Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Hassan geben sollte. Es sollte seine Legitimation und sein Schutz sein. Halef Omar schmerzten die Füße und der Schweiß stand ihm auf der Stirn, als er endlich vor den Toren Alamuts stand. Er hob die Faust, um an das Tor zu pochen, da knarrte es über ihm und eine dünne, aber herrische Stimme rief: „Was ist Euer Begehr?“
Halef Omar trat einen Schritt zurück und sah hoch. Im oberen Drittel des Tores hatte sich ein bronzenes Viereck geöffnet. Er schirmte die Augen mit der Hand gegen die gleißende Sonne ab, konnte aber niemanden erkennen. „Mein Name ist Halef Omar aus Konstantinopel und ich bin hier im Auftrag und auf Geheiß von Mohammed Sabessa Pascha, um eine Botschaft an den Mann namens Hassan zu überbringen.“
Einen Augenblick lang geschah nichts und Halef fragte sich, ob er den langen Weg umsonst gemacht haben mochte, dann erklang ein Rütteln und Kratzen und das mächtige Tor öffnete sich einen Spalt weit, gerade weit genug, dass ein schlanker Mann wie Halef hindurchschlüpfen konnte. Halef Omar zwängte sich ins Innere und erstarrte. Er blickte in die verschleierten Gesichter von einem guten Dutzend Krieger, die ihre Klingen auf ihn gerichtet hatten. Von weiter hinten erklang wieder die herrische Stimme.
„Ihr sagt, Ihr habt eine Botschaft für Hassan?“
Die Menge der Krieger teilte sich und ein schmaler, alter Mann trat auf Halef zu.
„Nun, dann richtet Eure Botschaft aus, ich bin Hassan-i-Sabbah.“
„Ich soll Euch den Gruß des Pascha ausrichten und Euch Folgendes sagen: Der Drache regt sich.“
Das Gesicht des Alten gefror. Eine gebieterische Geste und die Krieger zogen sich geräuschlos zurück. Der Alte trat so dicht an Halef Omar heran, dass der den leichten Duft von Rosenwasser wahrnehmen konnte, der den Alten umwehte.
„Ist er erwacht? Oder schläft er noch?“ Die Stimme des Alten war nur ein Flüstern.
„Das kann ich Euch nicht sagen, oh Weiser, aber ich habe dies für Euch ...“ Halef griff in seine Umhängetasche. Er konnte nicht sagen, woher der Mann kam, der ihm unvermittelt eine Klinge an den Hals hielt. Die Hand war von hinten gekommen, ohne dass Halef dort auch nur das Geringste bemerkt hatte. Er hätte geschworen, hinter ihm sei nichts und niemand. Der Mann schien aus dem Nichts gekommen zu sein.
Ganz langsam zog er das Kästchen hervor, das er von Mohammed Sabessa Pascha erhalten hatte. Er streckte die Hand mit dem Kästchen Hassan-i-Sabbah entgegen. Der Alte machte eine Bewegung mit den Augen und die Klinge löste sich von Halefs Hals. Der blickte sich um, aber der Leibwächter des Alten war fort wie ein Schatten im Licht.
„Eure Wächter verdienen Respekt!“
Der Alte lächelte. „Oh, ich habe viele Feinde und noch mehr Neider, da ist ein wenig Vorsicht durchaus angebracht.“ Der Alte streichelte das Kästchen, bevor er es öffnete. Langes sah er auf das, was in dem Kästchen aufbewahrt war, bevor er weitersprach. „Folgt mir, Halef Omar aus Konstantinopel. Ihr seid mein Gast! Ihr könnt Euch nun frei in den Mauern Alamuts bewegen!“
Halef Omar nahm sich trotzdem vor, immer wachsam zu bleiben. Er folgte dem Alten ins Innere der Festung. Die Räume waren schlicht eingerichtet, bis sie in ein Gelass kamen, in dem reich verzierte Teppiche Boden und Wände bedeckten. Niedrige Tische, wie die Beduinen sie benutzten, standen um eine ebenso niedrige Liege herum. Davor lagen Berge von Kissen und Decken. Auf dem Tisch häuften sich Schüsseln und Schalen mit Obst und Backwaren unterschiedlichster Art.
Der Alte bedeutete Halef, Platz zu nehmen und ließ sich selbst auf der Liege nieder. Trotz des offensichtlich hohen Alters bewegte der alte Mann sich erstaunlich geschmeidig.
„Nun, ich glaube nicht, dass Mohammed Sabessa Euch nur mit dem Gruß und der kurzen Nachricht den langen Weg hat machen lassen, mein Freund. Was habt ihr mir noch zu berichten?“
Halef Omar berichtete nun von seinen Erlebnissen in der Walachei und von dem verlassenen Turm und der Schrift, die er dort vorgefunden hatte. Hatte Hassan-i-Sabbah am Beginn von Halef Omars Schilderung noch entspannt auf der Liege gehockt und sich an den Trauben aus einer der Schalen bedient, so lauschte er immer gebannter, je weiter Halef mit seiner Geschichte kam. Schließlich sprang der Alte auf und gestikulierte mit den Armen.
„Das ist es, das ist es! Wie lange habe ich gewartet, wie lange? Nur Allah weiß um meine Qualen! Ich habe schon nicht mehr damit gerechnet, dass wir das Versteck noch finden,
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