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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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doch nicht verlobt! Das ist der Ring meiner Mutter.«
    »Sie tragen den Verlobungsring Ihrer Mutter?« Desmond schlug das Herz bis zum Hals. Was hatte das wieder zu bedeuten? Diese Frau steckte voller Überraschungen.
    Ivy zuckte mit den Schultern. »Sie hat ihn mir zum Trost geschenkt, nachdem mein geliebtes Shetlandpony auf der Landstraße von einem Kleinlaster erfasst worden war und eingeschläfert werden musste.«
    »Ein interessantes Geschenk, muss man sagen.« Hatte er das gerade richtig verstanden? Diese Frau war doch nicht verlobt? Das waren ja wunderbare Neuigkeiten! Desmond grinste von einem Ohr zum anderen. »Aha!«
    Bevor Ivy noch etwas antworten konnte, kam die Durchsage, dass die Parkposition eingenommen sei. Augenblicklich klickten die Schnallen der Sicherheitsgurte, und die Passagiere standen um sie herum von ihren Plätzen auf und öffneten die Klappen der Gepäckablagen.
    Desmond starrte wieder auf die gemalte Sicherheitskarte im Vordersitz, während Ivy ihren Mantel im Sitzen zuköpfte. Sollte sie jetzt beunruhigt sein, dass dieser Desmond gar nicht darauf eingegangen war, dass ihr geliebter, weißbraun gescheckter Trixi hatte eingeschläfert werden müssen? Hatte er kein Herz? Oder war die Geschichte zu abstrakt? Oder hatte Ivy das Ereignis einfach zu anekdotisch erzählt? Trixi, mit seinen lieben, treuen Knopfaugen. Er hatte ihr vertraut.
    Ivy schluckte trocken.
    Desmond blieben nur noch ein paar Augenblicke, um die Angelegenheit unter Dach und Fach zu bringen. Sollte er jetzt noch einmal auf das überfahrene Pony zu sprechen kommen? Dafür war es vermutlich zu spät. Er hätte gleich erschüttert gucken müssen. Außerdem wollte er nicht alte Wunden aufreißen. Er selbst hatte nie ein Haustier besessen, womöglich fiel es ihm deshalb so schwer, angemessen zu reagieren. Außerdem hörte er schon wieder die kommentierende Stimme seiner Mutter: »Leute, die Haustiere haben, versuchen, bei sich ein psychisches Defizit auszugleichen.«
    Plötzlich war Desmonds Kopf ganz leer. Wenn er jetzt nichts Verbindliches sagte, wenn er Ivy jetzt nicht nach ihrer Telefonnummer fragte, wenn er jetzt keine Verabredung mit ihr traf, würden sie sich vermutlich nie wiedersehen. »Sind Sie auf Facebook?«
    Ivy schlug den Mantelkragen hoch. »Nein.«
    Und mit ihm klappte sich in ihr die bitterste aller Kindheitserinnerungen hoch. Wie eins der vielen bunten, fröhlichen Pop-ups aus den Bilderbüchern ihrer Mutter. Plopp. Plopp. Plopp. Ihre leblose Mutter im weißen Kleid, die langen roten Haare über das schlammige Seeufer verteilt. Ivy blickte im Badeanzug auf sie hinunter. Die sommersprossigen Arme leicht verdreht, die Hände wie Muschelschalen geöffnet, als hätten sie etwas anzubieten. Die Finger ihrer Mutter. Der Ehering war fort. Ivy stand von ihrem Platz auf. Ihre Stimme klang etwas dünn, als sie fragte: »Und? Was, äh, was machen Ihre Eltern?«
    »Bitte?« Nun stand Desmond auch auf, und Ivy machte einen Schritt zur Seite, während sich die Passagiere hinter ihr vorbeidrängten. »Ich wollte wissen, wo Ihre Eltern heute leben.«
    »Ach so! Immer noch in North Carolina.« Er zog seinen Rucksack unter dem Vordersitz hervor. »Gerade bauen sie sich ein neues Haus, ohne Treppen, da meine Mutter ziemliche Probleme mit der Hüfte und den Knien hat. Ein Haus, in dem sie später auch mal im Rollstuhl rumfahren kann.«
    »So ein Haus könnte ich jetzt schon gebrauchen!« Ivy hatte alle Mühe, sämtliche Fäden zusammenzuhalten: Facebook, Verlobungsring, Eltern in Rollstühlen. Sie wollte doch nur, dass dieser Mann sie endlich nach ihrer Handynummer fragte. Desmond zog sich seinen Trenchcoat an und hängte sich den schwarzen Nike-Rucksack über die Schulter. Konnte er sie nicht wenigstens umarmen? Nur kurz? Sodass ihre Wange über seinen grauen Wollpullover rieb, er würde tief einatmen und sich vorstellen, sie würde ihn ein Leben lang begleiten, nie mit ihm streiten, ihn immer lieben, er würde sie immer anrufen, sie nie zweifeln lassen, nie eine andere angucken, mit ihr eine Familie gründen, mit ihr alt werden, mit ihr eine Lesebrille kaufen, sie zum Arzt begleiten, mit den Enkeln Weihnachten feiern. Beinahe hätte Desmond in der Aufregung gefragt: »Und, was denkst du? Wollen wir meine Eltern in diesem Jahr noch in Greensboro besuchen?« Er schaffte es gerade noch, sich die Frage zu verkneifen. »Vielleicht zu Thanksgiving?«
    »Bitte?«
    Desmond schüttelte verwirrt den Kopf. »Hab ich gerade etwas

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