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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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nur um mit Javis Sex zu haben.« Ivy nickte, als hätte sie das bereits gewusst. Willem sollte einfach nur verschwinden.
    »Erinnerst du dich nicht mehr, wie sie sich ständig auf seinen Schoß gepflanzt hat? Einmal, als du auf Studienfahrt in Paris warst, hat sie in deinem Zimmer versucht, mit diesem Loser herumzumachen. Hab ich dir das nie erzählt?«, fragte Willem mit hochgezogenen Augenbrauen, als sei die Angelegenheit gerade erst passiert.
    »Nein, hast du nicht.« Ivy rieb sich hilflos das Fixierwachs von den Fingerspitzen, das inzwischen eine enge Verbindung mit ihrer Haut eingegangen war. »Brauchst du nicht zufällig eine Dose Cola?«
    »Erst nach dem Lunch.« Stoisch blieb ihr Kollege neben ihr stehen und betrachtete konzentriert die Van-Gogh-Skizzen, die an der gegenüberliegenden Wand hingen, als handelte es sich dabei um die Phantombilder eines international gesuchten Schwerverbrechers. »Du weißt doch, sonst macht mein Magen schlapp.«
    Aus dem Augenwinkel sah Ivy hinüber zu Vincent, der geduldig ein paar Schritte von ihnen entfernt auf dem niedrigen Holzpodest stand. Im meergrünen Leinenanzug, mit gleichfarbiger Weste und weißem, kragenlosem Hemd.
    Willem seufzte. »Tut mir leid, Chuck, wenn ich gerade ein bisschen hart zu dir war. Ich meine«, er schluckte, »kannst du mir mal bitte erklären, was mit dir los ist? Du lässt mich überhaupt nicht mehr an deinem Leben teilhaben. Früher sind wir ins Globe zum Lunch gegangen oder ins Kino, du hast mich zum Angeln begleitet, ich bin sonntags zum Tee zu dir gekommen. Und jetzt sehen wir uns kaum noch.«
    Ivy nickte abwesend, ohne den Blick von Vincents leeren Augenhöhlen abzuwenden. Sein Gesicht hatte eine leicht rötliche Einfärbung, von der Sonne Südfrankreichs. Sein dichtes rotes Echthaar glänzte im Neonlicht, Ivy hatte es in den letzten drei Wochen Strähne für Strähne unter der Wärmelampe in den weichen Wachsschädel eingestochen, bis sich ihr Handgelenk schmerzhaft bemerkbar gemacht hatte. Willem hielt noch immer das Kistchen mit den Augen in der Hand und war fest entschlossen, um jeden Preis Kommunikation zu betreiben. »Manchmal stelle ich den Augen Fragen …«
    Ivy band sich mit ruckartigen Bewegungen den Pferdeschwanz neu. »Fragen? Was denn für Fragen?«
    Willem zuckte mit den massigen Schultern. »Keine Ahnung. Was ich mir am Abend kochen soll.«
    »Und sie geben dir darauf eine Antwort?« Ivy gab sich alle Mühe, ihre Stimme nicht gereizt klingen zu lassen oder etwas Unüberlegtes zu tun, wie gegen das Rollwägelchen mit den Ölfarben zu treten, um diesen stetig zunehmenden inneren Druck loszuwerden. In ihrem Laptop befand sich eine Antwortmail von Desmond. Willem hatte wieder Oberwasser, da Ivy sich plötzlich wieder zu interessieren schien.
    »Ja, stell dir vor: Letztens bekam ich von Albert Einstein den Tipp, mal über Bratkartoffeln mit Speck nachzudenken.«
    Ivy zog die Augenbrauen hoch. »Okay …«
    »Na ja …« Ihr Kollege setzte sich mit einer Pohälfte auf die Tischkante und griff nach dem Becher mit kaltem Kaffee, den er am Vortag auf der Arbeitsfläche hatte stehen lassen. »Der Trick ist: Du musst dich voll auf die Pupille konzentrieren. Total auf die schwarze Pupille fokussieren, wodurch du deinen Verstand ausschaltest. In dem Moment löst du dich aus dem Raum-Zeit-Gefüge und empfängst aus dem Äther die Information, die du brauchst. Du wirst sozusagen zum Medium. Kennst du doch noch aus dem Studium, Ivy. Der Künstler als Medium …«
    »Bratkartoffeln mit Speck?«
    »Probier es aus! Nimm dir ein Auge von, sagen wir, Kate Moss und verbinde dich mit ihr.«
    »Nein, danke.« In Ivys Kopf blubberte es, als hätte jemand Spülmittel hineingefüllt und kräftig mit dem Schneebesen umgerührt.
    »So weggetreten ist die gar nicht. Ich schwöre dir, sie kann dir helfen.«
    »Wobei?«
    »Keine Ahnung, man quält sich doch ständig mit irgendwelchen offenen Fragen herum. Warum man nicht die richtigen …«
    »Ja?«
    Willem hüstelte und rutschte von der Tischkante » … die richtigen Rezepte findet. Also, was man sich zum Abendessen kochen soll. Oder warum es so hart ist …« In der Bewegung zog er den Bund seiner ehemals schwarzen, jetzt grauen Bundfaltenhose nach oben und blickte Ivy mit wässrigen Augen an, als wollte er noch etwas sagen. Dabei hob er seinen kurzen Zeigefinger, gab dann aber doch nur ein leises Schnaufen von sich. »Wie auch immer … Du weißt ja, was ich sagen will.«
    Ivy wusste beim besten Willen

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