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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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rund um die Rudermaschine auf dem Boden verteilt hatte. Jedes schmerzhafte Foto. Es war unfassbar, was sich ihr da Unglaubliches offenbarte.
    Am Abend würde sie Peer ganz kühl vor vollendete Tatsachen stellen müssen.
    Der Zeitpunkt war gekommen, an dem sie sich fragen musste, mit wem sie hier eigentlich verheiratet war. Sie kannte diesen Mann gar nicht, der hier, mit diesem Jennifer-Lopez-Verschnitt und vernebeltem Blick, Fruchtbowle durch pinkfarbene Strohhalme schlürfte. Auf jedem dritten Bild küssten sie sich mit weit geöffneten Mündern, als wollten sie sich verschlingen. Wie zwei Primitivlinge, deren Hobby es war, sich dreimal am Tag kräftig durchzuvögeln. Zu zweit hockten sie auf einem schrottreifen Moped mit Badelatschen an den Füßen. Die beiden mussten viel unterwegs gewesen sein. Im Himalaya, vor dem Taj Mahal, in Singapur, in China. Den gesamten asiatischen Raum hatten sie mit ihrer Nacktheit beehrt, inklusive Sydney, wo sie sich mit ausgestrecktem Arm selbst vor dem schuppenartigen Opernhaus fotografiert hatten. Erschreckend! Einmal trug Peer einen Bart, dann wieder etwas längeres Haar, eine große, verspiegelte Fliegersonnenbrille, geflochtene Armbänder ums Handgelenk. Ein lächerliches Muschelkettchen hing ihm um den Hals, wie diesem Analphabeten aus Die blaue Lagune . Augenscheinlich hatte Peer zwei Gesichter. Diese Jenny lief in geknoteten Tüchern herum, mit rosa Lotusblüten im Haar und Hennatattoos auf den Füßen. Auf ihrer Schulter sprang ein tätowierter Delfin aus schäumender Gischt.
    Peer war ein Abenteurer.
    Lucy weinte.
    Nathalies Herz schlug.
    Das Telefon klingelte.
    Es war ihr Vater. Jetzt war alles egal. Jetzt weihte sie ihn ein, in ihren ganz persönlichen Albtraum. Und im gleichen Atemzug würde sie ihm auch seinen ganz persönlichen Albtraum offenbaren, Tamaras Geheimnis, das sie ihr nervös und mit fliegendem Blick neben dem Himbeerstrauch eröffnet hatte, während ihre beiden Kinder mit ihren Cityrollern auf den Hof gerollt waren. Das blonde Mädchen hatte Nathalie, auf die Entfernung hin, mit einem Mal so sehr an Ivy erinnert. Wie sie früher auf ihrem kleinen Rad unermüdlich um den Brunnen … Sie nahm das Telefon aus der Ladestation und flüsterte in die Sprechmuschel: »Wach. Auf. Du. Bist. Nicht. Ivys. Vater!«
    Nathalie wankte durchs Wohnzimmer, den Flur hinunter, der an diesem Nachmittag unendlich lang wirkte. Ihr Vater hatte auf die Offenbarung seines Albtraums kaum Reaktion gezeigt. Sein knapper Rat war gewesen: »Mein Kind, behalte es bitte für dich.« Nathalie hatte nur genickt. Die Welt bestand aus ineinandergekletteten Lügengebilden und Halbwahrheiten, auf denen die paar ehrlichen Mitstreiter, die sich für absolute Integrität entschieden hatten, wohl oder übel ihr Dasein errichteten, um dann irgendwann, erschrocken über die abgründige Wirklichkeit, ihre klaffenden Wunden lecken zu müssen. Und schon war sie wieder mit ihrem eigenen furchtbaren Schicksal beschäftigt. Jenny und Peer schienen wirklich gut zusammengepasst zu haben.
    Am Ende des Flures kam Lucy bleich aus dem Kinderzimmer getaumelt. Wie ein kleiner, durchscheinender Geist. Nach einigen schleppenden Schritten fiel sie plötzlich nach vorne auf die Dielen und kroch tapfer in ihrem bodenlangen Nachthemd auf allen vieren weiter. Nathalie stürzte ihr entgegen und hob das entkräftete Kind auf, das sie aus dunklen Augenhöhlen flehend ansah. Lucy presste ihre Hände auf den Bauch und streckte ihre Beinchen durch. Als sei sie tiefgefroren. Unverständliche Worte krochen zwischen ihren blassen Lippen hervor, und als Nathalie ihren besorgten Blick über den kranken Körper ihrer Tochter schweifen ließ, bemerkte sie erschrocken die stark angeschwollenen Knie und Ellenbogen, die mit roten Pusteln übersät waren. Mit einem Mal war Nathalie ganz ruhig. Ganz klar. Und voller Liebe. »Ich trag dich zurück ins Bett, mein kleiner Wurm.«
    Dieser Zusammenbruch kam ihr gerade recht. Er lenkte sie von ihrem eigenen Grauen ab. Im Kinderzimmer zog sie leise das Rollo herunter. Lucy lag steif in der hellrosa geblümten Lillifee-Bettwäsche, das Ohr ans weiße Einhorn gedrückt. Ihr kleines Mädchen. Morgen früh würden sie zum Arzt gehen und dafür sorgen, dass Lucy schnell wieder gesund wurde. Heute hatte Nathalie dafür keine Kraft mehr. Sie legte sich dicht neben ihr geliebtes Kind. Endlich hatten sie sich wieder. Nathalie strich ihrer wimmernden Tochter zärtlich über das Haar und die Wange. Sie gab

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