Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Menschen, so schlief der Drache in ihm. Rascott beschloss, unsterblich zu werden. Er wollte Macht! Er war der Zweitgeborene eines englischen Lords. Nur der Zweitgeborene! Als sein Vater gestorben war, hatte der ältere Bruder alles bekommen. Das Geld, die Titel, den Familienbesitz. Ihm selbst war nichts geblieben.
Er hatte sich mit Diebstählen und kleinen Gaunereien über Wasser halten müssen. Konnte er mehr erniedrigt werden? Dabei war sein Bruder ein Trottel und nicht sehr intelligent. Er selbst hatte schon mit sechs Jahren lesen können, sein Bruder konnte es bis heute nicht fließend. Er, Alaister Rascott, hatte alles gelesen, was ihm vor die Augen gekommen war und er hatte die Bibliothek seines Vater oft tagelang nicht verlassen, hatte alles gelesen, religiöse Schriften, alchemistische Bücher, Erzählungen und Übersetzungen der alten Meister. Er war talentierter, schlauer und gerissener als sein Bruder, aber der war der Erstgeborene und das war alles, was zählte. So wurde der Idiot der Lord und er, das Talent, landete auf der Straße.
Dann waren ihm die entscheidenden Bücher in die Hände gefallen, die ihm die wahre Magie aufzeigten und wegen des Wissens, das in diesen Bücher gesteckt hatte, hatte er die Verfolgung aufgenommen. Er hatte die drei, die aus dem Haus geflohen waren, genau gesehen Die Frau war eine auffällige Erscheinung und der Freiherr war ein bekannter Mann und so war es nicht weiter schwer gewesen, die Spur der beiden aufzunehmen. Den dritten Mann konnte er nicht aufspüren, so sehr er sich auch bemühte. Er war dann den beiden anderen gefolgt, erst zur Küste, dann über den Ärmelkanal in die Niederlande und weiter bis nach Ostpreußen. Dann weiter bis nach Montpellier, wo er endlich mit den beiden zusammengetroffen war.
Es war ein Glücksfall, dass sie ihn aufgefordert hatten, sie zu begleiten. Er hatte bei Gesprächen unauffällig gezeigt, dass er eine Menge über Drachen wusste und sie hatten ihn in ihr Wissen eingeweiht. Die beiden schienen froh zu sein, jemanden gefunden zu haben, mit dem sie über diese Dinge sprechen konnten.
Auf Poenari war er dann Leopold von Segescin begegnet. Da hatte er seinen Plan umgeschrieben. Von Segescin hatte einen Drachen gefunden! Das war genug Anreiz für Rascott gewesen. Er hatte den labilen Kriegsherrn leicht beeinflussen können. Der Mann war nicht bei Sinnen. Rascott konnte nicht sagen, was ihn so sicher machte. Es war ein Gefühl, das ihm sagte, dass von Segescins Geist dabei war, in die Dunkelheit zu gleiten. Dieser vernarbte Kerl, Karl Stabener, der konnte ein Problem werden. Rascott war nicht der beste Kämpfer und er wusste das. Gegen den erfahrenen Krieger hätte er keine Chance. Nun, er würde auf den Vernarbten achtgeben müssen. Und er würde nicht zulassen, dass ihm jemand die Aussicht auf Unsterblichkeit nehmen würde. Dabei war die Unsterblichkeit nur eine Dreingabe auf das, was Rascott wirklich wollte. Es war die Unverwundbarkeit, auf die er aus war. Er hatte es in den Aufzeichnungen gelesen. Der Vampir, der Mensch, der ein Wirt für den Drachen war, konnte nicht getötet werden. Jede Verletzung würde fast sofort heilen. Dann konnte er alles tun!
Doch zuerst musste er sich zu dem Drachen bringen lassen. Er wusste genau, was er tun musste, wenn er vor dem Drachen stand. Es gab eine Zeitspanne zwischen dem Erwachen und dem Wachsein, die er nutzen musste. Der Drache benötigte Blut, um die Kontrolle zu erlangen. Wenn er noch nicht die ganze nötige Menge in sich aufgenommen hatte, dann würde der Drache sich noch nicht zur Gänze seiner Kräfte bedienen können. Dann war er verwundbar. Oder besser gesagt, der Wirtskörper konnte zerstört werden. Und genau diesen Moment musste Rascott abpassen.
Und so lange musste er weiterheucheln. Er musste diesem Verrückten von Segescin weiterhin vorgaukeln, dass er auf seiner Seite war. Er würde weiter sein Geplapper ertragen müssen, aber das war ein geringer Preis für das, was von Segescin für ihn bewirken würde. Unvorsichtigerweise hatte von Segescin ihm von einer magischen Hand erzählt, die er in einem Kloster aufgetrieben hatte, einer mumifizierten Hand, von der es hieß, sie wäre eine mächtige Waffe gegen Drachen. Rascott musste sich in den Besitz dieser Mumienhand bringen!
24. Kapitel
Halef Omar wartete, bis die Müdigkeit ihn übermannte. Kurz nach Mitternacht wurde er dann von einem der Schwarzgekleideten geweckt. Halef rieb sich den Schlaf aus den Augen und sah den Mann
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