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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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wie sich das anfühlt, wenn man etwas Geliebtes verliert. Im letzten Jahr hat sich meine Näherin selbstständig gemacht. Mach’s gut und komm mich mal in der King’s Road 430 besuchen! (Vivienne Westwoods alte Boutique. Ich hab’s geschafft!) Yeah!
    Deine Viola (Da Gamba)
    Ivy beschloss, sich nicht über Violas mangelndes Feingefühl zu ärgern – sondern sich über ihre Hilfsbereitschaft und die Telefonnummer zu freuen. Jetzt konnte sie Javis anrufen, sich ihre Würde zurückholen und für alle Zeiten mit dieser unguten Episode abschließen. Augenblicklich sah sie sich stotternd am Telefon, mühsam ihr Anliegen hervorbringend. »Hast du damals zufällig meine kleine Polly-Pocket-Dose mitgenommen?« Vorab würde sie sich von Alice in ihren Praxisräumen coachen lassen. Diese Aktion musste fehlerfrei und souverän über die Bühne gebracht werden. Ganz professionell. Ganz ruhig. Sehr erwachsen. Unter keinen Umständen wollte Ivy versehentlich in ihre alte, bemitleidenswerte Rolle zurückfallen und mit Babystimme auf Javis einplappern. Auch wenn er sie vermutlich noch immer als trostlose Erscheinung vor Augen hatte. Ivy war längst aus der Asche seiner Respektlosigkeiten auferstanden. Schillernd und strahlend, neuerdings mit hübscher Flechtfrisur, die ihren anmutigen Hinterkopf beeindruckend zur Geltung brachte. Ivy hatte sich seit damals mächtig entwickelt. Das würde sie Javis bereits mit der Begrüßung vermitteln.
    Die dritte Mail kam tatsächlich von Desmond. Ivy musste ein paar Male hinsehen, um sich davon zu überzeugen, dass sie sich nicht täuschte. Es war ein echtes Wunder, dass dort, auf ihrem Monitor, sein Name angezeigt wurde. Ivy traute sich nicht, die Mail anzuklicken.
    »Hat sich zufällig Viola bei dir gemeldet?« Schon wieder stand Willem dicht hinter ihr und atmete ihr in den Nacken. »Hübsche Flechtfrisur.«
    »Danke!« Ivy klappte mit zittriger Hand den Laptop zu und drehte sich zu ihrem Kollegen um. »Und danke, dass du Viola nach Javis’ Nummer gefragt hast.«
    »Kein Problem. Wirst du ihn anrufen?« Willems Stimme klang mit einem Mal merkwürdig belegt. »Ich meine, wirst du dich mit ihm treffen?«
    »Mit wem?« Ivy hatte Mühe, den Sinn hinter den Worten ihres Kollegen zu verstehen.
    »Na, mit Javis.«
    »Ich …«, Ivys Gedanken klebten an der ungeöffneten Desmond-Gayle-Mail, als sei darin das ultimative Urteil über ihr Leben enthalten. Sie hauchte. »Ich weiß es nicht. Mal sehen.«
    Ihr Kollege strich sich die Haare zurück. »Versuch, cool zu bleiben, alles klar? Keine Dummheiten!«
    »Was denn für Dummheiten?«
    Willem sah Ivy mitleidig an. »Du neigst einfach dazu, sehr schnell die machohafte Sichtweise von Männern zu übernehmen, egal, wie dumm sie sind.«
    »Bitte?«
    »Ach, komm schon, Chuck. Was hat dieser Neurologentyp behauptet? Liebe sei nur ein chemischer Prozess im Gehirn? Das hatte der doch gesagt, oder? Du glaubst immer alles, was Männer dir sagen.«
    »Ich hab ihm das nicht geglaubt!«
    »Wie ein Lamm hängst du an ihren Lippen und rechnest überhaupt nicht damit, dass sie gerade dabei sind, dich zu manipulieren.« Willem holte tief Luft. »Pass auf, dass du nicht ein zweites Mal auf Javis hereinfällst, alles klar? Liebe ist etwas wirklich Kostbares. Aus eigener Erfahrung kann ich dir nur sagen: Die wenigsten meinen es ernst.«
    »Ich will doch gar nichts von ihm.« Ivy versuchte ein Lächeln. »Ich will doch nur meine Dose zurückhaben.«
    Willem verschwand hinüber zu seiner halb fertigen Sandra-Bullock-Figur und formte alibimäßig an ihrem Ohrläppchen herum. »Und?« Jetzt nahm er die winzige Drahtschlinge zu Hilfe. »Hast du noch mal etwas von diesem Desmond gehört?«
    »Nein. Wieso? Was soll denn das jetzt?«
    »Ich dachte, wir betreiben ein bisschen Konversation. Es könnte ja sein, dass er sich noch mal gemeldet hat. Immerhin hatte er dich ja gefragt, ob du ihn zu seinen Eltern nach North Carolina begleiten willst. Aber offenbar ist er auch nur wieder eine von diesen Flachpfeifen gewesen. Wie auch immer. In jedem Fall war Viola gestern ziemlich entsetzt, dass du es einfach nicht schaffst, von Javis zu lassen. Sie meinte, du hättest dich damals derart verbogen, dass sie sich fragt, wie du diese jahrelange Selbsterniedrigung überhaupt überlebt hast.«
    »Bitte?« Ivy fuhr herum. »Was hat sie gesagt?«
    Willem zuckte lapidar mit den Schultern. »Ach, du kennst sie doch. Viola ist ein bisschen eifersüchtig. Sie hätte damals ihr letztes Hemd gegeben,

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