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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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der Straße aus herein, denn die Fenster waren geschlossen. Draußen goss es in Strömen. Der Regen prasselte laut gegen die Scheibe.
    „Daniel?“ Keine Antwort. Er schien noch unterwegs zu sein. Zum Glück. Somit war er in Sicherheit.
    Hastig legte sie ihre Handtasche auf den Schuhschrank. Sie rannte durch den Korridor, blieb stehen und schnupperte. Verbranntes Gras, aber es lag auch etwas Chemisches in der Luft.
    Aufgeregt rief sie: „Benjamin, hallo?“ Er sollte zu Hause sein.
    Das Leonardo-da-Vinci-Gymnasium hatte vor etwa einer Stunde seine Mutter angerufen und sie darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Schulleitung ihn nach Hause geschickt und mit einem Verweis gedroht hatte. Zu dem Zeitpunkt saß Heide Mannteufel gerade mit Hans-Joachim im Wartezimmer des Eheberaters. Sie klingelte bei Marie an und fragte, ob die ausnahmsweise nach Benjamin schauen könnte, denn der Psychologe hätte gemeint, ein Grund für ihre Eheprobleme sei, dass Heide sich mehr um ihren Sohn als um ihren Mann kümmere. Also hatte sie beschlossen, die Glucke abzulegen. Ein erster Schritt war, in diesem aktuellen Fall Ben nicht über Hajo zu stellen, sondern bei ihrem Mann zu bleiben und den Termin wahrzunehmen.
    Neuerungen waren gut, zumal sich das Verhältnis zwischen Benjamin und seiner Mutter entspannen würde, doch im Moment veränderte sich für Maries Geschmack zu viel auf einmal.
    Außerdem brauchte der Junge Rückhalt. Also war sie zwischen einer Gerichtsverhandlung, bei der sie Zeichnungen für den Kölner Stadtkurier angefertigt hatte, und ihrer Arbeit beim Musical Dome, wo sie die verpassten Stunden vom Vormittag abends würde dranhängen müssen, heimgefahren.
    Ben, der eigentlich nicht einmal einer Fliege etwas zuleide tat, hatte sich, so die Direktion, mit einem Jungen aus seiner Stufe geprügelt. Dieser hatte einen Ausschnitt aus einer Boulevardzeitung herumgezeigt, in der reißerisch gefragt wurde, ob Julia Kranich nicht eventuell selbst ihre Ermordung provoziert hätte. Daneben war wohl ein Foto von der Vokü-Party abgedruckt, auf der die damals Siebzehnjährige viel Haut zeigte. Weiß Gott, wo die Redaktion den Schnappschuss nach der langen Zeit ausgegraben hatte! Offenbar hatte nicht nur Julia mit ihrer Handykamera fotografiert.
    Es roch intensiver nach Rauch, je weiter Marie in die Wohnung vordrang. Beinahe wäre sie ins Wohnzimmer gelaufen, wechselte jedoch im letzten Moment die Richtung, da sie ein Geräusch gehört hatte.
    Unweigerlich dachte sie an die Brandstiftung bei den Mannteufels, daran, dass sie jederzeit mit einem Angriff von GeoGod rechnen musste, weil er Benjamin indirekt Leid zufügte, indem er ihr Schmerzen zufügte oder sie sogar tötete.
    Sollte sie die Wohnung verlassen und Hilfe holen? Aber was war, wenn der Patron Benjamin gefesselt und einen Brandsatz gelegt hatte?
    Nein, sie konnte nicht warten! Beherzt schnappte sich Marie einen für seine geringe Größe recht schweren Buddha, um ihn als Waffe einzusetzen. Ihr Herz schlug ihr bis in den Hals, als sie ins Bad stürmte, die Steinfigur mit beiden Händen zum Schlag bereit erhoben.
    „Ben!“ Keuchend blieb sie stehen.
    Ertappt setzte er die Wodkaflasche vom Mund ab. Während die Musik in seinen Kopfhörern so laut plärrte, dass sogar Marie sie hörte, starrte er sie erschrocken an. Unbeholfen zog er seine Inears heraus.
    „Was machst du hier?“, lallte er. Hektisch wedelte er über den Flammen im Waschbecken herum, als würde das helfen, sie zu löschen. Dabei verbrannte er sich die Handkante, merkte es jedoch nicht einmal. Stattdessen kicherte er und rülpste schließlich. „Mir war kalt.“
    Marie stellte den Buddha auf den Boden, eilte kopfschüttelnd zu ihm und drehte das Wasser auf. Schnaubend hielt sie seine Hand unter den Strahl. Innerlich zählte sie von dreißig rückwärts, um nicht zu explodieren. Sie öffnete den Siphon und versuchte die eingestanzten Bilder auf den bunten Pillen, die gemeinsam mit der Asche und den brennenden getrockneten Pflanzenteilen in den Abfluss gespült wurden, zu identifizieren.
    Wankend lehnte sich Ben an sie. „Du bist so gut zu mir. Immer bist du für mich da. Du bist die Einzige, die immer da ist.“
    „Bis du von allen guten Geistern verlassen?“, schrie sie ihn an und stieß ihn von sich fort. Sie hielt ihm die silbernen Spice-Tüten unter die Nase, deren Ränder geschmolzen und wellig waren.
    Mit zusammengekniffenen geröteten Augen schaute er auf die Etiketten der Flakons und Lotions auf der

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