Leidenschaft der Nacht - 4
herausfand? Was, wenn die Entführer ihn unterschätzten und Reign ihren Plan durchschaute? Er würde Schottland verlassen. Das hatte er bereits angedroht. Gott, sie könnte von Glück reden, wenn er sie nicht vorher umbrachte! Gewiss würde sie es ihm nicht verübeln, und James …
Sie atmete tief ein. »Sollen wir zusagen?«
Er zog eine Braue hoch. »Ich glaube nicht, dass wir eine Wahl haben.«
»Nein, wohl nicht.« Ihr Blick wanderte zum Fenster. Sie hatte keine Wahl. Das musste sie sich immer wieder sagen. Wut regte sich in ihrem Bauch. Sie hatte keine Wahl gehabt, als Reign sie zum Vampir machte, und jetzt hatte sie wieder keine. Dem Nächsten, der versuchte, über ihr Leben zu bestimmen, würde sie eigenhändig das Herz herausreißen, so viel stand fest! Sie war es mehr als leid, für jemanden die Marionette zu mimen.
Beide schwiegen, und obgleich die Stille nicht unangenehm war, hatte sie etwas Durchdringendes. Sie hielt so lange an, bis Olivia die Hufschläge der Kutschpferde zählte, um nicht denken zu müssen.
Plötzlich klopfte Reign an das Kutschendach, und kurz darauf stoppte der Wagen.
Olivia sah ihn an. »Warum halten wir?« Sie konnten noch nicht zu Hause sein, denn dafür waren sie erst zu kurz unterwegs.
»Wir steigen aus«, bestimmte Reign und erhob sich.
»Warum?« Noch während sie fragte, folgte sie ihm abermals in die Nacht hinaus.
Die Einladung ließ sie in der Kutsche zurück.
Draußen nahm Reign ihre Hand. »Wir gehen jagen.«
Zwar protestierte sie, doch er hörte ihr nicht zu. Er wies den Kutscher an, nach Hause zu fahren, bevor er Olivia mit sich in einen anderen Pub zog, der sehr viel gepflegter war als das »Wolf, Ram and Hart Inn«.
»Bucket of Blood?«, las sie verwundert das Schild über der Tür vor. »Wer nennt ein Wirtshaus >Bluteimer«
»Ich«, antwortete er grinsend, »es gehört mir.«
Oh, verdammt! Warum war sie überrascht? Kein Wunder, dass er amüsiert gewesen war, als sie ihn fragte, ob ihm das »Wolf, Ram and Hart« gehörte! »ja, natürlich.«
Als sie hineingingen, schlug ihr kein Schwall von Sinnesattacken entgegen wie in dem letzten Wirtshaus - im Gegenteil. Das »Bucket of Blood« war geradezu angenehm für Olivias Nase und Ohren. Die Musik war lebhaft, aber weniger laut, und die Gäste tranken hochwertige Spirituosen. Eine kleine Wolke von Zigarrenrauch waberte unter der Decke, gemischt mit unterschiedlichen Eau de Colognes und Parfums, die allesamt edel und teuer dufteten. Alle Leute hier waren sauber, elegant und eindeutig gekommen, um sich zu amüsieren, nicht um sich zu betrinken und anschließend zu prügeln.
»Einige von ihnen sind Vampire«, flüsterte sie, nachdem sie sich umgesehen hatte.
»Ein paar, ja. Sicher sind sie auf der Durchreise. Dies ist ein sicheres Haus für unseresgleichen. Hier bekommen sie Unterkunft und Nahrung. Aber Menschen sind gleichermaßen willkommen.«
»Wie dein Bordell in London.« Als er sie verwundert anschaute, musste Olivia unweigerlich schmunzeln. »Was? Hast du gedacht, ich würde es nicht herausbekommen?« Anfangs war es für sie ein Grund mehr gewesen, ihn zu verabscheuen. Später jedoch schien es ihr die ideale Fassade für ein Vampirversteck.
»Ich habe überhaupt nicht darüber nachgedacht. ja, dieses Lokal ist ähnlich, nur dass das einzig Käufliche hier Whisky und Ähnliches ist.«
»Haben sie Blut?«
»Ja, für gewöhnlich schon.«
»Und warum jagen wir? Können wir nicht einfach eine Flasche bekommen?«
Seine grauen Augen waren unangenehm aufmerksam. »Würde dich denn Blut aus der Flasche befriedigen?«
Zu ihrem Verdruss wurde Olivia rot. »Nein.« Sie brauchte den Kitzel, ein Opfer auszusuchen, die Befriedigung, mit ihren Reißzähnen in warme Haut zu tauchen.
»Dann such dir jemanden aus, vorzugsweise jemanden, der ein bisschen zu viel getrunken hat und sich morgen früh nicht mehr erinnert, dass ihm eine wunderschöne Frau in den Hals gebissen hat.«
Bei seinen Worten erschauderte sie. Er konnte unmöglich wissen, dass sie genau so ihre Opfer aussuchte. Und sie sollte nicht erregt sein, doch sie war es. Ihre Haut kribbelte bereits, als sie sich nach jemandem umsah, der ihr zusagte.
Dann fand sie ihn. Er war jung, aber nicht zu jung, hockte zusammengesunken auf seinem Stuhl und hatte ein WhiskyGlas neben sich auf dem Tisch. »Der. «
Reign beugte sich ein wenig vor und folgte ihrem Blick.
Er war ihr so nahe, dass sie sein Revers an ihrem Arm fühlte. »Der Knabe in der
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