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Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph G. Kretschmann
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Körper zerreißen.
    Michel de Notre-Dame hatte keine Angst vor dem Tod. Er wusste, dass der Tod nicht das Ende der Dinge war, aber er hatte doch Furcht vor dem Sterben. Noch wollte er nicht abtreten und so hatte er sich wieder mehr auf das Hier und Jetzt eingelassen. Das war auch einer der Gründe, weshalb er mit von Steinborn gegangen war, als der ihn bat, dieser bezaubernden Vampirin zu helfen. Michel de Notre-Dame reiste nicht sonderlich gern, aber er liebte Rätsel und Geheimnisse, war er selbst doch beides für seine Mitmenschen. So war er denn mit dem Freiherrn, den er bei wissenschaftlichen Studien kennengelernt hatte und dessen Neugier er teilte, der Vampirfrau und dem scheinbar zufällig dazugestoßenen Rascott losgezogen, den Drachen zu bekämpfen.
    Es hatte einen Hauch von Romantik, wenn er daran dachte: Wie ein Ritter gegen Drachen kämpfen. Er, der Hellseher und Weltenwanderer, kannte die Sagen und Erzählungen von Drachen und hatte alle wissenschaftlichen und alchemistischen Schriften über dieses Thema studiert. Der Reiz, dabei zu sein, wenn es galt, gegen das tödlichste aller Ungeheuer anzugehen, war unwiderstehlich gewesen. Er hatte einfach mitmachen müssen. Dass ausgerechnet Rascott, der harmlos erscheinende Engländer, sie verraten hatte! Nostradamus konnte Menschen eigentlich gut einschätzen, doch dieser Mann hatte seine wahren Absichten so gut vor ihm verborgen, dass er bis zum Schluss arglos gewesen war.
    Er fragte sich, wie der Verräter das bewerkstelligt hatte, fand aber keine Antwort. Vielleicht beherrschte der Engländer eine Methode, seinen Geist vor ihm zu verschließen. Michel de Notre-Dame konnte den flammenden Geist von Vlad Draculea sehen und seine Gedanken hören, als spräche er sie laut aus. Der Woiwode war voller Wut auf von Segescin, der ihn betrogen und verraten hatte und er wollte Rache. Dann Leopold von Segescin. Er erschien fahlgrün vor Nostradamus‘ innerem Auge, ein Verwirrter, der kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, getrieben von einer irrealen Angst, die ihn in den Wahnsinn trieb. Daneben Rascott. Schwarz, leer, hohl. Die Wachen waren einfache Gemüter, deren Denken zwischen Fluchtgedanken und Todesangst hin- und herschwankte.
    Und hinter ihnen ritt von Segescins rechte Hand, Karl Stabener. Der Mann war von einem violetten Schein umgeben, flackernd, changierend zwischen Rot und Blau, unstet. Der Mann dachte seine eigenen Gedanken und diese waren voller Zweifel. Er war nicht nur ein Diener seines Herrn, er war ein Fragender. Und ein Zweifler. Er fragte sich, ob Leopold von Segescin noch er selbst war, noch Herr seiner Sinne. Und dann war da noch eine Präsenz … ein lichter, heller Geist, eine Entität, die nicht zu ihnen gehörte. Aber diese Entität wandte ihm den Rücken zu, so nahm er es wahr. Sie war da, aber sie sah ihn nicht. Nostradamus befreite sich völlig aus seinem Fleisch.

2 9. Kapitel
    Die Wolfsmenschen hatten dem Schakalköpfigen nur mit Mühe folgen können. Obwohl sie vier Beine hatten, war der Schakal schneller gewesen als sie. Er war auch der Erste, der das Dorf erreichte, in dem Hassan-i-Sabbah auf sie wartete. Halef Omar war kaum außer Atem, als er den Alten vom Berge in dessen menschlicher Gestalt erblickte. Der Alte stand vor einer verfallenen Hütte am Rand des armseligen Dorfs. Noch bevor er Hassan sehen konnte, hatte er ihn schon gerochen. Während er gelaufen war, hatte er sich langsam an die neuen, schärferen Sinne gewöhnen können, aber sie waren doch noch fremd für ihn. Das alles kam Halef so unwirklich vor wie ein Opiumtraum. Sein Aussehen ließ es angeraten scheinen, nicht offen durch das Dorf zu laufen.
    Halef hielt sich in den Schatten, bis er bei dem Alten angelangt war. Ein seltsam strenger Geruch lag in der Luft rund um die verfallene Hütte, vor der der Alte vom Berge auf ihn und die Wölfe wartete. Halef konnte diesen Geruch nicht identifizieren. Dergleichen hatte er nie zuvor gerochen. Es war, als mische sich ein süßes Parfum mit dem Geruch des Todes. „Hier bin ich!“, sagte er, als er vor Hassan stand, und kam sich gleich darauf unsagbar dumm vor. Als ob der andere das nicht selbst sehen könnte! Aber Hassan-i-Sabbah nickte nur und entbot ihm einen Gruß. „Ihr wart schnell! Meine Assassinen sind noch nicht angekommen.“
    Halef deutete auf den Waldrand. „Sie sind etwa eine habe Stunde hinter mir.“ Seine Stimme klang tiefer, gutturaler, kehlig und ungewohnt. Wieder nickte der Alte. „Ich habe nicht

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