Leidenschaft der Nacht - 4
nicht. Nein, es würde wohl nie genügen.
Hatte er geglaubt, dass sie ihm das Herz brach, als sie ihn verließ, war das nichts im Vergleich zu dem, was sie jetzt tat.
»Reign, hör mir zu! «
Weder blieb er stehen, noch gab er zu erkennen, ob er ihr zuhörte. Sie waren bereits auf dem Dachboden, von wo aus sie auf das Dach hinauskletterten, doch er tat nach wie vor, als wäre sie gar nicht da.
Seit er ihr an den Kopf geschleudert hatte, dass ihm gleich wäre, ob sie mit ihm kam oder nicht, hatte er kein Wort mehr mit ihr gewechselt. Notgedrungen musste sie ihm nachrennen und versuchen, sich für ihr Verhalten zu entschuldigen. Aber er weigerte sich, sie anzuhören.
»Du hast kein Recht, wütend zu sein! «, rief sie aus, während sie ihm über den Dachfirst hinterherbalancierte. »Warum sollte ich dir trauen, nach allem, was du mir angetan hast?«
Nun bedachte er sie mit einem so eisigen Blick, dass sie fröstelte. »Weil ich mich einverstanden erklärte, dir bei der Suche nach James zu helfen, obgleich ich wusste, dass du mir nicht die ganze Geschichte erzählst. Weil ich immer noch hier bin und dir zu helfen versuche, obwohl du mich bei jeder Gelegenheit belügst.«
Wenn er es so ausdrückte, klang es wahrlich, als wäre sie ein echtes Miststück. Und sie fühlte sich so … schlecht. »Und wieso bist du noch hier?«
»Damit ich endlich etwas Frieden finde, sobald die Sache ausgestanden ist und du mich wieder verlässt.« Kein Hauch von Gefühl schwang in seiner Stimme mit oder spiegelte sich in seinen Gesichtszügen. »Sei versichert, Liebling, ich werde die nächsten dreißig Jahre nicht mit dem Wunsch verbringen, dass du zurückkommst! «
Dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte, machte nichts, denn er erwartete offensichtlich keine Erwiderung. Er stieß sich vom Dach ab und stieg in den Himmel auf.
Der Mann, der überall mit seiner Kutsche hinfuhr, flog und es schien ihm vollkommen egal, ob ihn jemand sah oder nicht.
Verflixt und zugenäht! Sie hatte ihn wirklich wütend gemacht.
Nein. Kaum hob sie hinter ihm in den Himmel ab, wurde es ihr klar. Er war nicht wütend, sondern verletzt. Das war nicht ihre Absicht gewesen. Aber als er all diese Dinge über James gesagt hatte, hatte sie sich unweigerlich gefragt, ob der junge, der für sie wie ihr eigener Sohn war, sich womöglich gegen sie wendete. Natürlich konnte er das nicht, doch ihr nächster Gedanke war zwangsläufig der gewesen, dass sie Reign zu dem einzigen Zweck nach Schottland gebracht hatte, um ihn zu verraten.
Und dafür schämte sie sich ungemein.
Alles, was sie wollte, war, dass James in Sicherheit war. Nun jedoch regte sich eine Stimme in ihrem Hinterkopf, die fragte, was genau James wollte. Wie konnte sie ihrem eigenen Fleisch und Blut misstrauen?
Zum Glück hatte sie keine Zeit, um über diese Frage nachzudenken, denn Reign sank in Richtung der Altstadtgebäude, und wenn sie nicht aufpasste, würde sie ihn in dem Gewirr enger Gassen verlieren und müsste ihn anhand seiner Fährte aufspüren.
Darin war sie nicht besonders gut.
Sie landete in der Gasse hinter dem »Bucket of Blood«, an derselben Stelle, an der Reign sich vor ihren Augen an einer billigen Kopie ihrer selbst genährt hatte. Hier hatte er sie dazu gebracht, dass sie sich an die Stelle der anderen wünschte. Als sie sich daran erinnerte, lief Olivia ein Schauer über den Rücken.
Reign warf ihr einen zynischen Blick zu, den sie deutlich erkannte, auch wenn sein Gesicht im Schatten lag. »Vielleicht ist deine Beute von neulich wieder hier.«
Trotzig reckte sie ihr Kinn. Nein, sie würde sich nicht von ihm provozieren lassen!
»Oder deine.«
Er blinzelte nicht einmal. »Ich bin nicht hungrig.«
Das war zu viel. »Reign … « Kaum hatte sie seinen Namen ausgesprochen, war er auch schon bei ihr, trug sie rückwärts, bis ihre Schultern mit der rauhen Steinmauer kollidierten. Unter der Wucht des Aufpralls löste sich eine Putzwolke aus der Mauer, die um sie herum aufstob. Gleichzeitig nahm Reigns Mund ihren ein, seine Lippen und seine Zunge nahmen sie gefangen, dass ihr schwindlig wurde. Olivia klammerte sich an seine Schultern, wo sie ihre Finger tief in die weiche Wolle seines Gehrocks grub.
Er duftete göttlich, schmeckte himmlisch und fühlte sich sündhaft gut an. Ihr Körper reagierte sofort auf seine Berührung, spannte und erhitzte sich an mehreren Stellen.
Und als Reign wieder zurückwich, wollte sie vor Enttäuschung schreien.
»Du sagst, du
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