Leidenschaft des Augenblicks
ums Leben gekommen.«
Jessie brannten Tränen in den Augen. »Hatch, es tut mir so leid.«
»Es war hart. Nach der Beerdigung war ich eine Zeitlang wie betäubt. Deshalb hat es wahrscheinlich auch so lang gedauert, bis ich den Brief fand, den sie mir geschrieben hatte, bevor sie an jenem Tag zum letzten Mal ins Auto stieg.«
Jessie begann zu ahnen, wie es weitergegangen war. »Was stand in dem Brief?«
»Sie schrieb mir, daß sie sich nicht an einen Verlierer binden könne. Es ginge schließlich um ihre Zukunft, und sie würde die Scheidung einreichen. Sie hatte vor, einen Freund von mir zu heiraten. Einen Mann, mit dem ich zusammengearbeitet und dem ich vertraut hatte. Er war nach der Firmenübernahme auf die Füße gefallen und von dem neuen Eigentümer als Vizepräsident eingestellt worden.«
»Oh, Hatch...«
»Offenbar hatten er und Olivia schon sechs Monate lang ein Verhältnis. An dem Tag, an dem sie verunglückte, war sie auf dem Weg zu ihm. Olivia schrieb, sie hoffe, ich würde sie verstehen.«
»Mein Gott.« Jessie hatte sich schon lange nicht mehr so elend gefühlt. »Es tut mir leid«, sagte sie wieder. Sie konnte an gar nichts anderes mehr denken. »Es tut mir so schrecklich leid, Hatch.«
»Nachdem ich den Brief gelesen hatte, wurde mir auf einmal vieles klar. Ich verstand, warum sie noch nicht bereit gewesen war, über Kinder zu reden. Sie wollte nicht schwanger werden, bevor sie sich nicht im klaren darüber war, ob sie mich verlassen wollte oder nicht.«
Seine Finger verkrampften sich so, daß Jessie den Druck durch ihre dicke Jacke hindurch spürte. Sie hob die Hand und berührte seine Wange. »Bitte, Hatch. Sprich jetzt nicht weiter darüber. Ich hätte dich nie über sie ausfragen sollen.«
Seine Lippen wurden schmal. »Du wirst ja ganz naß. Wir sollten hier nicht länger im Regen stehen.«
»Ja.«
Er nahm wieder ihren Arm, und sie gingen weiter. »Gibt es noch irgend etwas, was du über mich wissen möchtest? Es wäre mir lieb, wenn wir die Frage-und-Antwort-Phase möglichst schnell hinter uns brächten.«
Sie hatte tausend Fragen, aber sie brachte es einfach nicht fertig, ihn jetzt damit zu belasten. »Ich fürchte, ich bin nicht besonders gut darin.«
»Mag sein. Aber andererseits weiß ich, daß du hartnäckig bist. Hast du wirklich keine weiteren Fragen?«
»Nein.« Sie zog ihre Jacke enger um sich. »Es scheint kälter zu werden, findest du nicht?«
»Eigentlich nicht. Du bist nur naß geworden.«
»Nein, das ist es nicht. Es ist kälter. Oder irgendwas anderes.« Ein leiser Schauer lief ihr das Rückgrat hinunter. Instinktiv blickte sie sich um, doch außer der schwarzen, regennassen Straße war nichts zu sehen. Die Scheinwerfer eines Autos durchbrachen kurze Zeit die Dunkelheit und verschwanden dann.
»Stimmt etwas nicht, Jessie?«
»Nein. Ich habe nur einen Moment lang geglaubt, da wäre jemand.«
Hatch schaute sich um. »Ich sehe niemand. Und selbst wenn du recht hättest, wäre es kein Grund zur Sorge. Wir sind hier schließlich nicht in der Innenstadt von Seattle.«
»Du hast recht.« Sie schüttelte ihre Unruhe ab. »Was denkst du über heute nachmittag? Du hast unseren Ausflug noch nicht einmal angesprochen, seit wir zurück sind.«
»Ich weiß noch nicht recht, was ich davon halten soll. Ich möchte erst noch einen genaueren Blick auf etwas werfen, was ich aus dem Haus mitgenommen habe«, sagte Hatch. »Vielleicht muß ich es auch noch jemand anderem zeigen.«
Jessie schaute ihn überrascht an. »Was um Himmels willen hast du denn mitgenommen?«
»Ich zeige es dir, wenn wir wieder im Zimmer sind.«
»Meinst du, es besteht die Möglichkeit, daß DEL ganz in Ordnung ist?«
»Nein«, antwortete Hatch kategorisch. »Es ist von vorn bis hinten Betrug. Was wir heute gesehen haben, war eine erstklassige Vorstellung. Nichts als Show, aber extra für uns abgezogen.«
»Das hatte ich befürchtet. Weißt du, irgendwie hatte ich gehofft, es sei doch echt.«
»Jessie, bitte. Es gibt keine Patentlösung für die Umweltprobleme, die unwiderruflich auf uns zukommen. Wenn du mir nicht glaubst, kannst du ja Elizabeth oder David fragen.«
»Ich weiß es ja selbst. Es war wohl einfach Wunschdenken. Aber du mußt zugeben, daß diese Computergraphiken und Klimavorhersagen wirklich überzeugend wirken. Als du auf der Toilette warst, habe ich mit Landis gesprochen.«
»Ich wette, er hat anklingen lassen, daß eine großzügige Spende sehr willkommen wäre.«
»Nun ja. Aber
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