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Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph G. Kretschmann
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der Gepfählten. Dieser Mann wollte, dass die Feinde bei der Nennung seines Namens zitterten.
    Anett raffte ihren Rock hoch und schritt weiter. Immer wieder rebellierte ihr Magen, obwohl schon lang nichts mehr in ihren Eingeweiden war, das sie hätte erbrechen können. Der Leichengestank war überwältigend, ekelerregend und alles durchdringend. Aber irgendwann musste sie am Ende dieses grotesken Waldes angelangen. Umdrehen kam nicht infrage und wer sagte ihr, dass sie nicht um die nächste Biegung des Weges das Ende der Chaussee des Todes sehen würde?
    Aber die Pfähle nahmen kein Ende. Anett starrte auf den Boden und versuchte vergeblich, den Gestank zu ignorieren. Schritt für Schritt, Fuß vor Fuß. Ihr Schatten wurde länger, während sie weiterging. Die Nacht dämmerte. Sie musste sich ein Lager suchen oder sollte sie die ganze Nacht weitergehen? Ihre Füße beantworteten die ungestellte Frage. Sie brauchte eine Pause. Anett konnte hinter den Pfahlreihen Bäume erkennen. Der Waldrand würde ihr zumindest einen Ansatz von Schutz bieten. Und sie würde die Leichen nicht sehen müssen.
    Anett schlug den Weg durch die Reihen der Pfähle ein, direkt auf den Waldessaum zu. Sie hielt den Blick gesenkt, starrte nur dahin, wo sie als Nächstes hintreten würde. Endlich veränderte sich der Boden. Sie war durch niedergetretenes Gras gegangen und nun lagen Kiefernzapfen und Nadeln dazwischen. Vor ihr ragten Fichten und Kiefern auf. Anett ging ein kleines Stück in den Wald hinein. An einer sandigen Stelle blieb sie stehen. Hier war eine gute Stelle für ein Lager. Sie ließ sich auf den Boden sinken.
    Sie konnte kaum mehr laufen. Aber erst musste sie ein Feuer machen, das die wilden Tier fernhalten würde. Sie suchte sich trockene Reiser zusammen und hatte nach kurzer Zeit ein kleines Feuer entzündet. Sie schob ihre Reisetasche als Kissen unter ihren Kopf und wickelte sich eng in ihren weiten Umhang. Trotz des nagenden Hungers und des immer noch in der Luft hängenden Leichengeruchs, der sich mit dem Duft von Kiefernharz mischte, war sie nach ein paar Atemzügen eingeschlafen. Der Tritt traf sie hart zwischen die Rippen. Anett de Facourt krümmte sich zusammen und versuchte sich fortzurollen.
    Ein weiterer Tritt traf sie, diesmal auf die Brust. Sie versuchte auf die Beine zu kommen, da traf sie ein brutaler Schlag ins Gesicht. Eine harte Männerstimme brüllte etwas in einer Sprache, die sie nicht verstand. Wieder ein Tritt, der sie am Kopf streifte. Ihre Augenbraue platzte auf und Blut lief ihr über das Gesicht. Die Männerstimme brüllte wieder etwas Unverständliches. Jemand riss ihr den Umhang von den Schultern. Im Schein des heruntergebrannten Lagerfeuers fiel ihr langes, blondes Haar aus der Kapuze und die Männerstimme erstarb. Anett drückte den blutigen Schleier beiseite, der sich vor ihre Augen schob. Jetzt nur nicht ohnmächtig werden!
    Ein grobes Lachen erschallte. Offenbar war der Mann belustigt über den Anblick der blutig geschlagenen Frau. Eine zweite Stimme sagte etwas in der gleichen, unverständlichen Sprache. Anett wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Es waren zwei Männer, der eine in feiner Kleidung aus Leinen und Leder, der andere etwas einfacher gekleidet. Beide trugen Schwerter in den Fäusten. Der mit der rostigen Stimme lachte wieder und schob sein Schwert in den Gürtel zurück. Anett hoffte, die Männer würden sie in Ruhe lassen, nun, da sie wussten, dass sie eine Frau war, als der Mann mit der tiefen Stimme begann, seinen Gürtel zu lösen und seine Hose aufzuknöpfen. Sie wusste, was er vorhatte. Es war Zeit zu handeln.
    Anett wartete, bis der Kerl seine Hosen in den Kniekehlen hatte. Er war bis auf zwei Schritte an sie herangetreten. Es läuft sich schlecht, wenn man die Hosen herunterlässt. Anett tastete unter ihrem Rock an ihrem Bein entlang. Dort trug sie ihr Stilett. Die schlanke, dreieckige Klinge war eineinhalb Fuß lang und nadelspitz. Anett wartete. Der Kerl stank sogar gegen den Leichengeruch an nach billigem Schnaps. Er trat nah an Anett heran, griff ihr in die Haare und drehte ihren Kopf in den Nacken. Mit der anderen Hand hielt er seinen Schwanz. Anett bewegte sich blitzschnell.
    Sie zog das Stilett aus der schmalen Scheide und stieß die Klinge senkrecht nach oben. Die Klinge durchstieß den Mundboden und die Zunge des Mannes, drang durch das Gaumendach und bohrte sich schräg von unten in sein Hirn. Fast sofort sackte er nach vorn. Sein Griff löste sich aus ihrem Haar.

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