Leidenschaft des Augenblicks
Boden.
Dann waren ein heiseres Keuchen und weitere Flüche zu hören, während der Einbrecher sich umwandte und durch die
Diele floh, wobei er fast noch mit Jessie zusammengestoßen wäre. Der Flüchtende sprang über Alex, der immer noch am Boden lag, und verschwand durch die Haustür in der nächtlichen Dunkelheit.
»Hatch, ist dir was passiert?«
»Ich bin okay, Jessie.« Wilde Wut stieg in Hatch hoch, als er merkte, daß seinem Gegner die Flucht geglückt war. Er rannte ihm bis zur Türe nach, mußte dann aber einsehen, daß es aussichtslos war, den Kerl zu verfolgen.
Enttäuscht und verärgert stand er im Hauseingang und suchte die dunkle Straße nach Schatten ab. Doch es gab nichts zu sehen, ja, er hörte nicht einmal Schritte. Nichts.
Hinter Hatchs Rücken ging das Licht in Alex' Büro an. Widerwillig drehte er sich um und sah, daß Jessie ihn mit vor Besorgnis weit aufgerissenen Augen anstarrte.
»Ist dir auch wirklich nichts passiert?«
»Nein.«
»Aber er hatte doch ein Messer...«
»Ja. Aber keine Gelegenheit, es zu benutzen. Ich bin okay, Jessie.«
»Bist du sicher?«
»Verdammt noch mal, ja, ich bin sicher.« Hatch hörte den unterdrückten Zorn in seiner Stimme. Er mußte sich zusammenreißen und sich wieder in den Griff bekommen. Das war nicht leicht. Möglicherweise hing das nicht nur mit dem Adrenalinstoß zusammen, den der kurze Kampf ausgelöst hatte, sondern auch damit, daß er eine gewaltige Wut auf Jessie verspürte.
Offensichtlich war diesem kleinen Dummkopf immer noch nicht aufgefallen, daß - hätte nicht Alex im Weg gelegen - sie diejenige gewesen wäre, die in das Büro gestürmt und folglich auf den bewaffneten Einbrecher gestoßen wäre. Hatch hatte große Lust, ihr das in nicht sehr gewählten Worten an den Kopf zu werfen, sagte sich dann aber, daß dafür jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war.
»Was ist mit Ihnen, Alex?« wandte er sich an den verletzten Mann.
»Ich bin auch in Ordnung. Denke ich wenigstens. Wie ich schon sagte, habe ich das Bewußtsein nicht vollständig ver-loren. Ich war die letzten paar Minuten nur etwas benommen.«
»Ich nehme an, Sie sind derjenige, der Jessie angerufen hat?«
»Ja. Tut mir leid.« Alex tastete den Boden ab, fand seine Hornbrille und setzte sie auf. Sie saß etwas schief auf seiner Nase. Dann faßte er sich vorsichtig an den Kopf. »Wenn ich geahnt hätte, daß er sich noch hier rumtreibt, hätte ich natürlich zuerst die Bullen gerufen. Aber ich war mir ja nicht einmal sicher, ob überhaupt jemand eingebrochen war. Oben schien alles in Ordnung. Hätte ja sein können, daß Jessie nur vergessen hat, die Tür abzuschließen.« Er blickte Hatch fragend an. »Ich schätze, wir rufen jetzt besser die Polizei, oder was meinen Sie?«
»Ja«, sagte Hatch. »Ich glaube, das wäre jetzt das naheliegendste. Obwohl ich bezweifle, daß sie viel tun kann.«
Jessie drehte sich um. Sie wirkte überrascht. »Was meinst du damit? Hier hat jemand eingebrochen, und das ist ganz eindeutig ein Gewaltverbrechen.«
Hatch musterte sie mitleidig. »Jessie, sei bitte mal realistisch. So etwas kommt in einer Großstadt andauernd vor.«
Sie runzelte die Stirn. »Mag sein. Aber mir ist es noch nie passiert.«
»Da hattest du Glück. Wo ist das Telephon?«
»Drüben auf dem Schreibtisch neben Alex' Computer.« Sie deutete mit dem Kopf in die entsprechende Richtung. »Hatch, bist du sauer auf mich?«
»Wie zum Teufel kommst du bloß auf die Idee?«
Drei Stunden später öffnete Hatch den Kühlschrank Jessies und stöberte solange darin herum, bis er eine Flasche Magermilch fand. Anschließend suchte er ihre Schränke nach Cornflakes ab und hielt gleichzeitig Ausschau nach Glasschälchen und Löffeln.
Er mußte das Frühstück allein zubereiten, weil Jessie, die gerade erst unter der Dusche hervorgekommen war und jetzt schwarze Leggins und ein weites, orangefarbenes Sweatshirt trug, momentan keine große Hilfe bedeutete. Aufgeregt schnatterte sie unentwegt über den Einbruch, und es war klar, daß sie das Ganze als ein großartiges Abenteuer ansah.
Hatch merkte, daß er innerlich immer noch kochte. Jedesmal, wenn er sich vorstellte, was um ein Haar passiert wäre, drehte sich ihm fast der Magen um. Doch so wütend er auch auf Jessie war, hätte er sie doch am liebsten auf der Stelle zum Sofa hinübergetragen und mit ihr geschlafen.
Er begehrte Jessie schon eine ganze Weile, aber so stark wie jetzt war sein Verlangen nach ihr noch nie gewesen. Es
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