Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)
Sie würde ein Auge auf ihn haben müssen.
»Wunderbar!«, sagte sie. »Jetzt zu Ihnen, Brautmutter. Sie haben mir gesagt, Sie wollten nichts mehr tun, wenn Sie auf der Insel sind, aber haben Sie die Tischordnungen fertig?Die für morgen und auch die für Maude heute Abend? Weil ich die für heute dann gleich im Restaurant vorbeibringen würde, wenn sie fertig ist. Alles erledigt? Wunderbar. Damit sind die Hausaufgaben abgehakt, und Sie dürfen nur noch genießen, nichts als genießen. Ah, das sieht ja hervorragend aus. Das haben Sie gut gemacht. Perfekt. Perfekt. Danke schön.« Sie nahm die Tischordnungen von Biddy entgegen, verstaute sie in ihrer gewebten Ledertasche und holte einen Planungskalender mit festem Einband heraus. »Schön. Lassen Sie uns kurz noch mal den Tag durchgehen. Jetzt ist es 15 Uhr 30. Die Gäste treffen nach und nach ein. Absagen habe ich heute keine mehr bekommen. Die Hochzeitsgesellschaft muss um halb sechs zur Probe an der Kirche sein – um Punkt zehn nach werden zwei Wagen vor der Tür stehen. Der Ausschank der Cocktails soll um halb sieben losgehen, und das Abendessen theoretisch um halb acht, wahrscheinlich eher gegen acht. Richtig so? Außerdem habe ich von ...« Sie verstummte, als die Glastür aufging und eine der Brautjungfern – diejenige, die nach Unheil aussah –, mit einem Kasten Wein hereinkam. Laut Daphne hatte sie die Make-up-Probe und die Maniküre verpasst, weil sie etwas mit dem Magen hatte. Warum die Leute einen Kater nicht einfach einen Kater nannten, war Sam Snead unerfindlich. »Hallo, meine Liebe!«, rief sie munter. »Geht es Ihnen wieder besser?«
Das Mädchen setzte den Wein ab. Ihr Blick wanderte über die Ansammlung schlaksiger älterer Damen und mied Mr Van Meter, der es seinerseits vermied, sie anzuschauen. »Viel besser«, sagte sie. »Danke.«
»Mein Mitgefühl«, sagte Biddy. »Ich wusste nicht, dass du krank warst.« Ihre Schwestern lächelten künstlich.
»Wie gesagt«, fuhr Sam Snead fort, »ich habe von unsererSchneiderin auf der Insel gehört. Sie wird vor der Probe zu einer letzten Anprobe mit Daphne hier vorbeikommen und dann hierbleiben, um das Kleid zu bügeln. Mit Daphne habe ich gerade schon gesprochen. Mit der Maniküre sind alle durch, bis auf Livia, die am Strand verschwunden ist, und der armen Agatha, die zu mitgenommen war.«
Winn sah, wie Celeste den Mund verzog, und wusste, dass sie es kaum aushielt nicht zu sagen, von wem und wozu Agatha mitgenommen worden war. Agatha lehnte sich in Winns Nähe an die Arbeitsfläche und drückte die Sohle eines ihrer nackten Füße an den Knöchel des anderen Beins wie ein Massai. Ihr gelbes Sommerkleid war von einer Schulter gerutscht. Wie unbekümmert, dachte er, wie unverfroren von ihr, inmitten all dieser verketteten Ringe von Wissen und Unwissen zu stehen und so zu tun, als gäbe es nichts, wofür sie sich schämen müsste. Ihm stieg, so meinte er zumindest, der bittere animalische Geruch von Sex in die Nase. Warum hatte sie sich nicht wenigstens erstmal gewaschen? War es nach einem Korb so einfach für sie, sich gleich dem nächsten verfügbaren Mann an den Hals zu werfen? Hatte sie auch nur noch einen Gedanken an ihr Techtelmechtel verschwendet, bevor sie sich mit Sterling in die Garage begab? Er runzelte die Stirn und hielt sich, als er sah, dass er von Celeste beobachtet wurde, die Hand vor den Mund und gähnte.
Biddy erzählte Sam Snead von Livia und dem Wal, und Sam Snead nickte in einem fort.
»Okay«, sagte Sam Snead bemerkenswert unerschüttert, als sie die Geschichte zu Ende gehört hatte, »aber zur Probe wird Livia fertig sein? Sollte sie Probleme haben, den Geruch loszuwerden, sagen Sie ihr, sie soll es mit Tomatensaftprobieren. Das funktioniert bei Stinktieren, also vielleicht ja auch bei Walen. Prima. Sonst noch was? Ich bin dann mal weg.«
»Wiedersehen«, sagte Winn. Er streckte den Arm aus und leitete sie in Richtung Flur.
»Fahren Sie zum Restaurant?«, fragte Tabitha. »Dort in der Nähe ist unser Ferienhaus. Würden Sie mich mitnehmen?«
Biddy ruckte mit dem Kopf. »Ich dachte, dein Jeep steht draußen.«
»Nein«, sagte Tabitha. »Der ist nicht von mir. Skip hat mich abgesetzt.«
»Und wem gehört er?«, fragte Sam Snead.
»Sterling«, sagte Agatha. »Aber der ist jetzt wieder weg.«
Es wurde still. Biddy wischte mit einer Serviette Krümel von der Tischplatte. Winn sah zu, wie Agatha an ihrem abgestoßenen Nagellack pulte. Sam Snead lächelte in die Runde.
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