Leidenschaft des Augenblicks
Arbeitsmoral völlig untergraben gewesen wäre?«
Vincent hob beide Hände. »Sie haben recht. Sie hat wirklich viel Unheil angerichtet. Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß sie sich nicht mit obskuren Sekten beschäftigen könnte, wenn sie noch hier im Haus tätig wäre.«
Hatch ging zum Fenster hinüber und blickte ein paar Minuten lang schweigend hinaus. »Vielleicht machen Sie sich ja unnötig Sorgen.«
»Ich mache mir nicht unnötig Sorgen. Ich bin ehrlich beunruhigt. Und was soll das - ich mache mir Sorgen? Sie sind genauso besorgt wie ich. Ich habe doch gesehen, wie Ihnen der Mund offenstehen blieb, als sie die Bombe platzen ließ von wegen Nachforschungen anstellen. Das erstemal, daß ich Sie so bestürzt gesehen habe, Hatch. Wäre die Sache nicht so verdammt ernst, hätte ich laut rausgelacht.«
»Okay, vielleicht sind Sie... sind wir besorgt, ohne daß es einen ernstzunehmenden Grund dafür gäbe.« Hatch drehte sich abrupt um und sah ihm direkt ins Gesicht. »Schauen Sie, das Schlimmste, was passieren kann, ist, daß Jessie die Adresse des DEL-Hauptquartiers herausfindet und dort nach Susan Attwood fragt. Möglicherweise wird es ihr auch gelingen, den Sektenführer, diesen sogenannten Dr. Bright, zu sprechen.«
»Und?«
»Versuchen Sie einfach, die Sache objektiv zu sehen, Vincent. Wie würden Sie reagieren? Höchstwahrscheinlich wird man Jessie höflich ersuchen, sich nicht in fremde Angelegenheiten einzumischen, und damit ist die ganze Sache erledigt. Sie stellt für niemanden eine Bedrohung dar, und wer immer für die Organisation von Dawn's Early Light verantwortlich ist, wird das auch wissen. Sie werden sie nicht anders als einen lästigen Reporter behandeln und einfach abblitzen lassen.«
Vincent dachte darüber nach. »Wahrscheinlich haben Sie recht. Aber, verflixt noch mal, ich wünschte, sie würde sich da raushalten. Warum kann sie sich nicht einen ganz normalen Job suchen wie alle anderen auch?«
»Jessie ist nicht wie alle anderen.« Hatch ging zum Schreibtisch zurück und starrte auf den riesigen bunten Blumenstrauß, den Grace in eine Vase gestellt hatte. »Schenkt sie Ihnen immer Blumen zum Geburtstag?«
Vincent betrachtete ebenfalls die Blütenpracht und lächelte. »Sie hat wenige Jahre nach Elizabeths Geburt damit angefangen. Connie und ich hatten damals schon Probleme, und sie und Lilian schmiedeten Pläne, zusammen ein Geschäft aufzumachen. Die beiden haben viel Zeit miteinander verbracht, und irgendwie war es plötzlich Jessie, die sich um die Kleine kümmerte. Eines Tages tauchte sie hier auf, einen Strauß Blumen in der einen und die kleine Elizabeth an der anderen Hand, und sagte, sie wolle mich zum Essen einladen. Und so ist es seitdem jedes Jahr. Ich habe mich allmählich daran gewöhnt.«
Vorsichtig berührte Hatch die Blüte einer feuerfarbenen Lilie. Sie war so weich wie Samt und leuchtete wie Sonnenstrahlen. »Irgendwie komisch. Einem Mann Blumen zu schenken, meine ich.«
»Wie ich schon sagte - man gewöhnt sich dran.«
»Mir hat noch nie jemand Blumen geschenkt.«
»Kein Grund zum Jammern«, meinte Vincent grinsend.
»Heiraten Sie die Frau, und ich wette, auch Sie bekommen zu jedem Geburtstag einen Strauß. Wie war's übrigens gestern abend?«
»Das Geschäft mit Galloway ist unter Dach und Fach.«
»Verdammt, das weiß ich. Ich meine doch, wie lief es zwi-schen Ihnen und meiner Tochter? Ich habe bemerkt, daß Sie beide sich jetzt wenigstens duzen.«
»Ich denke nicht daran, Ihnen mein gesamtes Privatleben zu schildern. Aber eines sollten Sie wissen: Ich habe rausgefunden, daß es etwas gibt, was die Sache stark beeinträchtigt.«
»Und das wäre?«
»Sie findet, daß ich Ihnen in vielerlei Hinsicht zu ähnlich bin.«
»So ein Unsinn. Das ist nichts weiter als eine dumme Ausrede. Und außerdem mag sie mich.«
Hatch dachte daran, wie Jessie ihn geküßt und ihre Arme um seinen Hals geschlungen hatte. »Sie mag mich auch. Aber sie glaubt nicht, daß ich einen guten Ehemann abgeben würde. Sie sagt, sie wolle keinen Mann heiraten, der sich mehr für seine Arbeit interessiert als für die Familie.«
»Weiber! Sie kapieren einfach nicht, wie es im Geschäftsleben zugeht. Wollen immer an erster Stelle stehen. Man sollte denken, sie glauben, ein Unternehmen wie Benedict Fasteners laufe ganz von selbst. Ich hätte Jessie wirklich mehr gesunden Menschenverstand zugetraut.«
»Irgend etwas sagt mir, daß gesunder Menschenverstand nicht gerade eine von
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