Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
grinste.
Vens Herzschlag hatte sich eben erst beruhigt, als die Vorspeisen serviert wurden. Ihr gefiel der Klang von »Feuillête of Poached Eggs«, doch da sie sich nicht zutraute, es auszusprechen, hatte sie sich für den Rucola mit gebratener Roter Bete entschieden, gefolgt von gedünsteter Seezunge mit Krabbenmousse in Dill-Buttersauce. Roz wählte heute Abend tatsächlich Schweinelende mit Rosmarin und Kürbisbratling. Und für jemanden, der angeblich Kohlehydrate mied wie der Teufel das Weihwasser hielt sie sich bei den von Buzz servierten Kroketten erstaunlich wenig zurück.
»Und was haben Sie morgen an Ihrem großen Tag vor, Venice?«, fragte Nigel über dem Dessert aus Schokoladen-Rum-Schnitzeln mit Fruchtsauce.
»Na ja, wir machen eine Gondelfahrt, essen zu Mittag, und danach will ich nach dem Hotel suchen, in dem Mum und Dad ihre Flitterwochen verbracht und mich gezeugt haben.«
»Ah, Sie sind ein Flitterwochen-Baby?«
»Genau. Nach dem Mittagessen tun die anderen drei, was sie wollen, und ich laufe eine Weile alleine durch die Stadt.«
»Nirgends kann man schöner ziellos herumlaufen als da«, sagte Royston. »Geh einfach zum Markusplatz und lass dich treiben, sag ich immer.«
»Und hinterher gönnen wir uns Kaviar und Champagner«, mischte Olive sich ein, die sich überhaupt nicht vorstellen konnte, wie Kaviar schmecken mochte. Sie hoffte, dass sie nicht zu enttäuscht wäre – so wie beim ersten Mal, als sie Austern probiert hatte. Uärgs. Die Dinger weckten in ihr keine Gelüste, sondern Übelkeit.
»Du musst unbedingt morgen um sechs aufstehen und sehen, wie wir in den Canale Grande einfahren«, sagte Eric. »Unvergesslich!«
»Sechs?«, wiederholte Frankie. »Das ist ein Witz, Eric.«
»Sie sind herzlich eingeladen, morgen auf die Brücke zu kommen und zu sehen, wie wir aus dem Canale Grande herausfahren«, bot Nigel an.
»Oh, wirklich?«, hauchte Irene aufgeregt. »Das wäre ja wundervoll!«
»Und wie es das wäre«, bestätigte Eric. »Ich danke Ihnen vielmals, Captain. Das würden wir zu gern.«
»Dann also abgemacht«, sagte Nigel, tupfte sich den Mund mit seiner Serviette ab und stand auf. »Ich hole Sie alle um halb fünf Morgen an der Rezeption ab. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag morgen. Genießen Sie ihn. Venice, Ihnen wünsche ich einen sehr schönen Geburtstag.«
»Danke, Mr. … Captain O’Shaughnessy«, antwortete Venice, die nicht aufhören konnte, seinen Namen wie Ocean-Sea auszusprechen.
»Was für ein sympathischer Mann«, sagte Stella, als sie zum Captain hinüber sah, der gerade mit Supremoredete. »Und so gut aussehend. Ich wette, der hat in jedem Hafen eine.«
»Tja, und wir nehmen jetzt noch einen, nicht?«, schlug Royston vor. »Angel? Bringen Sie doch bitte nach dem Kaffee noch Portwein für alle.«
Eric protestierte sofort, zückte seine Karte und meinte, er wäre dran, den Portwein zu spendieren.
»Nein, mein Freund, ich bin stinkreich, und ich bestehe darauf!«, widersprach Royston.
»Ach, lass ihn, Eric«, sagte Stella lachend und hob eine Hand. »Er hat solchen Spaß daran, mit Geld um sich zu werfen. Verdirb ihm nicht die Ferien.« Letzteres hatte sie gewiss nicht vor. Sie würde ihn morgen in den Juwelierläden von Venedig sehr glücklich machen, denn dort dürfte er seine Scheckkarte noch und nöcher zücken.
Nach dem Kaffee, zu dem köstliches Kirsch-Nougat serviert wurde, machten sich die vier Frauen auf den Weg ins Theater, wo die Mermaidia Theatre Company Rocket Man gab, eine Show mit lauter Elton-John-Stücken. Auf dem Weg allerdings sagte Roz plötzlich, sie müsste zum Klo und verschwand mit der Anweisung, die anderen sollten ihr einen Platz freihalten. Sie musste nicht zur Toilette, sondern hatte eben Dom Donaldson und seine Angelina-Kopie erblickt, die im Darcy’s, der Bar neben dem Theater, bei einem Drink saßen. Das Darcy’s war mit Plüschsesseln möbliert, es durften keine Kinder hinein, und drinnen war Rauchen erlaubt. Roz zog die kleine Geburtstagskarte aus ihrer Handtasche, die sie vor ein paar Tagen im Emporium gekauft hatte und seither in der Hoffnung mit sich herumtrug, Dom Donaldson zufällig zu begegnen. Heute Abend war er allerdingsnicht zu übersehen, denn ein derartig abgeschmacktes dunkelblaues Pailletten-Sakko konnte nur jemand tragen, der unbedingt auffallen wollte und Macho genug war, um es nicht völlig peinlich zu machen.
»Entschuldigen Sie«, eröffnete Roz
Weitere Kostenlose Bücher