Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
umkreiste sie, aber die Vampire reagierten nicht. Sie warteten. Und dann marschierten sie.
Wie ein Mann setzten sie sich in Bewegung. Halef sprang aus dem Weg. Die Vampire beachteten ihn nicht. Der Schakal rannte zurück zu seinem Gefährten. „Sie marschieren! Folgt mir!“, rief er dem Deutschen zu. Stabener hatte im Sattel gewartet. Er gab dem Tier die Sporen. Halef führte, er folgte. Die Vampire marschierten in lockerer Formation auf den Ort Navodari zu. Halef und Stabener waren kaum fünfzig Schritte hinter den Blutsaugern. Die Vampire strebten auf ein Haus zu, das in der Mitte des Dorfes stand. Aber sie betraten es nicht. Halef und Stabener hielten sich im Schatten der Häuser ringsum. Worauf warteten die Vampire? Der Regen fiel in dichten Tropfen und ein kalter Wind wehte vom Meer her. Der Geruch von Salz lag in der Luft.
Dann stürmten die Vampire auf einen unhörbaren Befehl hin los. Durch die Fenster und die Türen brachen sie so schnell, dass Halef und Stabener kaum reagieren konnten. Sie zogen ihre Waffen und fielen den Vampiren in den Rücken. Die Blutsauger kümmerten sich nicht um das, was da hinter ihnen vorging. Sie drängten vorwärts, kletterten übereinander, um in des Innere des Gebäudes vorzudringen. Schnell hatten sie fünf Vampire erlöst und ihnen die Kopfe abgetrennt. Dann rollte ihnen eine Welle von Blutsaugern entgegen.
Halef rettete Stabener, indem er sich vor ihn stellte und wie ein Rammbock die Flut von Untoten teilte. Seltsamerweise kämpften die Blutsauger nicht. Nicht einer hob sein Schwert oder seine Axt. Sie hätten Stabener aber über den Haufen gerannt, im wahrsten Sinn des Wortes. Halef Omar war stark genug, dem Ansturm standzuhalten. Die Vampire rempelten ihn an, stießen gegen ihn, prallten von ihm ab.
„Was zum Henker war das?“, fragte Stabener entgeistert und starrte hinter den Blutsaugern her. „Sie trugen eine Kiste. Einen Sarg. Sie wollten diesen Sarg und ich muss nicht Nostradamus sein, um mir vorstellen zu können, wer in diesem Sarg liegen mag.“
„Vlad Draculea.“
Stabener und Halef fuhren mit gezückten Schwertern herum. Hassan-i-Sabbah hob grüßend seine Hand. „Ihr vermutet richtig. In dem Sarg liegt der leblose Körper von Vlad Draculea. Halef Omar, ich grüße Euch! Euch ebenso, Karl Stabener. Und ich bedaure, dass mein Anteil an unserem Plan nicht wie verabredet gestaltet werden konnte.“ Stabener nickte Hassan zum Gruß kurz zu. Halef Omar trat zu dem Alten vom Berge in die halb eingestürzte Hütte. „Ihr seid allein?“
Hassan deutete mit bedauerndem Gesichtsausdruck in die Ecke. Dort lag der verdrehte Körper von Nazir. Der Hals des Assassinen war halb durchgebissen. Neben ihm lagen die toten Körper von vier Vampiren. Ihre reine Masse hatte ihn überwältigt.
„Freiherr von Steinborn und die Drachenfrau sind beim Boot. Eine Stunde später und wir wären mit dem Sarg auf dem Meer gewesen, unerreichbar für Vlads Vampire. Sie wären uns nie aufs Meer, aufs Wasser hinaus gefolgt. Sie hassen Wasser.“ Hassan macht eine einladende Geste und trat zur Seite, um Halef und Stabener einzulassen. Stabener konnte jetzt erst den Schnitt in I-Sabbahs Rücken sehen. „Müsst Ihr die Wunde nicht behandeln?“ Hasssan lächelte den Deutschen an. „Es wird in einer halben Stunde verheilt sein.“
Die Tür wurde geöffnet und alle drei Männer griffen zu ihren Waffen. „Ich grüße Euch, Halef Omar und Karl … Was ist passiert?“ Rebekka hatte das Loch in der Außenwand gesehen. Hassan berichtete so knapp es ging, was geschehen war. Die Vampirin hörte aufmerksam zu. „Dann haben wir noch drei oder vier Stunden.“
„Pardon, Madame?“, fragte Stabener . „Drei Stunden wofür?“ „Die Vampire werden ihren Meister zu einem sicheren Platz bringen, den Pflock aus seiner Brust ziehen und warten, bis ihr Meister erwacht. Er denkt für sie. Aber erst muss er heilen und Madame Rebekka nimmt zu Recht an, das dies drei bis vier Stunden in Anspruch nehmen wird. Dann müssen wir mit seinem Angriff rechnen. Vlad ist keiner von denen, die das, was wir taten, ungerächt lassen würden.“ „Wie sollen wir wissen, wohin die Vampire Vlads Sarg geschleppt haben?“, wollte Stabener wissen. Rebekka ließ sich auf die Bank neben dem Feuer sinken, das kaum gegen die Kälte anheizen konnte, die durch die eingedrückte Hauswand hereinkroch. Der stetig fallende Regen rauschte draußen herunter, als wolle er die Welt ersäufen.
Lange herrschte Stille. Es gab
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