Leidenschaft des Augenblicks
liegt, von mir zu hören. Sie hat sich an der Ostküste ein ganz neues Leben aufgebaut. Sie hat noch zwei Söhne, die beide Anwälte sind, und einen Mann, der sie wesentlich glücklicher macht, als Dad es je konnte.«
»Aber was ist mit dir?«
»Seit sie damals fortgegangen ist und mich mit dem Kerl alleingelassen hat, den sie einmal geheiratet hatte, hege ich keine großen Gefühle mehr für sie.« Hatch zuckte gleichgültig mit den Schultern.
»Sie hätte dich ja mitnehmen können.«
»Ja, aber das wollte sie nicht. Wahrscheinlich, weil ich sie zu sehr an meinen alten Herrn erinnert hätte. Jessie, ich möchte nicht weiter darüber reden. Ist das klar?«
»ja.«
Hatch atmete tief durch und versuchte, sich wieder in den Griff zu bekommen. Seine Vergangenheit war nicht gerade eines seiner Lieblingsthemen. Er blickte auf seine Uhr. »Jetzt muß ich aber los. Ich habe gleich in der Früh einen Termin mit dem Bauleiter des Portland-Projekts.« Er stand auf und faßte automatisch in seine Taschen, ob Schlüssel und Brieftasche an Ort und Stelle wären. »Bis heute abend dann. Ich komme wahrscheinlich so gegen halb acht heim. Spätestens acht.«
»Heim? Sprichst du von meiner Wohnung?«
»Genau.«
»Einen Moment mal, Hatch. Ich habe heute zu tun. Vielleicht auch heute abend. Du kannst nicht einfach hier einziehen.«
»Sorry, Jessie. Ich hab's wirklich eilig. Wir reden ein andermal darüber.« Mit wenigen Schritten war er bei ihr, gab ihr, bevor sie dagegen protestieren konnte, einen leichten Kuß auf die Stirn und ging dann zur Tür.
»Verdammt, Hatch. Nur weil du die letzte Nacht hier geschlafen hast, heißt das noch lange nicht, daß du hier einziehen kannst. Hast du mich verstanden?« Sie war schon auf den Beinen und kam hinter ihm her.
»Wir reden später darüber, Jessie.«
»Ach ja? Nun, eines solltest du jedenfalls wissen: Ich serviere nicht um acht Uhr Abendessen. Erwarte also nicht, daß ich dir was zum Essen mache, wenn du so spät kommst.«
»Ich werde es mir merken.« Er ließ sie mitten in ihrer Schimpftirade stehen, trat auf den Gang hinaus und schloß leise die Tür hinter sich.
Draußen blieb er einen Augenblick lang stehen und horchte lächelnd, wie sie wütend die Sicherheitskette vorlegte. Dann ging er befriedigt die Treppe hinunter. Hier und da eine kleine Schlacht gewonnen - und der Sieg schien in greifbare Nähe gerückt.
Zumindest konnte er sich jetzt ihrer ganzen Aufmerksamkeit sicher sein.
Jessie würde es bestimmt nicht zugeben, aber die Tatsache, daß er eine Nacht auf ihrem Sofa verbracht hatte, bedeutete einen wichtigen Wendepunkt in ihrer Beziehung. Sie brachte eine völlig neue Art von Intimität ins Spiel. Alleine schon, daß sie ihn nicht aufgeweckt und hinausbugsiert hatte, sagte eine ganze Menge aus. Viel mehr vermutlich, als sie wahrhaben wollte.
Ein weiteres Bindeglied war das gemeinsam bestandene nächtliche Abenteuer. Was für ein glücklicher Zufall, daß der Einbrecher gerade diese Nacht gewählt hatte, um bei Valentine Consultations einzusteigen.
Alles in allem konnte er zufrieden sein. Seine Werbung um Jessie Benedict machte endlich Fortschritte. Der Erfolg schien in sichtbare Nähe gerückt. Befriedigt verließ er das Haus und ging zu seinem Mercedes.
Dies war eine Fusion, auf deren Vollzug er sich ganz besonders freute.
Jessie sah die Notizen durch, die sie sich gemacht hatte, während David ihr am Telephon alles berichtete, was er auf dem Collegecampus in Erfahrung hatte bringen können.
»Viel Glück. Ich hoffe, der Name, den ich dir gegeben habe, hilft dir weiter«, hatte er geendet. »Ehrlich gesagt, waren die meisten Studenten hier auf dem Campus nicht besonders interessiert an dem, was die DEL-Stiftung so zum besten gab. Die paar, die sich der Sekte angeschlossen haben, sollen schon vorher etwas belämmert gewesen sein.«
»Wundert mich nicht. Irgendwas Konkretes über Dr. Edwin Brigth selber?«
»Nur daß der >Doktor< vor seinem Namen etwas suspekt ist. Wahrscheinlich hat er den Titel gekauft. Kein Mensch scheint zu wissen, in welchem Fach er promoviert haben könnte.«
»Aha. Eindeutig ein Schwindler. Tausend Dank für deine Hilfe, David.«
Jessie starrte auf den Namen, den sie auf den Notizblock geschrieben hatte: Nadine Willard. Jetzt hatte sie einen konkreten Ausgangspunkt. Einen echten Hinweis. Sie kam sich schon wie ein richtiger Privatdetektiv vor.
Nadine Willard arbeitete in einer Espresso-Bar gleich gegenüber vom Eingang zum
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