Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
in deutscher Sprache: „Die junge Dame hatte sich im Gebüsch versteckt und ich kam nicht umhin, sie einzuladen, mir am Feuer Gesellschaft zu leisten.“ Dann wechselte ich ins Französische.
„Nehmt Platz, Madame, und erzählt uns, was Euch in tiefer Nacht zu uns treibt und weshalb Ihr so wenig standesgemäß gekleidet seid!“ Die junge Frau funkelte mich böse an. Wo eben noch Angst in ihren Zügen zu sehen gewesen war, sah ich nun Wut. Störrisch blieb sie stehen und wiederholte, was sie schon gesagt hatte: „Ich hatte keine bösen Absichten!“ „Nun, das mag der Wahrheit entsprechen oder auch nicht, aber Eure Aussage beantwortet nicht die Frage, Mademoiselle, die Euch mein Freund, der Freiherr von Steinborn, gestellt hat. Jetzt setzt Euch und gebt Antwort!“, raunzte Rebekka die Französin verärgert an. „Oder?“, sagte die junge Frau trotzig. „Was wollt Ihr tun?“ Rebekka bewegte sich so schnell, dass ich sie kaum wahrnehmen konnte.
Fast wirkte es so, als wäre sie an einem Platz verschwunden , um im selben Moment an anderer Stelle wieder aufzutauchen. Sie stand so dicht vor dem trotzigen französischen Mädchen, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. „Glaubt mir, wenn ich Euch versichere, dass Ihr das nicht wirklich wissen wollt, Mademoiselle, und nun – setzt Euch hin!“, fauchte sie und ihre Augen blitzten. Meine Gefangene wagte es nicht mehr, zu widersprechen. Gehorsam setzte sie sich neben dem Feuer auf den Boden, ihren Blick erschreckt auf Rebekka haltend. Sie ließ meine Vampirfreundin nicht aus den Augen. „Nun, wir warten ...“, forderte Rebekka die junge Frau auf. „Wer seid Ihr, was wolltet Ihr und weshalb tragt Ihr die Kleidung eines Mannes?
„ Mein Name ist Anett de Facourt“, begann die Gefragte dann leise zu erzählen. „Ich habe mich an Euch angeschlichen, das ist wahr, doch geschah dies nicht, um Euch zu schaden, versichere ich Euch! Es ist gefährlich, allein zu reisen und um wie viel mehr, wenn man eine Frau ist, das wisst Ihr sicher. Erst vorgestern wurde ich bei meinem Lager von Männern überfallen, die mein Lagerfeuer gesehen hatten und glaubten, ich sei ein hilfloses Opfer. Ich musste sie eines Besseren belehren und glaubt mir, dass mir dies kein Vergnügen bereitet hat! So beschloss ich, Männerkleidung zu tragen, denn so würde man mich nicht sofort für eine schutzlose Frau halten. Ich denke, ich bin nicht die erste Frau, die auf diesen Gedanken gekommen ist, Madame, nicht wahr?“
Rebekka trug die lederne Reisekleidung, in der sie wirklich nicht sofort als weiblich erkennbar war. Die junge Französin hatte durchaus recht. „Euer Lagerfeuer war es dann auch, was mich bewogen hat, nachzusehen, wer dort sein Nachtlager aufgeschlagen hat“, fuhr die junge Frau fort. „Ich wollte sichergehen, dass ich nicht wieder überfallen werde.“ „Nun, Madame de Facourt, ich hoffe, Ihr habt Euch überzeugen können, dass wir nicht danach trachten, Euch auszurauben“, sagte ich und entspannte den Hahn meiner Pistole. Ich hatte nicht den Eindruck, als ginge Gefahr von der Frau aus. „Eine letzte Frage noch, Madame.“ Rebekka hockte sich neben der Französin auf den Boden. Ich warf ein paar Scheite ins Feuer und nahm ebenfalls Platz. „Was ist der Grund für Eure Reise?“
Anett de Facourt schilderte uns die Umstände, die dazu geführt hatten, dass sie mutterseelenallein allein unterwegs war. Sie erzählte vom Tod ihres Vaters und der ihr angebotenen Stelle als Erzieherin. Sie schilderte den Überfall durch die beiden Wegelagerer in der ersten Nacht ihrer Reise und dem Wald aus gepfählten Türken, durch den sie geritten war und den wir selbst aus eigener Anschauung kannten. Anett de Facourt erzählte auch von der verstörenden Begegnung in der gestrigen Nacht mit einem geheimnisvollen Waldmenschen. Sie schilderte alles so lebhaft und bildlich, dass ich keine Zweifel an der Wahrheit ihrer Geschichte hatte und auch Rebekka schien ihr Glauben zu schenken.
„Madame, zu Eurem Schutz und unserer Gesellschaft, darf ich Euch einladen, sich unserer kleinen Reisegesellschaft anzuschließen?“, bot sie der Französin an. „Es wäre uns eine Freude, wenn Ihr Euch uns anschlösset!“, stimmte ich zu. „Euch beiden?“ Madame de Facourt sah von Rebekka zu mir und wieder zurück zu meiner Begleiterin. Rebekka machte eine Geste zu den Zelten. „Und unserem Begleiter, Monsieur de Notre-Dame, der auch aus Frankreich stammt, so wie Ihr selbst!“ „Monsieur de
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