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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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die Küche, die Badewanne, das Auto oder ein Kino. In die Toilette einer Bar. An einen arschkalten Strand. Oder in eine Garage.
    Weder Livia noch Agatha waren Smalltalk-Mädchen gewesen. Livia hatte große Gedanken gesponnen, und Agatha hatte gar nichts gesagt. Er hatte die Situation vermasselt, aber er wusste nicht, wie er den Schlamassel hätte verhindern sollen, ohne auf Agatha zu verzichten, und das wäre Irrsinn gewesen. Trotzdem war ihm Livias Gesichtsausdruck, nachdem Winn das Garagentor hochgezogen hatte, den ganzen Abend nicht aus dem Sinn gegangen: kindlich und zugleich uralt, vollkommen verloren. Ihre Hände hatten ihr knochiges Schlüsselbein umklammert wie Krallen (er erinnerte sich, es geküsst zu haben, hart wie ein Kupferrohr unter der Haut). Und Agatha hatte sich abrupt von ihm gelöst. Wie ein kopfloses Huhn war sie herumgerannt.
    Er schaute in seinen Drink und schüttelte das Glas, so dass die Eisberge zusammenfielen und unter die gelbe Oberfläche sanken. An seinem Ohr flog etwas Rotes vorbei. Die albinohafte Brautjungfer kicherte mit Francis.
    »Tschuldigung«, piepste sie. »Ich wollte dir eine Kirsche in den Drink werfen.«
    »Es war meine Idee«, sagte Francis. »Tschuldigung, Bruder.«
    Sterling schürzte die Lippen. Mopsy setzte sich und klagte über die Kälte, neben ihr Dicky junior, der wie üblich die Rolle des Pflegers übernommen hatte. Dicky juniors Frau, Mrs Dicky, die eben frisch angekommen war, stand in der Nähe, beäugte finster ihren Black Berry und tippte mit ihren Daumen. Grandma redete vorwurfsvoll auf Greyson ein. Livia saß allein, abweisend wie eine Witwe. Nach einem Blick auf seinen Drink wollte Sterling gerade an die Bar, um sich einen neuen zu holen, als er Winn Van Meter auf sich zukommen sah. Der entschlossene Ausdruck im Gesicht des Mannes sagte ihm, dass eine Abrechnung bevorstand.
    »Hör zu«, sagte Winn, fasste ihn an den Oberarm und zog ihn in die am wenigsten bevölkerte Ecke der Terrasse. »Ich möchte mal mit dir reden.«
    »Ach?« Sterling schaute schmachtend zur Bar.
    »Was du tust, geht mich nichts an. Was du in meiner Garage tust, betrifft mich schon eher, und was du mit meiner Tochter anstellst, betrifft mich auf jeden Fall.«
    »Wirklich? Hat sie das gesagt?«
    Livia hatte sich aufgerichtet und beobachtete sie durch die Menge, aufmerksam und besorgt.
    »Dies ist jetzt zwischen uns«, sagte Winn. »Ich muss sagen, du hast ein echtes Problem verursacht. Livia nimmt allesimmer sehr ernst. Das hast du vermutlich nicht gewusst, aber du kanntest sie ja auch kaum, bevor ihr ... das stimmt doch, oder?«
    Sterling zuckte die Achseln. »Livia wollte mit mir rummachen, also haben wir es getan. Dann wollte heute die andere, und wir haben es getan. Ich sehe nicht, was daran falsch sein soll.«
    »Livia ist sehr mitgenommen. Sie hat dieses Jahr schon einiges durchgemacht und deine« – er suchte nach Worten – »Untreue war keine Hilfe.«
    »Untreue.« Sterling holte eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug aus der Tasche. Er bot Winn die Schachtel an, doch der grinste nur schief. Also nahm er sich eine Zigarette und zündete sie an, indem er sich abwandte, um die Flamme vor dem Wind zu schützen. »Livia und ich«, sagte er, eine Lunge voll Rauch ausstoßend, »hatten keine Beziehung mit irgendwelchen Verpflichtungen. Wir hatten uns gerade erst kennengelernt. Deswegen meine ich nicht, dass man das, was ich heute Nachmittag gemacht habe, als Untreue bezeichnen kann. Eher wohl als Gier. Derer bekenne ich mich schuldig. In vielerlei Hinsicht.«
    »Du hast die Mädchen gegeneinander aufgebracht. Ich denke nicht, dass es zu viel verlangt ist, wenn ich dich bitte, dich auf ein Mädchen alle vierundzwanzig Stunden zu beschränken. Nur für dieses eine Wochenende. Dann kannst du nach Hongkong und zu deinem üblichen Programm von acht bis zehn Mädchen pro Tag zurück. Du bist die Ursache dafür, dass die Brautjungfern sich hassen.«
    »Schau, Agatha ist attraktiv. Das muss ich dir nicht erst sagen. Und Livia mag ich auch. Sie hatte das Pech, die Erste zu sein. Das ist nichts Persönliches. Wenn das mit Agatha gesternAbend passiert wäre und Livia heute Interesse gezeigt hätte, wäre es umgekehrt gegangen. Im Übrigen haben Livia und ich schon darüber geredet. Ich habe mich entschuldigt.«
    »Das ist nicht annähernd genug.«
    Sterling stieß Rauch aus und schloss dazu die Augen. »Interessant, dass du meinst, dich moralisch auf ein hohes Ross setzen zu

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