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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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Daphne.«
    »Ich finde, der Vergleich mit Greysons billigen Opfern hinkt.«
    »Aha, du willst für die Fenns eintreten.«
    »Mir wäre lieber gewesen, du hättest Teddy nicht erwähnt.«
    »Ich wollte nur höflich sein. Ist doch auch besser, die Nachricht von Jack zu hören. Jetzt kann dich niemand damit überraschen.«
    »Du kannst nicht einfach nach Teddy fragen, als wäre er ein ganz normaler Bekannter, Dad.«
    »Aber er ist ein ganz normaler Bekannter, Livia. Jedenfalls sollte er das sein.«
    »Ist er aber nicht.«
    »Ah«, sagte Winn. »Da wären wir.«
    Seiner Ansicht nach zeichneten sich die schönsten Häuser der Insel durch verbeulte Briefkästen und holperige Einfahrten aus. Von der Straße sollte nur ein Schornstein oder vielleicht ein Witwensteig zu sehen sein. Jack Fenns Haus hingegen war ein blendend weißer Märchenpalast vor dem blauen Horizont des Waskeke Sound. Die Straße säumten in gleichmäßigen Abständen Holzkisten mit Ligustersetzlingen in Jutehüllen, die aussahen wie Gefangene mit Augenbinden, vor sich jeweils ein Loch im fruchtbaren Boden, das nun auf ihre Aufnahme wartete. In ein paar Jahren würden die Setzlinge eine Hecke bilden und das Grundstück halbwegsabschirmen, aber die Zufahrt war unnötig breit, mit einem Belag aus weißen Muschelschalen. Sie führte in einer anmutigen S-Kurve zum Haus, wo sie sich verzweigte, so dass ein Ende zur Garage führte und das andere vor der Haustür in einen Kreis mündete, dessen Mitte ein Fahnenmast zierte. An einer Seite des Hauses, ebenfalls von einer frisch gepflanzten Hecke und einem Käfig aus dunkelgrünem Maschendraht umfriedet, wartete ein roter Lehmberg darauf, zu einem Tennisplatz ausgerollt zu werden. Eine weitere niedrige Hecke umfing ein frisch gegossenes, leeres Schwimmbecken und das hölzerne Skelett eines Badehauses.
    Winn bog zwischen zwei glänzend schwarzen Laternen ein. Die Muscheln knirschten. Der Fahnenmast am Ende der Einfahrt war im maritimen Stil gehalten, mit einer Rah am Mast, und stand auf einem ovalen, noch unbepflanzten Beet. Eine Fahne war nicht gehisst, aber die Seile waren schon befestigt, und die Schellen klapperten am Metallmast, bereit immer Flagge zu zeigen, wenn die Fenns in ihrem Haus weilten. An den Fenstern prangten noch die Schilder der Herstellerfirma. Das Erdgeschoss war zum Teil mit neuen, hellen Schindeln verkleidet, die fast zitronengelb von der Teerpappe abstachen. Es würden Jahre vergehen, bevor sie zum begehrten Grau verblichen, und bis dahin würde das Haus in der sanften Landschaft stehen wie eine Zumutung. Die Anfänge zu einem Garten – Pflastersteine, Zementsäcke, ein Haufen Rindenmulch – ruhten auf der weiten Fläche aus nackter Erde, die eines Tages zum Rasen werden sollte. Das Dach war ein Konglomerat aus steilen Spitzen, Giebeln und Gauben, und mit frischer Zeder gedeckt, die in der Sonne leuchtete. Mit Tonkappen gekrönte Backsteinschornsteine ragten in den Himmel, und ganz zuoberst erstrahlten die kupfernen Segelder Dreimastbark, die Jack als Wetterfahne erwählt hatte. Winns Wetterfahne war ein Mann allein in einem Ruderboot.
    »Außerdem«, sagte Livia, »sind Greysons sogenannte Opfer total oberflächlich. Ohne jeden echten Verzicht. Sie haben bloß symbolischen Wert. Weißt du, das ist wie wenn einer in der Fastenzeit auf Schokolade verzichtet oder wie diese Bänder, die für zerrissene Gewänder stehen. Wenigstens ist das, was Teddy macht, wirklich hart.«
    »Ist das ein Riesenschuppen«, sagte Winn. »Ich bin überrascht. Jack stammt aus einer vornehmen alten Familie. Dieses Haus ist ... protzig.«
    Überall lag Baumüll herum: Drahtrollen, zerknüllte Folie, Band, Klebeband, Rohre, Eimer mit Resten von Zement und Versiegelungsmasse. In diskretem Abstand standen zwei beige Chemieklohäuschen. »Die Architektur des Hauses ist vollkommen daneben«, sagte er und deutete durch die Windschutzscheibe. »Das Dach hat so viele Spitzen, dass sie den Regen zu einem dicken Strom umleiten werden. Siehst du das? Bei starkem Regen wird das Wasser da stehen bleiben. Ich kann allein von hier aus zwei Stellen erkennen, wo das Wasser nicht abfließt. Das Dach wird lecken. Wahrscheinlich leckt es jetzt schon. Zedernschindeln auf dem Dach sind problematisch. Wenn man die Nagellöcher nicht ordentlich abdeckt, lecken sie.«
    »Super«, sagte Livia. »Die Fenns haben ein Dach, das jeder Beschreibung spottet. Sie gehen zur Army, um dich zu ärgern, und sie entwerfen ihre Häuser, um dich damit so

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