Leidenschaft der Nacht - 4
dich nie wieder zu belästigen! «
Als sie ihm jetzt entweichen wollte, hielt er sie nicht mehr fest. Stumm sah er ihr nach, als sie ins Bad ging. Sie ließ die Tür offen, so dass er Ausschnitte von ihr sah, während sie vor dem Spiegel ihr Haar richtete.
Bei der Suche nach ihrem Neffen würde er helfen, weil er ihr helfen wollte. Sollte sie ruhig denken, er täte es für den Sex. Wenn sie so dumm war anzunehmen, das wäre alles, was er von ihr wollte, nur zu! Er konnte sie sogar glauben machen, dass sie die Oberhand hatte.
Doch falls Olivia dachte, er ließe sie einfach fortgehen, nachdem das hier vorbei war, solange noch so vieles ungeklärt zwischen ihnen stand, kannte sie ihn nicht so gut, wie sie meinte.
Nein, dann kannte sie ihn überhaupt nicht.
Er hatte eine Zofe für sie eingestellt.
Das Mädchen erwartete sie im Schlafzimmer. Die Haushälterin, Mrs. MacCoddle, machte sie beide bekannt. Olivia war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, über das Zimmer zu staunen, als dass sie sich den Namen des Mädchens gemerkt hätte.
»Entschuldige, wie war dein Name?«, fragte sie, als das Mädchen anfing, ihre Sachen auszupacken. Olivia saß auf einem gigantischen Schlittenbett, immer noch ein wenig benommen, und blickte sich um.
»Janet, Ma’am.« Sie konnte nicht älter als achtzehn sein, ein kleines rothaariges Ding. »Das ist meine erste Stellung als Zofe, Ma’am, und ich hoffe, ich enttäusche Sie nicht.«
»Ich bin sicher, das wirst du nicht«, antwortete Olivia lächelnd. Der Akzent des Mädchens war köstlich. Olivia hatte es immer geliebt, Leute mit Akzent sprechen zu hören, und natürlich erinnerte Reign sich daran. Wie er überhaupt sehr vieles noch im Gedächtnis zu haben schien.
Ihre Lieblingsfarbe zum Beispiel. Denn gewiss war es kein Zufall, dass dieses Zimmer blassgrüne Wände, Goldverzierungen oder tiefgoldene Vorhänge hatte, die zur Teppichfarbe wie zur Bettwäsche passten. Er musste noch wissen, dass sie alle Goldtöne liebte, weil sie so schön schimmerten.
Ihr Brautkleid war aus weicher champagnerfarbener Seide gewesen. Reign hatte damals geschwärmt, wie wunderschön sie darin aussähe.
Janet sah sie mit einem breiten Grinsen an. »Das ist ein ganz reizendes Zimmer, Ma’am, wenn ich das sagen darf. Das schönste im ganzen Haus.« Ihr Lächeln wurde ein wenig matter. »Anscheinend hatte der frühere Mr. Gavin - der Dad von diesem - es vor dreißig Jahren eigens für seine Braut einrichten lassen. Aber sie starb, bevor sie es sehen konnte.«
»Wie … tragisch!« Olivias Mund war auf einmal sehr trocken. Gestorben? Er hatte seinen Bediensteten erzählt, sie wäre gestorben?
»Ja, aber wie gut, dass jetzt eine Dame hier ist, die das Zimmer würdigt!« Das Mädchen entblößte strahlend ihre gesunden, wenngleich etwas schiefen Zähne.
»Wenn ich das sagen darf, Ma’am, es ist furchtbar schön, Sie hier zu haben.«
»Ich danke dir«, antwortete Olivia leise, ehe sie lauter hinzufügte: »Was ist mit der anderen Mrs. Gavin geschehen?«
Die Zofe legte achselzuckend ein weiteres zerknittertes Kleid auf einen Stapel - vermutlich um sie zu bügeln. »Genau weiß ich das nicht. Es war ja alles lange vor meiner Zeit, aber ein paar von den älteren Bediensteten sagen, dass der frühere Herr so überwältigt von seiner Trauer war, dass er sich einen Monat lang in diesem Zimmer einschloss und sich weigerte hinauszugehen. «
»Das glaubst du doch nicht, oder?« Es war viel zu phantastisch - zu anmaßend -, sich vorzustellen, dass Reign das getan hätte; nicht, nachdem sie nichts weiter getan hatte, als ihn zu verlassen.
Janet legte alle Unterwäsche in die zahlreichen Schubladen der großen creme- und goldfarbenen Kommode. »Na ja, halten Sie mich ruhig für närrisch romantisch, aber ich glaube daran. Mir gefällt die Vorstellung, dass ein Mann so verzweifelt ist, wenn er die Frau verliert, die er liebt, dass er sich in das Zimmer einschließt, das er extra für sie eingerichtet hat, damit er sich ihr nahe fühlt.«
Olivia schloss die Augen. Ihre Brust war so eng, dass sie kaum Luft bekam. ja, auch ihr gefiel diese Vorstellung. Was ihr nicht gefiel, war, dass Reign es ihretwegen getan hatte. Es musste eine Legende sein, reine Übertreibung, sonst nichts!
Andererseits traute sie es dem leidenschaftlichen Mann zu, in den sie sich einst verliebt hatte.
»Soll ich Ihnen helfen, das Bett zu richten, Ma’am?«
Bett. Bis zum Morgengrauen waren es immer noch einige Stunden, aber
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