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Leichtes Beben

Leichtes Beben

Titel: Leichtes Beben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Henning
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Smog zusammengezogen.
    Sie setzten alles daran, den Toten so schnell wie möglich loszuwerden. Ihre Handgriffe waren so sicher und routiniert, als hätten sie so etwas schon hundert Mal gemacht. Sie wuchteten den verschnürten Leichnam aus dem Wagen und warfen ihn wie einen toten Seemann, den seine Kameraden für alle Zeit dem Meer übergaben, auf den steil ansteigenden Müllberg.
    »So, das wär’s«, stöhnte sein Vater, legte den ersten Gang ein und gab Gas.
    »Sieht ganz so aus«, antwortete Georg und strich sich die klatschnassen Haare aus der Stirn.

    Als sein Vater vor seinem Haus anhielt, sah er Georg an und sagte: »Schlaf gut, Junge.«
    »Du auch«, antwortete Georg und rutschte hinters Steuer. Er legte den Rückwärtsgang ein und lenkte den Wagen aus der Sackgasse zurück auf die Straße.
    Als er wieder zu Hause war und nach einem heißen Bad am Fenster stand, spürte er, dass sein Leben sich |134| verändern würde, ohne dass er jetzt noch etwas dagegen unternehmen konnte.
    Wie er war, barfuß und nur mit seinem Bademantel bekleidet, lief er hinaus in den Garten und sicherte das Törchen, damit der Wind es nicht länger gegen den Steinvorsprung schlug.

|135| II

|137| Dreizehn
    Seine Hand lag auf Melissas linker Brust, und als Dresen das Geräusch hörte, hob er seinen Kopf und sagte: »Was war das? Hast du das gehört?« Doch sie stöhnte bloß und sagte: »Keine Ahnung, mach schon weiter!«
    Sie hatten wie immer gewartet, bis es dunkel war und fuhren dann mit seinem Wagen aus der Stadt raus. Etwa vier Kilometer entfernt lag das Waldstück, und sie bogen rechts ab, folgten dem Schotterweg eine Zeitlang und stellten den Wagen genau wie bei den letzten Malen auf der kleinen Lichtung ab.
    Melissa trug wieder dieses feuerrote, an den Seiten hochgeschlitzte Kleid, das ihn so verdammt scharf machte. Dazu ihre malvenfarbenen Strumpfhalter, an denen ihre teuren Seidenstrümpfe festgemacht waren. Dresen stand unheimlich auf solches Zeug, Strümpfe, Hüftgürtel, Seidenhöschen.
    »Aber sei bloß vorsichtig, ja?!«, zischte sie, als er mit der Hand unter ihr Kleid fuhr. Einmal hatte er aus lauter Gier den rechten Strumpf zerrissen, sodass sie ihn angefahren hatte: »Kannst du denn nicht aufpassen, du verdammter Idiot?!«
    |138| Im Radio liefen die Beach Boys, und ihre Beckenknochen stießen gegeneinander.
    Melissa war nicht gerade helle. Doch sie hatte einen verdammt schönen Körper, der so ziemlich jeden verrückt machte. Die Sache zwischen ihnen lief seit gut einem Jahr, und wenn es nach Dresen gegangen wäre, hätten sie ewig so weitermachen können.
    Melissa war kurz davor zu kommen, als Dresen wieder dieses Geräusch vernahm. Einen Laut, als ob jemand einen Gegenstand kurz und trocken gegen Metall schlug. Oder eine Autotür zuschmiss. Doch wer zum Teufel, dachte er, hätte so etwas tun sollen, wo sie beide doch weit und breit die Einzigen waren, die sich um die Uhrzeit im Wald herumtrieben?
    »Ja, ja, ja!«, kreischte Melissa und bohrte fordernd ihre Nägel in sein Kreuz. »Ja, ja, ja, mach weiter, na komm schon, los!«
    Dresen hatte nicht daran gedacht, den verdammten Kindersitz auszubauen, und schlug deshalb jedes Mal, wenn er auf ihr ruckartig nach vorn glitt, mit der Stirn gegen dessen scharfkantige Plastikverschalung.
    Im Radio spielten sie jetzt was von Elvis, »Suspicious minds«
,
als ihm plötzlich der Strahl einer Taschenlampe direkt ins Gesicht leuchtete. Die Autotür wurde aufgerissen, und eine Männerstimme sagte: »Los, aussteigen!«
    Dresen kniff die Augen zu und versuchte, dem Lichtstrahl auszuweichen, indem er das Gesicht zur Seite drehte. Doch der Typ mit der Lampe hatte offenbar keine Geduld. Denn als Dresen sich endlich von Melissas verschwitztem, wunderbar riechendem |139| Körper schob, stieß er ihm einen spitzen Gegenstand in den Rücken und rief: »Aussteigen, hab ich gesagt, na wird’s bald!«
    »Sind Sie’n Spanner oder so was?«, sagte Melissa und legte dabei schützend die eine Hand quer über ihre nackten Brüste, während sie mit der anderen ihre Augen gegen das Licht der Taschenlampe abschirmte.
    »Maul halten, Schlampe!«, rief der Fremde. Und nun sah Dresen, dass der Typ ein Gewehr hatte, eine Flinte, die er auf Melissa gerichtet hielt. Sein Kopf wurde vom Wagendach verdeckt.
    »Aussteigen, alle beide!«, rief er wieder, das Gewehr nun abwechselnd auf Melissa und auf Dresen richtend.
    »Nur keine Panik, ja!?«, sagte Dresen und zog hastig seine Boxershorts hoch.
    »Was

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