Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
ein anderes Mittel gegen die Drachen zu finden und er hatte immer ein Auge auf den Orden und seine Aktivitäten gehabt. Er war sich nicht einmal sicher, ob der Drache überhaupt wiedererweckt werden konnte. Die einen sagten so, die anderen anders. Letztendlich gab es keine Gewissheit.
All sein Suchen nach einer brauchbaren Waffe gegen das Höllentier hatte ihn viel Zeit gekostet, doch gefunden hatte er nur zwei. Es sollte noch weitere Waffen geben wie eine Kriegskeule, deren Kopf aus dem Zahn eines Drachen gefertigt worden sein. Es war bekannt, wo die Waffe aufbewahrt wurde, doch hatte er keine Spur von ihr finden können. So konnte er nur hoffen, dass eine der beiden Waffen, die er besaß, den Drachen töten konnte. Hassan wandte sich von dem Anblick des Drachen ab und machte sich auf den Rückweg. Er hatte sichergehen wollen, dass sie vor dem Verräter in Zaris ankamen und das hatten sie geschafft. Hassan kannte die Geschwindigkeit der Wölfe. Sie mussten bald eintreffen. Oben in der Schmiede war es still. Hassan trat ins Freie und lauschte. Die Wölfe kamen! Sie würden ihn finden. Dann würden sie sich dem Verräter entgegenstellen.
28. Kapitel
Karl Stabener schmerzte jeder Knochen im Leib. Sie ritten jetzt den zweiten Tag und die zweite Nacht durch. Gegen Mitte der Nacht müssten sie in dem verfluchten Dorf ankommen, wo Leopold seinen Plan umsetzen wollte. Gestern hatten sie eine der Wachen verloren. Der Mann war unterwegs verreckt. Er war verwundet gewesen und der harte Ritt war zu viel für ihn gewesen. Sie hatten ihn losgeschnitten und einfach am Weg liegen lassen. Der alte Franzose machte Stabener Sorge. Der Alte hielt sich erstaunlich gut, aber er schwankte im Sattel und nickte immer wieder ein. In den letzten Stunden war der Mann immer mehr in sich zusammengesunken und hing mehr im Sattel, als dass er saß. Vornübergebeugt schwankte der Oberkörper des Franzmanns hin und her.
Stabener kannte die Geschichten, die man sich über den Propheten der französischen Königin erzählte. Ihm war nicht wohl in der Nähe dieses Kerls. Überhaupt war ihm diese ganze Unternehmung suspekt. Das Verhalten Leopold von Segescins wurde immer befremdlicher. Er redete ununterbrochen und kicherte dann minutenlang in sich hinein. Dann war da dieser Verräter Rascott, der seine eigenen Kameraden ins offene Messer hatte laufen lassen. Kein vertrauenerweckender Mensch. Stabener hasste Verräter abgrundtief. Sein Blick fiel auf den letzten der Gefangenen. Vlad Draculea ritt stumm und mit abweisender Miene hinter dem Franzosen.
Seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt und seine Beine an sein Reittier. Ohne Hilfe konnte der Mann nicht einmal aus dem Sattel steigen. Er war gefährlich! Jeder Soldat kannte den Ruf des Pfählers. Er war das Bollwerk gegen den Ansturm der Muslime. Es war nicht recht, dass von Segescin so mit ihm umsprang. War nicht auch Leopold damit zu einem Verräter geworden? Draculea war sein Ordensbruder. Wie konnte er dann ruhigen Gewissens die Diener des Woiwoden umbringen? Stabener grübelte, wie er sich verhalten sollte. Das Ganze war ihm zuwider und nicht recht geheuer.
Michel de Notre-Dame saß zusammengesunken im Sattel, aber er schlief nicht. Seit zwei Nächten versuchte der Prophet, einen Blick in die Zukunft zu werfen oder Kontakt mit irgendjemandem aufzunehmen, der ihnen helfen konnte. Nostradamus kannte die mystischen Geheimnisse der Kabbala und beherrschte die Kunst der Selbstversenkung, der Meditation. Er konnte sich von seinem Körper trennen und nur den Geist auf Reisen schicken. Es hatte lange Jahre gebraucht, bis er diese Technik so perfekt beherrschte, dass er praktisch immer und überall in Trance fallen konnte. Anfangs hatte er Hilfsmittel benutzt, die halfen, den Bewusstseinszustand zu erreichen, der es ihm erlaubte, sich aus unserer Welt zu entfernen.
Seltene Kräuter hatten den Übergang in eine andere Ebene der Existenz erleichtert, Gesänge halfen ebenfalls, aber je öfter Nostradamus sich in diesen Zustand versetzt hatte, desto leichter fiel ihm der Übergang von der einen Welt in die andere. Am Ende war es für ihn kaum noch ein Unterschied, ob er sich in der Menschenwelt aufhielt oder in einer anderen. Und genau das war der Punkt, an dem es gefährlich geworden war. Denn sein Körper blieb in der Menschenwelt. Egal, was sein Geist tat, der Körper war an diese Welt gebunden. Er musste essen und trinken, sonst würde er sterben, würde der dünne Faden zwischen Geist und
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