dem Dickicht auf die vom Mond beschienene Lichtung. Erst jetzt stieß der Vorderste einen Angriffsschrei aus. Von Steinborn legte seine Pistole auf ihn an und drückte ab. Der Schuss krachte und hallte im stillen Wald nach. Die Kugel fuhr dem Türken ins rechte Auge und fällte ihn wie einen Baum. Vlad Draculea hatte sich aufgerappelt und traf den zweiten Angreifer mit seiner Armbrust. Er ließ die nutzlos gewordene Waffe fallen und riss sein Schwert aus der Scheide. Immer mehr Türken brachen aus dem Wald hervor und mit der Stille war es vorbei. Ein wildes Gebrüll zerriss die Luft.
Die Türken hatten die Reisegruppe am späten Nachmittag bemerkt und Späher ausgeschickt, die mit der Botschaft zurückgekehrt waren, der verhasste Vlad, der Pfähler, sei bei der Gruppe. Es brauchte nicht mehr, um die Türken dazu zu bringen, sich die Reisegruppe als Ziel zu wählen. Die Aussicht, den Pfähler töten zu können, der so viele von ihnen getötet hatte und für ihre Niederlage verantwortlich war, war Antrieb genug. Sie waren mehr als dreißig und die Gruppe nur zu sechst, was sollte schon passieren? Rebekka hatte gewartet, bis der erste Türke in ihre Reichweite gekommen war. Ihre Klinge fand den Weg zur Kehle des Türken und sein Blut schoss aus dem aufgeschlitzten Hals. Sie wirbelte herum und fällte den nächsten Muselmann, der dicht hinter dem ersten gerannt kam.
Dann ein weiterer. Sie stieß ihm den Dolch mit der langen Klinge in die Brust. Der Stahl drang mühelos durch den Oberkörper des Mannes und verkeilte sich in dessen Wirbelsäule. Der Dolch wurde Rebekka aus der Hand gerissen. War sie bisher ruhig geblieben, so stieg nun die Wut in ihr auf. Sie rannte den Türken entgegen und ein roter Schleier legte sich vor ihre Augen. In rasender Wut sprang sie den nächsten Mann an und brach ihm mit einem schnellen Griff den Hals. Eine schnelle Drehung, ihr zweiter Dolch schlitzte dem angreifenden Mann das Gesicht auf, aber noch lebte er. Sein Blut spritzte in Rebekkas Gesicht und sie zuckte wie von einer Peitsche getroffen zusammen, ohne in ihrer Raserei innezuhalten.
Sie bewegte sich so schnell, dass man ihr kaum noch mit den Augen folgen konnte und schlug dem nächsten die Zähne in den Hals. Sie riss dem nächsten Türken die Brust auf, schlug einem weiteren Angreifer die Faust so heftig entgegen, dass ihm der Schädel halb abgerissen
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