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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Desmond würde ehrlich antworten: »Nichts, mein Schatz. Sie ist eindeutig zu groß für dein feines Gesicht.«
    Leider saß Ivy alleine hinten im Taxi, was immerhin angenehmer war, als auf dem kalten Bahnsteig herumzustehen. In letzter Zeit hatten die Züge dauernd Verspätung oder fielen ganz aus, wodurch die Anschlüsse verpasst wurden und man stundenlang bibbernd und hilflos im Pulk der anderen Reisenden hoch zur Leuchttafel blickte, auf der unaufhörlich neue Nachrichten von ausfallenden Zügen angezeigt wurden. Bestimmt stand jetzt Desmond am Rollband und wartete auf sein Gepäck. Natürlich hätte Ivy sich, obwohl sie kein Gepäck aufgegeben hatte, ebenfalls dorthin stellen und so tun können, als wartete auch sie auf ihre Koffer. Bestimmt wäre er augenblicklich zu ihr herübergekommen und hätte sie nach ihrer Telefonnummer gefragt. Ganz organisch. Irgendwann, im Laufe des Gesprächs, wäre ihm aufgefallen, dass Ivys nicht vorhandenes Gepäck nicht auf dem Fließband auftauchte, also hätten sie auch noch gemeinsam eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Danach wären sie im Taxi zu seinen drei Freunden nach Kensington gefahren, um mit ihnen Wein zu trinken. Die Freunde wären begeistert gewesen, was für eine fabelhafte Frau Desmond da mitgebracht hatte. Sie hätten ihm auf die Schulter geklopft und ihm beim Abschied ins Ohr geflüstert: »Kumpel, das ist sie !« Doch Ivy hatte diese einmalige Chance nicht erkannt. Stattdessen entfernte sie sich Straßenecke für Straßenecke von dem Mann, von dem sie nur den Namen kannte. Desmond Gayle. Ivy trommelte nervös mit den Fingerspitzen auf ihrem Knie. Dieses Stopp-and-go machte einen fertig. Am liebsten wäre sie ausgestiegen und zu Fuß nach Hause gelaufen, nur, um sich schnellstmöglich bei Facebook registrieren zu lassen und nach Desmond zu suchen. »Vielleicht zu Thanksgiving?«
    Nach vierzig zähen Minuten hielt das Taxi endlich vor dem gelben Backsteinhaus in der Portobello Road, in dem Ivy seit drei Jahren alleine lebte.
    Wahrscheinlich war es klüger, ihn zu vergessen, um die eigene Unabhängigkeit nicht zu gefährden. Nathalie hätte ihm bestimmt auf einem kleinen Zeitungsschnipselchen heimlich Ivys Telefonnummer zugesteckt und sie dann mit diesem Mann alleine fertigwerden lassen.
    »Was denn?«, hätte sie gesagt. »Er hat doch gesagt, er kommt aus gutem Hause.«
    Würde es eine entsprechende Studie geben, würde die belegen, dass die wirklich Partnerschaftsuntauglichen durch die Bank weg aus hervorragenden Verhältnissen kamen. Javis war das beste Beispiel dafür. Er kam aus einer Diplomatenfamilie und war der Ansicht gewesen, dass allein diese Tatsache schon ausreichte, sich wie ein verlotterter Gigolo aufzuführen. Er fand das bohemienhaft. Das Gleiche galt für Zigaretten im Kartoffelpüree ausdrücken. Ivy blies die Luft aus. Diesen Desmond, das beschloss sie in diesem Augenblick, wollte sie genau jetzt für immer aus ihrem Gedächtnis löschen. Das war das einzig Vernünftige, was sie tun konnte, um sich gar nicht erst in so einer hoffnungslosen Träumerei zu verlieren. Vermutlich hielt er sich ebenfalls für unwiderstehlich. Noch einmal würde ihr so eine Javis-Geschichte nicht passieren. Ivy spürte, wie sie rot vor Scham wurde. Ständig hatte sie diesem Egoisten Tee gekocht oder den Rücken massiert, weil sie sich vor nichts mehr fürchtete, als von diesem liederlichen Chauvi verlassen zu werden. Sie war sich wirklich für nichts zu schade gewesen. Eins war klar: Bedürftige Menschen waren nicht gerade angesagt. Im Grunde genommen war es Ivys Verdienst, dass die Beziehung zu Javis gescheitert war – und auch alle weiteren Beziehungen würden scheitern, solange sie derart bereit war, sich zu unterwerfen, nur um dem anderen zu gefallen. Wenn Desmond etwas von ihr wollte, dann sollte er am besten jetzt gleich anfangen, nach ihr zu suchen. Er sollte ihre Spur verfolgen. Einen Detektiv anheuern, was auch immer man als Mann tat, wenn man eine Frau wirklich wollte.
    Ivy reichte dem Taxifahrer das Geld durch die Luke in der Trennscheibe und nahm ihre Reisetasche mit dem kaputten Reißverschluss vom Klappsitz. Das war auch so ein Zeichen – die Dinge griffen nicht ineinander. Sie schlug die Tür hinter sich zu und lief zwischen dem Vorderhaus, in dem sich Woods verwinkelter Buchladen befand, und dem Quergebäude hindurch. Weiter über den gepflasterten Hof, an den Überwachungskameras vorbei, die überall an den Giebeln der Häuser befestigt waren. Die

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