Leidenschaft der Wüste: Sie suchte seinen Schutz - und fand die Liebe (German Edition)
Todesschreie …
»Ein Jammer, möchte man sagen, dass Ihr Großvater so schnell nach Ihrer Rückkehr gestorben ist. Ich vermisse den alten Herrn. In unserer Jugend haben wir manches Abenteuer zusammen bestritten, als er mich nach Ägypten mitschleifte.« Mit gesenkter Stimme fügte Huntly hinzu: »Wir waren sogar in einem dieser verbotenen Bordelle in Kairo. Da hat er sich ganz schön in eines der kleinen Fräuleins verguckt.«
Kenneth stutzte. »Mein Großvater?«
»Ja, als grüner Junge war er ein recht scharfer Lump.« Huntly verzog das Gesicht, als um ihn herum alles in Schweigen verfiel. »Oh, verzeihen Sie bitte, Caldwell!«
Viscount Oates ergriff die Gelegenheit beim Schopfe. »Ebenso scharf wie sein Enkel, dessen bin ich gewiss. Und dennoch, wenn man sich ansieht, wie hübsch Sie sich in unsere Gesellschaft einfügen, Caldwell, tja, da würde ich fast behaupten, keiner käme darauf, dass Sie von Heiden ohne Manieren großgezogen wurden.«
»Nun, meine Erziehung dürfte kaum schlechter gewesen sein als die Ihre«, konterte Kenneth ruhig. Lord Huntly hustete und prustete vor Lachen, während Lord Smithfield eine Augenbraue lüpfte und amüsiert lächelte.
Ja, Kenneth wusste sich durchaus denen gegenüber zu behaupten, die ihn ob seiner arabischen Vergangenheit verspotteten. Das hatte er in England als Erstes gelernt. Aber Badra? Verhöhnten die Frauen sie ebenso wie die Männer ihn? Wieder musste er an ihr angsterfülltes Gesicht denken, als sie von den Damen aus dem Speisezimmer geführt worden war.
Britische Gepflogenheiten hin oder her, er konnte sie nicht länger hilflos ihrem Schicksal überlassen. Mit einer höflichen Entschuldigung stellte er sein Glas ab und ging zum Salon. Die Tür stand offen, und er blieb zunächst lauschend daneben stehen. Schließlich hatte er nicht vergessen, was er in Jahren gelernt hatte.
Drinnen saß Badra kerzengerade auf einem dunkelroten Plüschsessel. Die Damen begafften sie wie Geier frisches Aas, und erst jetzt stellte Kenneth höchst beunruhigt fest, dass sich mehrere frühere Gespielinnen von ihm unter ihnen befanden. Eine stand besonders nah bei Badra und hatte ein bösartiges Funkeln in den haselnussbraunen Augen. Kenneth unterdrückte ein Stöhnen. Es war die ehrbare Millicent Williams, erst seit der letzten Saison in die Gesellschaft eingeführt und, wie er entdeckt hatte, keine Jungfrau mehr. Bei dem Versuch, über Badra hinwegzukommen, hatte Kenneth mehrere Frauen verführt. Er war der wilde Araberhengst in einer Herde von willigen englischen Stuten gewesen.
Als sein Großvater von seinen Affären gehört hatte, bat er ihn mit der ihm eigenen sanften Eindringlichkeit um ein wenig Diskretion. Kenneth hatte daraufhin sofort sämtliche Liebschaften beendet, da er zu dem Schluss gelangt war, er müsste sich nicht wie alle anderen im Schlafzimmer benehmen, um sich in diese neue, merkwürdige Gesellschaft einzufinden – eine Gesellschaft, in der ein nacktes Tischbein als anzüglich galt, aber niemand sich etwas dabei dachte, sein Vergnügen zwischen den Schenkeln der Gattin eines anderen Mannes zu suchen, solange diese Affäre ebenso verborgen blieb wie besagte Tischbeine. Seine Geliebten schmollten, aber er ließ sich nicht erweichen. Fürderhin behandelte er sie alle mit tadelloser Höflichkeit, wenn er ihnen bei gesellschaftlichen Anlässen begegnete – deutlich höflicher jedenfalls, als sie sich jetzt gerade Badra gegenüber gaben. Es versetzte ihm einen schmerzlichen Stich, sie so offensichtlich leiden zu sehen.
»Ach, es muss faszinierend sein, in Ägypten zu leben! Gewiss haben Sie in einem Harem gewohnt. Trugen Sie dort auch diese entsetzlich skandalösen Kleider?«, fragte eine der Frauen aufgeregt.
Badra fuhr zusammen und vergrub die Finger in dem dichten Seidenstoff ihres Rocks.
Lady Millicent tat übertrieben prüde und geziert. »Ich habe gehört, dass diese Stämme Frauen haben, die einzig dazu da sind, den Männern zu dienen. Wie man mir erzählte, gibt es Harems mit braunhäutigen unmoralischen Frauen, die praktisch nichts tragen und alle erdenklichen unanständigen Dinge tun«, sagte sie mit einem angewiderten Blick auf Badra, der verriet, was sie beabsichtigte.
Kenneth wurde wütend. Unanständige Dinge? Er erinnerte sich an Millicents sehr unanständigen Mund, der sich um sein sehr williges Glied geschlossen hatte, um es zur vollen Größe aufzurichten. Und nun äußerten dieselben Lippen eine Moral, die nichts als Heuchelei war.
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